Luxemburg Neues Abfallgesetz: Es fehlt an Informationen zur Müllvermeidung

Luxemburg  / Neues Abfallgesetz: Es fehlt an Informationen zur Müllvermeidung
Eindruck der Sperrmüllsammlung vergangene Woche in Esch Foto: Editpress/Alain Rischard

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Fragen nach Abfallvermeidung und Wiederverwertung von Müll werden nicht nur in Luxemburg immer dringender. Bei uns aber besonders, da ein neues Abfallgesetz dieses Jahr eine neue Ära einläuten wird. Diese wird Gemeinden, Hersteller und vor allem Bürger vor große Herausforderungen stellen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Bürger im Bilde sind. Allerdings hapert es hierbei. Es fehlt bisher an präzisen „Gewusst wie“-Instrumenten und an einem einheitlichen nationalen Gesetz.

Die Menschheit produziert Abfall. Zu viel, sagen einige. Ob aber nun wir bis zu den Knien im Dreck stehen oder der Müll uns bis zum Hals, ist eigentlich egal. Klar ist, dass mit steigender Weltbevölkerung die Müllberge so schnell nicht wesentlich kleiner werden.

Verständlich deshalb, dass sich Gedanken gemacht werden, um das Problem in den Griff zu bekommen. Zwei Stichwörter werden in dem Kontext immer öfter genannt. Nämlich erstens Müllvermeidung und zweitens Ressourcen nutzen, also eine bessere Wiederverwertung des Mülls. Dieses Prinzip wird immer mehr zum Fundament einer Abfallpolitik, die sich nachhaltig nennt. Um diesem Prinzip gerecht zu werden, bedarf es informierter Bürger.  

Wichtige Mülltrennung

Um Abfall aber konstruktiv weiterverwerten zu können, spielt die Mülltrennung eine zentrale Rolle. Die Entwicklung in dem Bereich ist enorm. Die Trennung und Zuordnung des Abfalls wird immer feingliedriger und vielseitiger, aber auch komplizierter. Eigentlich ist die Sache einleuchtend. Denn je homogener die Abfallart ist, desto einfacher und störungsfrei kann das Material einem neuen Leben zugeführt werden.

Je aufwendiger Sammeln und Trennen aber ist und wird, umso mehr kommt es auf die Teilnahme, also auf die Mitarbeit der Bürger an. Die muss man mit im Boot haben. Viele sind auch guten Willens. Wohl kann das Bewusstsein über die Möglichkeiten der Wiederverwertung stärker in den Köpfen der Menschen verankert werden. Vor allem aber geht es um banale Hilfe beim Trennen. Die Frage, was in welcher Form wohin gehört beschäftigt all jene, die sich in großer Zahl in den Recyclingparks einfinden.

Ein Trost, wenn auch ein schwacher, weil nicht hilfreich, ist, dass selbst die Abfall-Profis das eine oder andere Mal keine Antwort auf einfach scheinende Fragen haben oder sich schwer damit tun, komplexe Trennmethoden einfach zu erklären.

Die ganze Problematik hat sich auch vergangene Woche bei der Sperrmüllsammlung in Esch wieder gezeigt. Was ist denn nun genau Sperrmüll, wollte Frau W. wissen. Es war schwierig, verlässliche Informationen zu bekommen, auch telefonisch hat das, sagen wir mal, suboptimal geklappt. Auch Internetseiten oder Infoblätter mit Piktogrammen beantworten nicht alle Fragen, sie werfen sogar noch weitere auf.

Dabei ist Mülltrennung nicht unbedingt wirklich schwer. Voraussetzung ist aber stets das berühmte „Gewusst wie“. Wenn’s daran mangelt, passieren Fehler. Frustrierend für Bürger, die sich eigentlich Mühe geben. Nervend auch, weil wie beim Sperrmüll dann das eine oder andere nicht von den Gemeindearbeitern abgeholt wird, oder weil man im Recyclinghof Zeit verliert, da man zum Beispiel zu Hause alle Plastikfolien in einen Sack gesteckt hat, sie aber vor Ort dann in verschiedene Kategorien von Hand, also zeitintensiv, aufteilen muss.

Besser erklären

Die Frage, warum im Recyclingzentrum strenger getrennt werden muss, als einige das zu Hause tun, beantwortet Jeannot Behm, Chef des Escher Umweltamtes: „Es liegt auch daran, dass das Syndikat Sivec Abkommen mit anderen Firmen hat, teils im Ausland, wenn es um Weiterverwertung geht, und die verlangen nach genauerer Aufteilung der Materialien.“

Damit ist man bei der Kernfrage. Wie können Bürgerinnen und Bürger bester Gesinnung mithelfen? Oder: Wie kann man die ganzen Prozeduren besser, einfacher erklären?

