VerfassungsreformNur 964 zulässige Unterschriften – Weiterer Antrag auf Referendum scheitert 

Verfassungsreform / Nur 964 zulässige Unterschriften – Weiterer Antrag auf Referendum scheitert 
Verfassungsänderung im Powerpoint-Format: Chamber-Infoblatt im Oktober 2021 foto:Editpress/Hervé Montaigu

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Erneut ist eine Unterschriftensammlung gescheitert, die das Ziel hatte, ein Referendum über die Verfassungsreform zu initiieren. Bei diesem dritten Versuch der Reform-Gegner hatten nur 964 Bürger ihre Unterschrift auf die Listen gesetzt, die bei den Luxemburger Gemeinden auslagen. 24.036 zu wenig. 

Auch der dritte Referendumsantrag zur Luxemburger Verfassung ist gescheitert. Wie das Staatsministerium am Dienstagnachmittag mitteilt, wurden nur 964 gültige Unterschriften in den Luxemburger Gemeinden geleistet. Einem Antrag auf eine Volksabstimmung wird nur stattgegeben, wenn mindestens 25.000 Bürger unterzeichnen. Bei der Prozedur ging es dieses Mal um das Kapitel II der Verfassung, jenes zur Organisation des Staates, das im Januar in erster Abstimmung von der Chamber verabschiedet wurde. Ins Leben gerufen hatte die Unterschriftensammlung eine Bürgerinitiative. 

Der Antrag auf ein Verfassungsreferendum wird nach Artikel 114 der Luxemburger Verfassung geregelt. Demnach müssen spätestens zwei Monate nach der ersten Lesung durch die Chamber 25.000 Unterschriften abgegeben werden, um ein Verfassungsreferendum zu erwirken. Entsprechende Listen liegen in den
Gemeinden aus. Sollten 25.000 Unterzeichner ein Referendum fordern, muss dieses innerhalb von
sechs Monaten durchgeführt werden. Fällt ein regulärer Wahltermin in diesen Zeitraum, kann das Referendum um weitere sechs Monate hinausgeschoben werden.

Die Unterschriftenaktion hat einen langen, politischen Hintergrund. Sie richtet sich gegen die geplante Reform der Luxemburger Verfassung, die seit mehr als 20 Jahren erarbeitet wird. Eigentlich hatte es bereits vor den Wahlen 2018 einen Konsens zwischen den vier größten Parteien (CSV, LSAP, DP, Grüne) zu einem maßgeblich unter der Leitung von Alex Bodry (LSAP) und Paul-Henri Meyers (CSV) ausgearbeiteten globalen Reformvorschlag der Konstitution gegeben; ein Referendum über diesen Gesamttext war vorgesehen.

Vier Gesetzestexte, eine Reform

Nach den Wahlen zog die CSV ihre Zustimmung allerdings zurück. Um die enorme Vorarbeit aber wenigstens teilweise zu retten und um nicht weiterhin an dem Uralt-Text herumdoktern zu müssen, wurde in der Institutionen-Kommission unter der Leitung von Mars Di Bartolomeo ein neuer Konsens über zu reformierende Teile gesucht und gefunden. Mehrheitsparteien und CSV waren sich so über vier Reformkapitel einig geworden. Der Gesetzestext 7575 behandelt das Kapitel zur Justiz und wurde im Oktober in erster Lesung von der Chamber verabschiedet. Nummer 7700 enthält unter anderem die Kapitel zur Staatsform, zur Monarchie, den religiösen Gemeinschaften und war im Januar in der Chamber. Text 7755 über die Rechte und Freiheiten wurde im März verabschiedet, eine Abstimmung über das Gesetzesvorhaben mit der Nummer 7777, das die Kapitel zum Luxemburger Parlament und Staatsrat enthält, steht noch aus. Geplant ist, dass alle Texte bis September dieses Jahres – in erster Lesung – verabschiedet sind. Die zweite Lesung soll spätestens Ende des Jahres bis Anfang 2023 erfolgen – damit 2023 die neue Verfassung dann in Kraft treten kann.

Wie Mars Di Bartolomeo im Herbst erklärte, hatte die Aufsplitterung der Reform auch bedeutet, dass ein Referendum kaum mehr durchführbar sei, da die Fragestellung kompliziert würde. Allerdings: Wenn 16 Chamber-Abgeordnete ein Referendum schriftlich fordern, kann dennoch eine Volksbefragung abgehalten werden. Die CSV stimmte zwar für alle Verfassungsänderung. Mit der Aussage, als Parlamentarier dennoch ein Referendum zu beantragen, falls „ein großer Wille“ in der Bevölkerung dazu bestehe, überraschte der damalige CSV-Präsident Claude Wiseler dann aber seine Parlamentskollegen im Anschluss an die erste Debatte. 

Messen wollte die CSV diesen Willen an der Zahl der Unterschriften, die einer bereits laufenden Petition für ein Verfassungsreferendum eingereicht wurden. Der von den Christsozialen angegebene Schwellenwert – 25.000 Unterschriften – wurde bei dieser Petition aber nicht erreicht. Bis zum Ende der Frist im November konnten nur 18.579 Unterschriften gezählt werden. Die CSV legte ihre Initiative daher auf Eis. 

