FußballNationalspielerin Julie Marques über ihren Doppelpack, Standard Liège und wenig Schlaf

Fußball / Nationalspielerin Julie Marques über ihren Doppelpack, Standard Liège und wenig Schlaf
Julie Marques will sich keine allzu konkreten Karrierepläne aufsetzen Archivbild: Le Quotidien/Mélanie Maps

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Dienstagabend. Der erste WM-Qualifikationssieg der Luxemburger Damen ist gerade einmal sechs Stunden her. Im Hintergrund ist die gute Stimmung deutlich wahrzunehmen. Es wird gelacht und gesungen. Julie Marques stört es nicht, sich für einen Moment zurückzuziehen und geduldig von Karriereplänen und Gedanken nach ihrem Doppelpack gegen Nordmazedonien zu erzählen. Opfer bringt die 17-jährige Schülerin des LTPS (Ettelbrück) ohnehin täglich: Jeden Tag fährt ihr Vater die Offensivspielerin abends zum Training nach Lüttich. 

Die Nationalmannschaft veränderte ihr Leben innerhalb weniger Monate bereits zum zweiten Mal schlagartig. Nachdem das Testspiel gegen Belgien ihr im Juli die Türen zu einem Ausbildungsvertrag bei Standard Liège geöffnet hatte, dürfte ihr Name bei Fußballbegeisterten seit Dienstag jetzt auch landesweit ein Begriff sein. Erste Interviews und mediale Aufmerksamkeit inklusive. Die junge Spielerin, die im Alter von vier Jahren in Ulflingen ihr erstes Training besuchte, schoss das allererste Luxemburger Tor bei einer Turnierteilnahme der FLF-Frauen – und legte in Hälfte zwei dann noch ein Tor sowie eine Vorlage obendrauf.

Mein einziger Gedanke war: Ich muss meine Chance nutzen

Julie Marques, FLF-Nationalspielerin

Völlig unaufgeregt begann dabei der historische Tag in Ohrid, wie Marques erzählt: „Ich kann eigentlich ziemlich gut mit Stress umgehen. Mir wurde dann auch erst beim Teammeeting bewusst, dass wir wenige Stunden später schon das nächste Spiel hätten.“ Nur vier Tage nach dem 0:5 in Österreich, bei dem die „Roten Löwinnen“ ihre Gegnerinnen in den ersten 45 Minuten aufgrund ihrer Kompaktheit und Fünferverteidigerkette zum Verzweifeln brachten, bot sich gegen Nordmazedonien zum ersten Mal in der laufenden Kampagne die Möglichkeit, spielerisch mitzuhalten und Offensivakzente zu setzen. „Mein einziger Gedanke war: Ich muss meine Chance nutzen. Die Priorität war nämlich diesmal auch, defensiv stabil zu stehen.“

Doch bereits nach wenigen Minuten hatten alle Zuschauer gemerkt, dass sich ein offenes Match mit Torgelegenheiten auf beiden Seiten entwickeln würde. Die „Roten Löwinnen“ gingen aggressiv in die Duelle und stellten die erfahreneren Gegnerinnen mit ihrem schnellen Umschaltspiel vor Probleme. „Wir sind trotzdem überrascht“, lachte Marques. „Wir hätten uns alle einen Punkt gewünscht, aber drei sind ja noch besser. Man merkt, dass wir selbstbewusster geworden sind. Wir werden auch in Zukunft Tore schießen und haben bewiesen, dass wir angreifen können.“ 

Ihr erster Treffer fiel nach einer Vorlage von Gabriela de Lemos, die sie auf Strafraumgrenze perfekt anspielte. Ein satter Schuss ins linke untere Eck – „einfach schön“ – landete im Netz. „Ich wusste danach nicht wirklich, wie ich reagieren sollte. Ich war etwas überfordert“, blickte die 17-Jährige zurück. Die Kolleginnen stellten sich weniger Fragen und Marques verschwand in einer Jubeltraube. 

Genauso überrumpelt war die Flügelspielerin, als Nationaltrainer Dan Santos sie Ende Juni anrief und von zwei Angeboten aus Belgien in Kenntnis setze. Zwei Scouts waren während des Testspiels gegen die Nachbarinnen auf die damalige Wintgerin aufmerksam geworden. Die Wahl fällt aufgrund der Distanz gegen Charleroi. „Ich bin dann nach Lüttich gefahren, um mir alles anzusehen. Dort wurde mir auch gleich ein Ausbildungsvertrag angeboten, mit der Möglichkeit, nächste Saison einen Profivertrag zu unterschreiben.“

Ein Chauffeur

Noch gleicht ihr Alltag nämlich nicht dem von Vereinskolleginnen und FLF-Kapitänin Laura Miller: Nach Gesprächen mit ihren Eltern stand im Sommer fest, dass sie den Schritt wagen würde, allerdings mit ein paar Einschränkungen. „Da ich ja noch keinen Führerschein habe, fährt mich mein Vater jeden Tag nach Lüttich.“ Für die Schülerin des LTPS in Ettelbrück, die demnach täglich um 16.30 Uhr in Richtung Standard aufbricht, kommt somit zum Prüfungsstress auch noch intensives Training hinzu. „Ich bin manchmal echt müde. Zudem ist es schwer, momentan alles unter einen Hut zu bekommen.“ Doch innerhalb von vier Monaten sind große Fortschritte erkennbar. „Meine Ballkontrolle und meine Pässe sind seit Sommer wirklich viel besser geworden. Jetzt schlage ich keinen Ball mehr blind.“

Trotzdem bot sich der jungen Frau bislang keine Chance, ihre Qualitäten auch in der belgischen Meisterschaft unter Beweis zu stellen, da noch Probleme mit Dokumenten bestehen. Umso erstaunlicher war, wie problemlos Marques die intensiven Duelle mit der Nationalmannschaft managte. Im Schnitt legte sie gegen Nordirland (0:4) und Österreich (0:5) zehn Kilometer zurück, gegen England (0:10) waren es über zwölf. „Gegen die großen Nationen war ich definitiv aufgeregter, weil ich wusste, dass die auf einem ganz anderen Level spielen würden und sie angekündigt hatten, uns die Bude voll schießen zu wollen.“

Die Öslingerin hat sich in Nordmazedonien jedenfalls weder von den schlechten Platzverhältnissen noch von der physischen Gangart der Gegnerinnen einschüchtern lassen. Ihr aktuelles Erfolgsrezept, „alles erst mal auf mich zukommen lassen“, scheint aufzugehen. Nicht erstaunlich also, dass sie sich über Karrierepläne im Moment noch nicht den Kopf zerbricht. 

Julie Marques konnte aufgrund von Lizenzproblemen noch kein Spiel für ihren neuen Klub absolvieren
Julie Marques konnte aufgrund von Lizenzproblemen noch kein Spiel für ihren neuen Klub absolvieren Foto: Facebook/Standard Liège

Steckbrief

Julie Marques
Geboren am
6. August 2004
Position: Stürmerin, Flügelspielerin
Bisherige Vereine: Ulflingen, Wintger, seit Sommer Standard Liège (B)
Statistiken: 9 Spiele und 3 Tore für die Nationalelf (WM-Quali: 4 Spiele, 2 Tore)