DeutschlandNeues „Zerstörungs“-Video des YouTubers: Rezo will nicht, dass Armin Laschet die Wahl gewinnt

Deutschland / Neues „Zerstörungs“-Video des YouTubers: Rezo will nicht, dass Armin Laschet die Wahl gewinnt
Junger Mann mit Millionenpublikum: Die Union darf schon mal zittern, Rezo hat bereits ein nächstes Video angekündigt Foto: Screenshot/YouTube

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Der junge Mann mit dem blauen Hahnenkamm auf dem Kopf hat wieder zugeschlagen: Mitten im Bundestagswahlkampf greift der YouTuber, der sich Rezo nennt, die Unionsparteien an. Fünf Wochen sind es noch bis zur Bundestagswahl und eines ist klar: Rezo will verhindern, dass die Union die Wahl gewinnt und Armin Laschet Bundeskanzler wird.

Man weiß nicht, wie Rezo mit bürgerlichem Namen heißt und nicht einmal, wie alt er genau ist: Im Netz werden unterschiedliche Geburtsdaten genannt. Immerhin, er gibt seinen Geburtsort mit Wuppertal an. 2015 hat er seinen YouTube-Kanal gegründet, 250.000 Menschen schauen sich dort regelmäßig an, was Rezo so denkt und wie er die Welt sieht. Er richtet sich an junge Menschen, webt in seine Sätze ständig Worte wie „krass“ oder „nice“. Der wahrscheinlich 30-Jährige will erkennbar die Sprache der Jugend sprechen, der er aber nicht mehr angehört. 2019 erreichte er erstmals eine ganz breite Öffentlichkeit mit seinem Video „Zerstörung der CDU“, auf das die Partei nur peinliche Antworten fand. Auch sein neues Video mit dem Titel „Zerstörung Teil 1: Inkompetenz“, das er am Samstag online gestellt hat, wurde bis Sonntagmittag schon über 825.000 Mal abgerufen.

Auch dieses Video hat das Zeug, der Union empfindlich wehzutun und schwankende Jung-Wähler davon abzubringen, am 26. September CDU oder CSU zu wählen. Rezo sagt, er habe sich alle Parteien angeschaut, doch die Beweise für Inkompetenz oder Unehrlichkeit bei der Union seien so erheblich zahlreicher gewesen, dass seine Fundamentalkritik nun mal vor allem auf die Union gerichtet ist.

28 Minuten Attacke mit viel Wucht

Das Video enthält vieles, das längst bekannt ist, doch auf 28 Minuten verdichtet bekommt die Attacke Wucht. CDU-Chef Armin Laschet habe bei einem Auftritt in den Hochwassergebieten, als er lachend und feixend hinter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu sehen war, sein wahres Gesicht gezeigt. Das Verhalten des CDU-Kanzlerkandidaten angesichts der Not der Menschen nennt Rezo schlicht „inakzeptabel“. Wenn sich jemand wie Laschet vor den Kameras anders zeige als hinter ihnen, werde das „krass unauthentisch“.

Im TV-Sommerinterview habe Laschet behauptet, die CDU plane keine Steuerentlastungen – und wenn doch, dann nur für kleinere und mittlere Einkommen. Tatsächlich aber stehe im CDU/CSU-Wahlprogramm, dass die Union die Unternehmenssteuern deutlich senken will. Laschet kenne also entweder sein eigenes Programm nicht oder er lüge, behauptet Rezo. Laschet dürfte in der konkreten Interviewsituation zwar nur an Entlastungen der Bürger gedacht haben, nach Unternehmen war er ja nicht explizit gefragt worden. Gleichwohl – Rezo hat hier einen Punkt gemacht.

Ebenso habe Laschet in einem weiteren Interview behauptet, die gesamte Kohle-Kommission habe sich Anfang 2019 auf den Kohleausstieg bis 2038 geeinigt. Das, so Rezo, sei so nicht der Fall gewesen, denn Umweltverbände wie Greenpeace oder der BUND seien für einen früheren Ausstieg gewesen. Dieser Punkt geht allerdings nicht an Rezo: Die Kommission hatte am Ende durchaus eine einvernehmliche Empfehlung abgegeben, die Umweltverbände hatten sich in der Kommission nur nicht durchgesetzt.

Nächste Folge bereits angekündigt

Kein gutes Haar lässt Rezo auch an CDU-Agrarministerin Julia Klöckner und CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer. Dieser habe 500 bis 800 Millionen Euro Steuergeld vergeudet, indem er Verträge mit Unternehmen zur Einführung der Pkw-Maut unterschrieben hatte, ohne das Urteil des EuGH abzuwarten, dessen negatives Ergebnis abzusehen war. Hinterher habe „der Andi“ Beweismittel von seinen „drei Handys“ gelöscht – für Rezo ein klares Indiz der absichtlichen Täuschung.

