Neue Lobbyismus-Regelung soll mehr Licht auf Brüsseler Hinterzimmer werfen

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In geheimer Abstimmung zu mehr Transparenz bei EU-Gesetzen: Dieses Kunststück hat das Europaparlament in Brüssel hingelegt und für einen „legislativen Fußabdruck“ gestimmt.

Von Eric Bonse, Brüssel

Künftig sollen wichtige EU-Abgeordnete – etwa Berichterstatter der Parlamentsausschüsse oder Gruppenvorsitzende – offenlegen, mit welchen Lobbyisten sie sich getroffen haben. Damit soll die Transparenz bei der Gesetzgebung verbessert werden.

Die Entscheidung fiel mit 380 zu 224 Stimmen. Auf Antrag der konservativen EVP-Fraktion war die Abstimmung geheim. Dies ist ein ungewöhnliches Verfahren. Nach Angaben des Grünen-Abgeordneten Sven Giegold war es die erste geheime Abstimmung im Europaparlament über eine Sachfrage seit vielen Jahren. In Brüssel sind nach Schätzungen zwischen 15.000 und 25.000 Lobbyisten aktiv, genaue Zahlen gibt es nicht. Bei umstrittenen Themen wie dem Datenschutz, dem Copyright im Internet oder auch verschärften CO2-Grenzwerten für Neuwagen werden die Europaabgeordneten regelrecht von Lobbyisten belagert. Auch in der normalen Gesetzgebung spielen Interessenvertreter oft eine zentrale Rolle. Dennoch war bisher nicht zu erkennen, welche Lobbyisten Einfluss genommen haben. Viele Treffen finden immer noch in Brüsseler Hinterzimmern statt.

Treffen mit Lobbyisten offenlegen

Das soll sich mit der neuen Geschäftsordnung ändern. Die Kontakte sollen künftig in einem öffentlich zugänglichen Transparenzregister verzeichnet werden. Doch das passt nicht allen Abgeordneten. Durch die Neuregelung müsse er sich von seinen Gesprächspartnern „schriftlich bestätigen lassen, dass sie nicht als Unternehmensvertreter unterwegs und außerdem im Brüsseler Transparenzregister erfasst sind“, klagte der EVP-Abgeordnete Daniel Caspary.

Doch die Anhänger der Reform – neben den Grünen stimmten auch Sozialdemokraten und Linke dafür – weisen das zurück. Die Bedenken aus den konservativen Reihen seien nur vorgeschoben, hieß es. Offengelegt werden sollen nämlich nur jene Lobbyisten-Treffen, die der Vorbereitung eines EU-Gesetzes dienen. Ansonsten könnten die Abgeordneten auch künftig frei agieren.

„Die Bürger bekommen in Zukunft Klarheit über den Lobbyeinfluss auf Gesetze“, sagte Giegold. Die Reform sei ein großer Fortschritt für die Demokratie und werde das Vertrauen in das Europaparlament stärken. Vier Monate vor der Europawahl wäre dies ein wichtiges Signal. Eine Signalwirkung für ganz Europa sieht die Luxemburger Europaabgeordnete Tilly Metz. Das EU-Parlament bekräftige seine Vorbildfunktion gegenüber nationalen Parlamenten und Regierungen, so die Grünen-Politikerin. Es sei dringend notwendig, „dass die Blackbox im Rat der Europäischen Union geöffnet und die Transparenzregeln auch dort verschärft werden“.

Metz kündige an, weiterhin für die Einführung eines EU-Lobbyregisters für den Ministerrat zu kämpfen. „Es ist inakzeptabel, dass sich die Mitgliedstaaten verweigern, obwohl sich das EU-Parlament und die EU-Kommission längst hohe Transparenzregeln auferlegt haben.“