Im Rahmen der „Grouss Botz“ in Esch habe es zwei Videokonferenzen zum Thema Mülltrennung und Müllvermeidung gegeben, so Jeannot Behm. Jeweils 30 bis 40 Leute hätten daran teilgenommen. Löblich, aber nicht ausreichend.

Jeannot Behm weist zudem auf Infoblätter hin, die beispielsweise erklären würden, was in die Restmülltonne gehört und was nicht. Gleiches gilt für die blaue Tonne, also Papier, oder die braune, wo das Glas hingehört, aber beispielsweise nicht der Korken der Weinflasche. Der kann in die Biotonne, außer er ist aus Kunststoff, was einem nicht immer sofort auffällt. Dann gehört er zum Restmüll.

Wenn man das Prinzip einer möglichst homogenen Trennung des Mülls ernst nimmt, um eine möglichst saubere Wiederverwendung zu ermöglichen, muss man sich darüber im Klaren sein, was geschieht, wenn man falsch trennt. Wissen kann man das nicht, man muss sich informieren wollen und Informationen finden können.

Auf dem Punkt könnte die Escher Gemeinde, aber nicht nur sie, aktiver unterwegs sein. Immer vorausgesetzt, dass sie die Bürger als natürliche Verbündetet ansehen. In dem Kontext gibt Tom Arend, Verantwortlicher des Escher Hygienedienstes zu, dass die Bürgerinformation besser sein könnte.

Es wird nicht einfacher

Fassen wir also zusammen. Das Angebot der Stadt Esch, was Mülltrennen und Müllsammeln anbelangt, ist nicht schlecht. Es ist vor allem günstig. Man zahlt nur die schwarze Tonne, also den normalen Haushalts- oder Restmüll. Der blaue Sack sowie die Entsorgung von Papier, Bioabfall, Glas oder Sperrmüll zum Beispiel sind für den Bürger kostenlos. Trotzdem ist es nötig, sich die Möglichkeiten zu geben, schneller, umfangreicher und vor allem zielorientierter zu informieren.

Ein Faltblatt oder ein Abfallkalender mit ein paar Zeichnungen reichen definitiv nicht mehr aus, um vollumfänglich und bürgernah zu informieren. Ein interaktives Instrument ist nötig. Eine Art Abfall-App, die, so Tom Arend, auch in Planung sei.

Alle Bemühungen müssen im Hinblick auf eine Politik gesehen werden, die unter dem Namen „Null Offall“ die Müllvermeidung und -sammlung sowie die Wiederverwertung im Land stärker fördern will. Per Gesetz.

Bereits dieses Jahr soll mit einem neuen allgemeinen Abfallgesetz eine neue Ära eingeläutet werden. Dazu gehört ein Gesetz speziell zum Plastikabfall sowie zur generellen Reduzierung von Verpackungsmüll. Hersteller und Verbraucher, aber auch Gemeinden wie Esch werden vor neue Herausforderungen gestellt. Und es sieht nicht danach aus, als würde alles einfacher werden.

Mehr in die blaue Tüte

„Valorlux“ ist ein Partner in Sachen Mülltrennung und Wiederverwertung in Luxemburg. Die blau-grüne Tüte hilft, Abfall zu trennen und gezielt einer neuen Bestimmung zuzuführen. In Esch, Düdelingen, Petingen zum Beispiel gilt das Basisprinzip. Dort kann man Plastikflaschen und -flakons, Metallverpackungen (auch Teelichter oder Bierkronenkorken) und Getränkekartons in die blaue Tüte stecken. Unter anderem in Differdingen oder Mondorf kann man aber auch noch Plastikfolien und -tüten sowie Plastiktöpfe, -becher und -schalen in den blauen Sack stecken. Unseren Informationen zufolge denken die Valorlux-Verantwortlichen darüber nach, demnächst auch die Stadt Esch und andere in das erweiterte Programm aufzunehmen: à suivre! Mehr Informationen unter valorlux.lu.

Corona und Sperrmüll

Die Auswirkungen der Pandemie zeigen sich auch in Bezug auf die Quantitäten, die bei den Sperrmüllsammlungen in Esch zusammenkamen. Vor Corona waren es im Januar 2000 rund 65 Tonnen, Anfang März 63 Tonnen. Im Mai vergangenen Jahr, mitten im Lockdown, wuchs die Zahl dann auf 160 Tonnen, und selbst im Ferienmonat Juli waren es 100 Tonnen. Genauso viele sind es auch im März dieses Jahres gewesen. Beim ersten Teil der Mai-Sammlung waren es 39 Tonnen. Am 19. Mai folgt der zweite Teil.