EschNeu-Direktor Jean Halsdorf: „Das Conservatoire soll sichtbarer werden“

Esch / Neu-Direktor Jean Halsdorf: „Das Conservatoire soll sichtbarer werden“
Seit dem 1. Oktober im Amt: Der neue Direktor des „Conservatoire“, Jean Halsdorf Foto: Editpress/Julien Garroy

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Am 1. Oktober löste Jean Halsdorf Marc Treinen an der Spitze des „Escher Conservatoire“ ab. Am Rande der Programm-Pressekonferenz am Mittwoch nahm sich der neue Direktor Zeit, dem Tageblatt Rede und Antwort zu stehen.  

Tageblatt: Herr Halsdorf, Sie hatten vor wenigen Minuten Ihren ersten öffentlichen Auftritt als neuer Direktor des „Escher Conservatoire“. Sind Sie zufrieden mit der Programmvorstellung für die kommende Saison?

Jean Halsdorf: Ja, ich bin zufrieden, dass ich das Haus vor der Presse nach außen hin präsentieren und die Programmvorstellung mit einem außergewöhnlichen Projekt wie SL’Esch beginnen konnte. Natürlich ist das, was heute vorgestellt wurde, nicht unser Hauptauftrag. Aber die Konzertreihe ist, was von außen sichtbar ist. Deshalb ist sie eng mit unserer Hauptmission, dem Lehren, verknüpft.  

In der Tat sagten Sie auf der Pressekonferenz, dass die Außendarstellung wichtig sei. In dieser Logik gibt es diese Saison einige Neuerungen, u.a. geben die Schüler Konzerte in den Partnergemeinden Sanem und Schifflingen …   

Die Idee ist, das „Conservatoire“ sichtbarer zu machen. Es soll im alltäglichen Leben der Escher noch stärker verankert werden. Das gilt natürlich auch für die Nachbargemeinden. Als Schule, aber auch als Konzertveranstalter. Mit einem Konzert schließt sich der Kreis. Es ist die Krone auf einen Prozess, der mit den „Éveil“-Klassen begonnen hat.

In der Logik, das Konservatorium sichtbarer zu machen, wird es auch ein „Concert gourmand“ im Ellergronn geben. Wie kann man sich das vorstellen? 

Das ist ein bisschen ein Experiment. Diese Formate gibt es schon, hier bis jetzt aber noch nicht. Es ist ein klassisches Konzert, kombiniert mit einem Abendessen. Keine Tafelmusik wie früher, wo während des Essens musiziert wurde, sondern ein Wechsel zwischen Musik und Gericht. Das Kulinarische und das Musikalische sollen dabei zusammenpassen. 

Welche Neuerungen gibt es sonst noch im Programm?

Neben dem „Concert gourmand“, SL’Esch und unseren Schülerkonzerten außer Haus noch die Jazz-Jamsessions, die weiter ausgebaut werden. Auch hier ist das Bestreben, sich noch mehr zu öffnen und zu diversifizieren, deutlich zu erkennen.  

Am 1. Oktober haben Sie Marc Treinen als Direktor abgelöst. Und wechseln, überspitzt formuliert, die Seiten. Weg von der Musik, hin zum Management einer Schule mit 1.200 Kindern und Jugendlichen. Haben Sie keine Angst, dass Ihnen die Praxis fehlen wird, also das Musizieren und Lehren?

Ich bin sicher, dass mir meine Entscheidung nicht leidtun wird. Natürlich werden mir die Unterrichtsstunden fehlen, aber nicht so sehr, um diesen Schritt zu bereuen. Ich scheue die Verantwortung nicht, habe aber Respekt vor dieser Position. Die Erfahrung als Direktor einer Schule fehlt zwar, aber ich habe einen breit gefächerten Horizont und durch meine bisherigen Aktivitäten viel Einblick. Jedenfalls bin ich motiviert und dankbar, dass ich diese Chance bekomme. Und nicht zuletzt habe ich ein tolles und gut eingespieltes Team im Konservatorium um mich herum.   

Die Programm-Höhepunkte 2022/2023

Am 11. und 12. November steht in der „Maison des arts et des étudiants“ gleich der erste Höhepunkt des Programms des Konservatoriums auf dem Programm. SL’Esch ist ein Musical im Rahmen von Esch2022, an dem sämtliche Abteilungen des „Conservatoire“ mitwirken. Die künstlerische Führung hat Jean-Paul Maes, musikalischer Direktor ist Jean-Claude Braun. SL’Esch spiegelt die soziopolitische Entwicklung Eschs in den 1910er Jahren wider, wobei vor allem die Immigration aus Italien eine Rolle spielt.
Ausgebaut werden unterdessen die in der letzten Saison eingeführte „Jazz Jam Session“ (13.1., 3.3., 21.4.) und das „Schlappeconcert“ (21.1., 25.3.). Der traditionelle Auftritt der Brass Band in der Josefskirche am 26. Dezember wird in diesem Jahr vom Marc Geujon auf der Trompete begleitet. Ganz neu ist derweil das „Concert gourmand“ am 6. Mai in der „Schmëdd“ im Ellergronn und die Auftritte der Musikschüler in Schifflingen (10.6.) und Sanem (14.6.).
Eine Reihe von international renommierten Künstlern werden auch 2022/2023 im Konservatorium auftreten. Ein Highlight ist dabei sicherlich am 28. April das Konzert des Pianisten A.R. El Bacha, Gewinner des „Concours Reine Elisabeth“ von 1978.