Und Klöckner habe behauptet, sie habe den Tierschutz verbessert, dabei habe sie eine Situation in den Ställen herbeigeführt, die heute schlimmer sei als in den 90er Jahren, sagt Rezo. Er zeigt auch noch einmal das unsägliche Werbe-Video Klöckners mit dem Nestlé-Chef, als sie behauptete, der Lebensmittelkonzern verwende heute zehn Prozent weniger Zucker. Nicht nur war dieser Auftritt an sich völlig unmöglich, sondern auch Klöckners Botschaft: Nestlé verwende sogar mehr Zucker als zuvor, behauptet Rezo.

Viel alter Wein in neuen Schläuchen, aber anschaulich und jugendgerecht aufbereitet. Alles fundiert, beteuert Rezo, eine Quellenliste und Fußnoten hat er mitgeliefert. Eine weitere Video-Folge hat er schon angekündigt. Die Union darf also noch mal zittern – vermutlich kurz vor der Wahl.

CDU und SPD gleichauf – Analyse vor der heißen Wahlkampfphase

Es war Markus Söder, der beim Auftakt der heißen Wahlkampfphase zwei Kernbotschaften der Union für die nächsten Wochen formulierte.  Er habe „keinen Bock auf Opposition“, rief der CSU-Vorsitzende in die Berliner Tempodrom-Halle. Und fügte hinzu: Es brauche jetzt „die zweite Luft“. Es sei wie bei einem Fußballspiel, die  Union sei nicht die Mannschaft, die bei einem Ausgleichstor aufhören würde, zu kämpfen.
Der Vergleich passt insofern gut, als im aktuellen Sonntagstrend des Meinungsforschungsinstituts Insa Union und SPD erstmals seit April 2017 wieder in der Wählergunst gleichauf liegen – beide kommen auf 22 Prozent. Dies ist zugleich der niedrigste Wert, der von Insa jemals für die Union gemessen wurde.
Nun sind Meinungsumfragen volatil und Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat, mit starken Nerven behaftet, schon des Öfteren gezeigt, dass er auf den letzten Metern kämpfen und am Ende einen knappen Vorsprung über die Ziellinie bringen kann. Dennoch: Die Union hat ein Riesenproblem. Aus der erwarteten Auseinandersetzung mit den Grünen ist ein Duell mit einem Gegner geworden, den man bis vor kurzem nicht auf der (Wahlkampf)-Agenda hatte. Vizekanzler, Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz schickt sich an, an der Union vorbeizuziehen. Die persönlich guten Umfragewerte haben nun auch die SPD erreicht und bringen die Partei aktuell auf über zwanzig Prozent – während die Union historischen Tiefstständen entgegenstrebt.
Dabei versucht Scholz, die Union gewissermaßen mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Scholz steht in diesem Wahlkampf für eine Rolle, die in den vergangenen Auseinandersetzungen stets Angela Merkel einnahm – ein Versprechen der soliden Führung, der Verlässlichkeit in der Regierung. Nicht mehr – aber eben auch nicht weniger. Scholz ist, als einziges Mitglied der Bundesregierung, so etwas wie der Nachfolger Merkels in diesem Versprechen geworden. Seine Raute, das Markenzeichen Merkels, auf dem Titelbild eines Magazins war lachend-ironisch gemeint. Und hat doch einen wahren Kern. Für die Union muss es in den nächsten Wochen vor allem darum gehen, die Diskrepanz zwischen Scholz und seiner Partei aufzuzeigen.
Die Grünen müssen kämpfen. Denn Scholz hat grundsätzlich große Lust am Regieren – sollte die SPD auf dem zweiten Platz hinter der Union liegen und Scholz kein eigenes Bündnis auf die Beine stellen können, wird er sich eine andere Option sehr genau überlegen: ein Bündnis mit Union und FDP nämlich. Es wäre schwierig, seine Partei davon zu überzeugen, unmöglich ist es nicht. Und für die Grünen bliebe erneut nur der Platz auf der Oppositionsbank.
(Von unserer Korrespondentin Kerstin Münstermann, Berlin)

Realist
23. August 2021 - 20.51

Zugeheb, besonders viel spricht nicht für Armin Laschet. Aber dass jemand wie "Rezo" ihn partout nicht als Kanzler sehen will, wäre für sich allein schon ein Grund, dennoch für ihn zu stimmen.