Europäisches ParlamentNeue Internet-Gesetze der EU verabschiedet

Europäisches Parlament / Neue Internet-Gesetze der EU verabschiedet
Das EU-Parlament stimmte gestern über einige der wichtigsten Gesetze dieser Legislaturperiode ab Foto: Frederick Florin/AFP

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Am Ende war es nur noch Formsache. Mit großer Mehrheit hat das Europaparlament am Dienstag in Straßburg die beiden neuen Internet-Gesetze DSA und DMA verabschiedet. Damit geht eines der wichtigsten – und kontroversesten – EU-Gesetzgebungsverfahren der letzten Jahre zu Ende.

Der Digital Services Act (DSA) soll Internet-Giganten wie Amazon, Facebook oder Google dazu anhalten, Hassrede und illegale Inhalte einzudämmen. Der Digital Markets Act (DMA) soll für fairen Wettbewerb sorgen und den Verbrauchern mehr Wahlfreiheit bei Online-Angeboten sichern.

Was heute selbstverständlich klingt, sorgte jahrelang für Streit. Die Internet-Konzerne schickten eine ganze Armada von Lobbyisten nach Brüssel, um ihr werbebasiertes und durch Tracking (Nachverfolgung) bewehrtes Geschäftsmodell zu retten – was ihnen am Ende auch gelang. Die EU-Staaten setzten alle Hebel in Bewegung, um nationale Regeln wie das umstrittene deutsche NetzDG auf EU-Ebene zu verankern. Und die EU-Kommission versuchte, sich direkten Zugriff auf die Inhalte im Internet zu verschaffen und neue Zensurmechanismen durchzuboxen.

Der Streit hörte nicht einmal auf, als sich die EU-Gremien im sogenannten Trilog geeinigt hatten. In letzter Minute wurde der DSA-Text noch einmal „aufgemacht“, Details wurden geheim gehalten. Selbst Christel Schaldemose, die Berichterstatterin des Parlaments, klagte über mangelnde Transparenz. „Lobbyisten haben während des Trilogs die aktuellen Texte oft zugespielt bekommen, die Öffentlichkeit nicht“, kritisierte Patrick Breyer, der für die Piraten im Parlament sitzt. Das sei „hochproblematisch“, sagte Breyer.

Der Internet-Experte ärgert sich auch darüber, dass das umstrittene Werbetracking nur bei Minderjährigen und für die Profilbildung aufgrund sensibler Daten eingeschränkt werden soll – und nicht für alle User. „Von den tiefgreifenden Ambitionen des Europaparlaments ist fast nichts übrig geblieben“, so Breyer. Letztlich hätten sich Industrie- und Regierungsinteressen durchgesetzt.

Besserer Schutz bei Online-Shopping

Die Mehrheit der Abgeordneten sieht das allerdings anders. Sie freut sich, dass die EU nun Pionierarbeit im Internet leiste und den Tech-Konzernen enge Fesseln anlege. Bei Verstößen gegen den DMA drohen den Firmen Bußgelder von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes, beim DSA können noch bis zu sechs Prozent fällig werden. „Mit dem Gesetz über digitale Dienste (DSA) beenden wir die Allmacht der Internet-Giganten“, erklärte Alexandra Geese von den Grünen. Auch das Marktkontrollgesetz (DMA) wurde in Straßburg gefeiert. Es diene dazu, „Märkte offenzuhalten und Transparenz über die Wirkungsweise von Algorithmen herzustellen“, betonte der EVP-Abgeordnete Andreas Schwab, der den Text federführend betreut hatte.

Von einem „Meilenstein“ sprachen sowohl Liberale als auch Linke – eine seltene Übereinstimmung. Vorbehalte äußerte dagegen der europäische Verbraucherverband BEUC. Die Konsumenten würden beim Online-Shopping zwar besser geschützt, so BEUC-Expertin Ursula Pachl. Es gebe jedoch auch noch einigen Nachholbedarf. So kämen immer noch zu viele illegale oder gefährliche Produkte auf den virtuellen Markt. Zudem verfüge die EU-Kommission nicht über genug Personal und Expertise, um die effektive Durchsetzung der neuen Internet-Gesetze zu sichern.

Amazon, Facebook oder Google haben sich denn auch schnell mit den neuen EU-Regeln angefreundet. Ob es den Usern ebenso gehen wird, bleibt abzuwarten. Die Umsetzung soll im Herbst beginnen, 20 Tage nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt.

DanV
6. Juli 2022 - 13.28

Jeder sollte sich bewusst sein, dass Internetdienste wie Google und Facebook nur kostenlos funktionieren können, weil sie Werbung und Kundeninformationen verkaufen. Das wird immer vergessen. Irgendwo muss das Geld ja herkommen. Welch ein Aufschrei würde durch die Internet-Community gehen, wenn man für diese Dienste plötzlich zahlen müsste, damit sie weiter existieren können.

Roberto
6. Juli 2022 - 12.42

Es gibt Hassreden bei Amazon?