FR.A.RT (47)Nora Juhasz, 1974, Verlorenkost

FR.A.RT (47) / Nora Juhasz, 1974, Verlorenkost
 Foto: Anouk Flesch

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Nora Juhasz ist eine zeitgenössische Malerin. Die promovierte Apothekerin stammt aus Ungarn und lebt seit sieben Jahren mit ihrer Familie in Luxemburg. Davor hat sie in Monaco gelebt. Dort studierte sie Kunst und war die Assistentin des klassischen Porträtmalers Gérard Darot in Menton. Von ihm hat sie die verschiedenen Maltechniken erlernt. In ihrem Atelier der AAPL („Association des artistes plasticiens du Luxembourg“) schafft sie zeitgenössische, minimalistische Ölmalereien, für die sie sich von Fotografien oder interessanten Gesichtern inspirieren lässt. Auf Bestellung malt Juhasz auch klassische Porträts. In den kommenden Monaten werden ihre Werke beim „Salon d’Esch“ und in der „Fondation Valentiny“ zu sehen sein.

Tageblatt: Beschreiben Sie sich in drei Wörtern.

Nora Juhasz: Neugierig, beobachtend und perfektionistisch.

Worum geht es in Ihrem Werken?

Es geht nie nur um die ästhetische Wirkung der Leinwand, sondern um das Warum des Inhalts. In meinen Werken behandle ich immer aktuelle Gesellschaftsprobleme und ihre psychologischen Aspekte. Momentan geht es um die Effekte der Pandemie: die Isolation und die zwischenmenschliche Distanz, die sie erzeugt, sowie die zunehmenden Missbräuche, die allerdings unsichtbar bleiben. Es geht auch um den Narzissmus, ein Thema, dessen Wichtigkeit während der Pandemie noch wuchs. Narzissmus hinterlässt nur wenige Spuren, und doch ist er omnipräsent, genau wie seine Opfer.

Was ist die Verbindung zwischen dem Inhalt und der Form Ihrer Werke?

Wenn ich meine Werke in einem Wort beschreiben müsste, wäre das die Stille. Deshalb nutze ich Pastellfarben, denn sie sind still. Stille erlaubt einem, sich Sachen anzunähern und zu versuchen, sie zu verstehen. Sie springen einem nicht gleich ins Gesicht, sondern verlangen, dass man sich mit ihnen auseinandersetzt. Insgesamt arbeite ich sehr minimalistisch, aber mit maximalen Details. Es sind keine großen Gesten, sondern ich fokussiere mich auf das Wesentliche. Insofern beeinflussen mich auch die Wissenschaft und der medizinische, sterile Stil.

Mit welchem/welcher Künstler*in würden Sie gerne einmal zusammenarbeiten?

Mein Lieblingskünstler ist David Hockney. Er hat Menschen gegenüber eine große Toleranz und ich bewundere seine optimistische Weltanschauung.

Welcher Teil des Kunstschaffens gefällt Ihnen am wenigsten?

Den Druck, den man verspüren kann, aktuellen Kunsttrends nachzugehen, nur um seine Werke verkaufen zu können. Dann ist man nicht man selbst. Ich verstehe aber, dass manche das tun, weil sie von der Kunst leben wollen.

Wie erfahren Sie die Kunstszene als Frau?

Bisher habe ich keine Unterschiede wegen meines Geschlechts bemerkt. Mir fällt auf, dass es für junge Künstler*innen mehr Möglichkeiten gibt und auch Galerien eher an ihnen interessiert sind. Natürlich sollten die Jungen unterstützt werden, damit sie davon leben können. Ab 35 Jahren wird es schwieriger.

Wie nehmen Sie die luxemburgische Kunstszene wahr?

Ich war sehr positiv überrascht davon, wie gut ich hier aufgenommen wurde, obwohl ich kaum Luxemburgisch spreche. Hier interessieren sich die Menschen zudem viel mehr für zeitgenössische Kunst als an der Côte d’Azur. Dort hat man als Künstler*in zwar mehr Ausstellungsmöglichkeiten, allerdings zögern die Leute sehr, zeitgenössische Werke zu kaufen. Hier fehlt es mir jedoch an Wettbewerben, die für alle Künstler*innen statt nur für geschlossene Kreise zugänglich sind. Die Teilnahme an Wettbewerben ist notwendig, um Sichtbarkeit zu erlangen. Deswegen war ich froh, beim Salon du CAL dabei zu sein.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Bis dahin will ich vollständig von meiner Kunst leben können, ohne vom Einkommen meines Mannes abhängig zu sein.

Was würden Sie heute machen, wenn Sie nicht Künstlerin geworden wären?

Ich war zufrieden als Apothekerin. Aber das Malen ist meine große Liebe. Wenn ich alleine in meinem Studio bin und malen kann, bin ich glücklich.

Welche luxemburgische Künstlerin empfehlen Sie?

Ich mag Chantal Maquet.

@FR_A_RT

Frauen sind in der Kunstwelt nach wie vor unterrepräsentiert. Um dem entgegenzuwirken, stellt die FR_A_RT-Porträtserie Künstlerinnen vor, die eine Verbindung zu Luxemburg haben. Jedes Porträt besteht aus einem Interview und Fotos. Das Projekt schließt diverse visuelle Kunstgenres sowie etablierte Künstlerinnen und Newcomerinnen ein.