Bürger starten Initiative für Referendum

Das hinderte eine Bürgerinitiative aber nicht daran, selbst eine Unterschriftenaktion für ein Verfassungsreferendum zum Kapitel über die Justiz einzureichen. Fünf Bürger stellten einen entsprechenden Antrag beim Staatsministerium. Am 27. Oktober gab Premierminister Xavier Bettel dem Antrag statt. Bei dem Verfahren müssen Bürger persönlich auf den Gemeindeverwaltungen erscheinen und eine Unterschrift leisten. Machen das 25.000 Menschen oder mehr, muss über die Verfassungsänderung tatsächlich eine Volksabstimmung abgehalten werden. Beim ersten Antrag im Herbst des vergangenen Jahres unterzeichneten jedoch nur 7.397 Menschen. Im Februar kam es dann zu einer zweiten Unterschriftenaktion, zum zweiten Teil der Verfassungsreform, die Ende Januar im Parlament in erster Lesung verabschiedet war.  Dafür unterzeichneten nur 1.655 Bürger. Den dritten Referendumsantrag, der jetzt gescheitert ist, reichte die Bürgerinitiative im März ein – kurz nachdem die Chamber über jenen Teil in erster Lesung entschieden hatte.

Der LSAP-Politiker Mars Di Bartolomeo äußert im Tageblatt-Gespräch im vergangenen November den Wunsch, dass die Wähler ihren Volksvertretern vertrauen. Wenn das nicht der Fall sein sollte und es tatsächlich zu einem Referendum kommen sollte, sei es Di Bartolomeos „sehnlichster Wunsch“, dass die Wähler „ganz objektiv“ an das Thema der Verfassungsreform herantreten. Dabei gehe es um nicht weniger als die „Grundwerte, auf die die Gesellschaft aufbaut“.

ADR-Aktion für ein Verfassungsreferendum im Oktober 2021
ADR-Aktion für ein Verfassungsreferendum im Oktober 2021 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Es werde „nicht über ein Produkt aus einer Hexenküche abgestimmt“, sagte Di Bartolomeo im November. Es sei 20 Jahre lang an der Reform gearbeitet worden und die Arbeit daran sei sehr ernst genommen worden. „Wenn dagegen gestimmt wird, dann ist der Teil ‚futsch‘“, sagt Di Bartolomeo. Es sei das gute Recht eines jeden Bürgers, ein Referendum zu beantragen. Aber eines bereite ihm Sorgen: „Womit ich Probleme habe, ist, wenn in eine Verfassung, die Menschen zusammenbringen soll, alle möglichen Dinge reininterpretiert werden, die überhaupt nicht drinstehen.“

In diesem Kontext nannte der Politiker die Reaktion verschiedener Impfgegner oder der Glaube, dass der Staat sich so in Familienangelegenheiten einmischen wolle. Die Annahme, die Regierung wolle über die Verfassungsrevision hinterrücks das Ausländerwahlrecht einführen oder sogar den Großherzog entmachten, kommentiert Di Bartolomeo mit einem vehementen „absoluter Quatsch“.

Grober J-P.
27. Mai 2022 - 22.19

@Myriam / Vergesse so manches in letzter Zeit, halt dem Alter geschuldet, Mutti meinte ihr Gedächtnis wäre viel besser als meins. Die "sozialen" Ergüsse von Mars habe ich im Pausenhof miterleben dürfen, war damals Fan. Seit er dann 2004 dem Gesundheitswesen zugeteilt wurde, bin ich leider von ihm abgefallen, er möge mir verzeihen.

Myriam
27. Mai 2022 - 11.29

@Grober J-P. 'Hat der Mars nach dem LGE Jura studiert, habe das nicht mitbekommen.' Minister brauchen weder gewählt zu werden noch Lesen und Schreiben zu beherrschen. Das hatten wir doch schon mehrere Male mit Ihnen durchgesprochen. Schon wieder vergessen?

Tarchamps
26. Mai 2022 - 18.13

@Johnny "Schein dass eis Medien net mol mei driwwer berichten an dLeit opfuerderen ennerschreiwen ze goen…" Firwat soll iergendeng Press en ADR Projet ënnerstëtzen?

Grober J-P.
25. Mai 2022 - 23.54

"unter der Leitung von Mars Di Bartolomeo ein neuer Konsens über zu reformierende Teile gesucht und gefunden. " Hat der Mars nach dem LGE Jura studiert, habe das nicht mitbekommen. Wir hatten nur droit civil und commercial auf der letzten Klasse. Wurde wenigstens unser Gaston National befragt?

Johnny
25. Mai 2022 - 11.17

Schein dass eis Medien net mol mei driwwer berichten an dLeit opfuerderen ennerschreiwen ze goen... Op dat domat zesummenhänkt dass dMedien awer net sou onofhängeg sinn?

Grober J-P.
25. Mai 2022 - 10.01

"IESERBRÉIWER - LIESERBRÉIF VUM JEAN-MARIE BAULER AN THIERRY HIRSCH Politiker an Experten." Bin über diesen Artikel bei RTL gestolpert. Wenn das so ist was die beiden so berichten, möchte ich ihnen sagen, dass sie teil der Verfassungsmisere sind. Liebe "Experten" des Rechts warum bringt ihr euch nicht früher ein? Waret ihr zu feige dazu? Warum jetzt erst, wenn das Kind im Brunnen liegt?

Fernand Goergen
25. Mai 2022 - 3.28

Ein weiteres Versagen der Bürgerinitiative und den populistischen kleinen Protestparteien. Außer Spesen und Samstagsarbeit in den Gemeinden, nichts gewesen.