Analyse zur Fußball-NationalmannschaftNeue Variabilität, alte Schwächen

Analyse zur Fußball-Nationalmannschaft / Neue Variabilität, alte Schwächen
Ein Mann für die Dreierkette: der kompromisslose Dirk Carlson (am Boden) Foto: Editpress/Jeff Lahr

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Die Fußball-Nationalmannschaft hat die Testspiele gegen Norwegen und Schottland beide mit 0:1 verloren. Interessante Erkenntnisse gab es jedoch einige. Eine Analyse.

Entdecke die Möglichkeiten

Die größte Erkenntnis der beiden Länderspiele gegen Norwegen und Schottland ist, dass Luxemburg ohne größere Probleme in der Lage war, vom gewohnten 4-3-3-System auf ein 3-5-2(oder 5-3-2)-Schema zu wechseln. Dies gibt Nationaltrainer Luc Holtz in Zukunft mehr taktische Möglichkeiten. Es war aber nicht das erste Mal, dass dieses System angewandt wurde. Und die Erkenntnis, dass es einige Akteure im Aufgebot gibt, die geradezu für diese Taktik geschaffen sind, ist auch nicht neu. Da wären zum Beispiel die beiden Außenverteidiger Dirk Carlson und Marvin Martins. Vor allem Erstgenannter fühlt sich in einer Dreier-Innenverteidigung sehr wohl. Martins ist aufgrund seiner physischen Voraussetzungen auch in der Lage, nach innen zu rücken. Da Holtz auf den Außenbahnen zudem mit Laurent Jans und Mica Pinto über zwei Laufwunder verfügt, die ihre Ausflüge nach vorne genießen, ist dieses System geradezu maßgeschneidert für die FLF-Auswahl. Voraussetzung ist aber ein starkes Dreier-Mittelfeld. Und auch hier stimmen die Vorgaben. Kilometerfresser Leandro Barreiro ist bei Mainz 05 ein 3-5-2 gewohnt. Christopher Martins gehört zu den anpassungsfähigsten Spielern im FLF-Kader. Und die beiden Thill-Brüder Olivier und Vincent könnten – je nach Aufstellung – als Zehner agieren. Es ist davon auszugehen, dass Holtz sein sehr schnell liebgewonnenes System in der zweiten Phase der WM-Qualifikation im Herbst einsetzen wird.

Naiv bei Gegentoren

Es ist nicht das erste Mal, dass Luxemburg nach scheinbar harmlosen Situationen ein Tor kassiert. Gegen Norwegen und Schottland wurde die Entscheidung abermals durch naives Verhalten im eigenen Ballbesitz herbeigeführt. Die Skandinavier erzielten das 1:0 in der Nachspielzeit, nachdem ein Freistoß zu einem Ballverlust geführt hatte. Schottland luchste der FLF-Formation den Ball nach einem Einwurf ab. Zwei Szenen, die zeigen, dass in puncto Konzentration noch etwas Arbeit auf die Mannschaft von Luc Holtz zukommt.

Rotsucht

Luxemburg hat ein Problem. In den vergangenen zwei Jahren musste die FLF-Auswahl fast die Hälfte der Partien in Unterzahl beenden. In 13 Spielen in 2020 und 2021 kassierte die Elf von Luc Holtz sage und schreibe sechs Rote Karten. Vahid Selimovic, der am Sonntag gegen Schottland vom Platz gestellt wurde, erlebte dieses Szenario gleich zweimal. Und zweimal packte er eine Notbremse aus. Bei seinem ersten Platzverweis kippte die Nations-League-Partie gegen Zypern (2020) und Luxemburg verspielte den Gruppensieg. Maxime Chanot holte sich in der 86. Minute gegen Portugal die Ampelkarte ab und fehlte im ersten September-Quali-Spiel gegen Aserbaidschan. Weniger dramatisch sind die Roten Karten für Aldin Skenderovic (gegen Katar), Christopher Martins (86. Minute gegen Montenegro) und Olivier Thill (93. Minute gegen Montenegro). Torwart Anthony Moris fand nach dem Schottland-Spiel eine Erklärung für die Aneinanderreihung von Platzverweisen: „Unser Spiel ist mit sehr viel Risiko verbunden und deshalb kommt es manchmal zu solchen Aktionen. Wir müssen das aber in den Griff bekommen.“ Damit die FLF-Auswahl den nächsten Schritt machen kann, müssen Holtz und die Spieler dieses Problem unter Kontrolle bekommen.

Die Ersatz-Achsen

Gegen Norwegen und Schottland musste Holtz fast auf die komplette zentrale Achse des luxemburgischen Spiels verzichten. Die beiden erfahrenen Innenverteidiger Lars Gerson (verletzt) und Maxime Chanot (nicht angereist) fehlten genauso wie das starke Mittelfeld-Duo bestehend aus Christopher Martins (verletzte sich gegen Norwegen früh) und Leandro Barreiro (wurde geschont). In beiden Partien erfüllten die „Ersatzspieler“ ihre Aufgaben teilweise mit Bravour und Luxemburg war auf Augenhöhe mit den talentierten Norwegern und EM-Teilnehmer Schottland. Die Klasse der vier genannten Führungsspieler kann aber weiterhin nicht so einfach kompensiert werden – vor allem in brenzligen Momenten und wenn der Gegner das Tempo verschärft.

So geht es weiter

Im Herbst steht der finale Teil der WM-Qualifikation an. Zum Auftakt trifft Luxemburg zu Hause auf Aserbaidschan (1.9.) – dann wohl im neuen Stadion. Es folgen die Partien gegen Serbien (4.9.) und das Freundschaftsspiel gegen Katar (7.9.). In der Gruppe A geht es gegen Aserbaidschan darum, den dritten Gruppenplatz zu festigen und den zweiten Sieg im dritten Spiel einzufahren. Tritt Luxemburg gegen Serbien in Bestbesetzung und Topform auf, sind auch gegen diesen Gegner ein bis drei Punkte drin.

Ein Zupfer zu viel: Vahid Selimovic (hinten)
Ein Zupfer zu viel: Vahid Selimovic (hinten) Foto: Editpress/Gerry Schmit