Das Programm 2022/2023 im Detail:
www.conservatoire.esch.lu

Haben Sie Prioritäten, auf die Sie sich zu Beginn konzentrieren? Welche Akzente wollen Sie setzen?

Das „Conservatoire“ steht ganz gut da, ist gesund und wird von der Stadt Esch voll unterstützt. Das ist schon mal ganz wichtig. Und wir haben 1.200 Schüler, so viel Zuspruch wie noch nie. Das heißt, dass die Arbeit anerkannt wird. Und die Stimmung im Haus ist sehr gut, was für das alltägliche Zusammenarbeiten enorm wichtig ist. Wichtig, weil es um Kunst geht und um die Ausbildung von Kindern und Jugendlichen. Da sind ein positives Klima, ein guter Ton und gute Umgangsformen unumgänglich. Leider ist das heute nicht mehr überall selbstverständlich. Hier aber glücklicherweise schon, und das will ich unbedingt bewahren. Ich selbst könnte auch gar nicht anders arbeiten. Ansonsten sind die neuen Akzente ja inzwischen unterwegs. Die wurden aber schon zuvor angestoßen. Ich habe höchsten ein bisschen dazu beigetragen.

Trotzdem gibt es doch sicherlich das eine oder andere zu verbessern, oder nicht?

Wenn wir über Verbesserungsmöglichkeiten reden, dann gibt es die vielleicht in der Kommunikation, was jetzt aber nicht wie eine Kritik an der bisherigen klingen soll. Bei uns treten fantastische Solisten auf, und trotzdem ist der Saal oft mäßig besetzt.  

Woran kann das liegen?

Vielleicht ist es ein Standortproblem, Parkplätze spielen eine Rolle. Und abends ist es zu Fuß auch nicht der gemütlichste Weg hierhin. Vielleicht müssen wir die Konzepte etwas anpassen, die Uhrzeiten. Vielleicht ist auch mehr Werbung der Weg.

Mit 1.200 Schülern in diesem Jahr ist ein neuer Rekord aufgestellt worden. Ist die Kapazitätsgrenze damit erreicht und wie ist der Stand der Dinge zur Expansion in das Luxcontrol-Gebäude, das die Gemeinde für die Stadtarchive und die Musikschule gekauft hat?

In der Tat haben wir einen Zuwachs von 10 Prozent aufzuweisen. Natürlich ist der Musikunterricht nun unter gewissen Voraussetzungen gratis. Aber das war in Esch eigentlich immer der Fall, da unsere Preise die niedrigsten im gesamten Umland waren. Schon vor dem neuen Gesetz wurde in Esch nie jemand wegen der Kosten ausgeschlossen, zumindest nicht wegen der Einschreibegebühren. Natürlich können anschließend Kosten für Instrumente entstehen, aber auch da greifen wir den Schülern unter die Arme, verleihen viele Instrumente. Musik muss jeder Bevölkerungsschicht zugänglich sein, Musik ist nichts Elitäres, obwohl das manchmal so wahrgenommen wird. Wir sind ein offenes Haus und für jeden da, der Interesse hat und sich investiert. Und ja, natürlich wird es so langsam eng hier drinnen. Es gibt Zeiten, da ist kein einziger Saal mehr frei. Was das Luxcontrol-Gebäude angeht, so ist es noch etwas früh. Ich kann mir aber vorstellen, dass dort in Zukunft z.B. die Tanzabteilung untergebracht wird. Denn die hat hier nicht genug Platz und kann sich dadurch auch nicht richtig entwickeln. 

Das ist also noch Zukunftsmusik. Eine abschließende Frage: Ihr Vorgänger Marc Treinen kannte jeden einzelnen Schüler namentlich. Ist das auch Ihr Ziel? 

Ich werde mich bemühen, dass das so wird. (lacht) Aber es wird ein wenig Zeit brauchen. Immerhin ist das in unserem Haus noch möglich, denn trotz 1.200 Schülern sind wir das kleinste der drei Konservatorien im Land.  

Zur Person

Jean Halsdorf wurde 1969 geboren und ist in Beggen aufgewachsen. Zwar stammt er nicht aus einer Musikerfamilie, doch spielte Musik im Elternhaus stets eine wichtige Rolle. Im Alter von sieben Jahren begann Halsdorf, Cello zu spielen. Notgedrungen, wie er schmunzelnd anmerkt. „Ich war der Jüngste in der Familie. Meine Geschwister spielten Geige und Klavier, da brauchten sie ein Bassinstrument, um gemeinsam musizieren zu können.“
Nach seinem Abitur im LGL studierte Halsdorf in Köln, Rom und in Basel, wo er mit einem Solistendiplom abschloss. Anschließend war er sechseinhalb Jahre erster Cellist im Sinfonieorchester von Granada (ESP). Die inzwischen vierköpfige Familie beschloss nach Luxemburg zurückzukehren, wo seine Frau heute Sekundarschullehrerin für Spanisch und Französisch ist. Halsdorf gab zunächst Unterricht im CMNord („Conservatoire de musique du Nord“), spielte in verschiedenen Orchestern wie dem OPL und übernahm die Leitung des Kammerorchesters „Ensemble de la Chapelle Saint-Marc“, die er bis 2020 innehatte. 2007 fing Halsdorf im Escher Konservatorium an, 2013 wurde er Professor für Cello und Kammermusik. Am 1. Oktober 2022 übernahm er den Direktorenposten von Marc Treinen.