Nach Sozialbericht: Esch will soziale Unterschiede angehen

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Der Sozialbericht der Uni Luxemburg und des „Luxembourg Institute of Socio-Economic Research“ (Liser) hat zutage gebracht, dass es große soziale Unterschiede in den einzelnen Escher Stadtvierteln gibt. Insbesondere in den zentralen Stadtteilen Brill und „Al Esch“ leben viele Menschen in prekären Verhältnissen. Am Freitag durfte der Gemeinderat über den Bericht diskutieren.

Die Autoren des Sozialberichts, der Soziologieprofessor Helmut Willems und der Wirtschaftswissenschaftler Andreas Heinz, stellten dem Gemeinderat in einer technischen Sitzung am Freitag die Resultate im Detail vor. Anschließend wurde der Bericht in einer öffentlichen Sitzung diskutiert und votiert. Um das Resultat gleich vorwegzunehmen: Der Sozialbericht wurde einstimmig angenommen, auch wenn LSAP-Rätin Vera Spautz den Sinn des Votums nicht ganz nachvollziehen konnte und Rat Marc Baum („déi Lénk“) die Zahlen im Bericht nicht gefielen.

Vorher hatte Sozialschöffin Mandy Ragni („déi gréng“) bereits alle Sozialmaßnahmen vorgelesen, die der Schöffenrat in den vergangenen Jahren im Interesse der Gruppen mit besonderem Unterstützungsbedarf umgesetzt hat. Im Sozialbericht werden fünf solcher Gruppen ausgemacht, die da wären: Alleinerziehende, Kinder und Jugendliche in prekären Verhältnissen und solche aus Migrantenfamilien, Langzeitarbeitslose sowie Migrantinnen mit niedriger Berufsausbildung. Ragni zählte sämtliche Projekte von den Schulen und „Maisons relais“ über die kommunalen Pläne für Jugend und Integration bis hin zum Infobüro für Senioren auf.

Es war heiß im Sitzungssaal gestern Vormittag und so manches Ratsmitglied zweckentfremdete sein Tablet als Fächer. LSAP-Fraktionssprecherin Vera Spautz freute sich über die Auflistung ihrer Nachfolgerin. „Mir war nicht bewusst, wie viel in den letzten Jahren gemacht wurde“, meinte die ehemalige Bürgermeisterin und Sozialschöffin. Viele Sozialmaßnahmen wie der Jugendkommunal-, der Integrations- oder der Seniorenplan seien als Antwort auf den ersten Sozialbericht erfolgt, der 2003 unter dem damaligen Sozialschöffen André Hoffmann („déi Lénk“) erstellt wurde.

Stiftungslehrstuhl für Sozialwirtschaft

Vera Spautz erinnerte auch an den Stiftungslehrstuhl für Sozialwirtschaft und Sozialmanagement, den die Stadt Esch 2013 mit der Uni Luxemburg ins Leben gerufen hatte. Ziel dieser Initiative war es, Lösungen für die Zeit nach dem Rückgang der Stahlindustrie in Esch und der Südregion zu suchen. Eine Million Euro hatte die Stadt dafür freigemacht. Bislang seien aber erst 200.000 Euro investiert worden, auch weil der Professor, der diesen Lehrstuhl leiten sollte, aus persönlichen Gründen zurück nach Italien musste und bislang noch kein Nachfolger gefunden wurde. Spautz wollte aber auch wissen, was der neue Schöffenrat nun konkret mit den Resultaten aus dem Sozialbericht anfangen wolle. Sie wies allerdings gleichzeitig darauf hin, dass sich auch die Regierung mit den sozialen Fragen befassen müsse, denn bestimmte Probleme könnten nur auf nationaler Ebene geregelt werden. Insgesamt mache Esch seit 2013 aber eine positive Entwicklung durch, meinte Spautz.

Dieser Lesart konnte sich der Oppositionsrat Marc Baum („déi Lénk“) nicht anschließen. „Geht es den Escher Bürgern heute besser als vor fünf, sechs Jahren?“, fragte der Vertreter von „déi Lénk“ und beantwortete die Frage selbst mit Nein. Die in den vergangenen Jahren getroffenen Maßnahmen müssten nicht nur aufgelistet, sondern kritisch überprüft werden, forderte Baum. Das im Sozialbericht dargelegte hohe Wachstum der Stadt Esch sei vor allem auf eine hohe Binnenmigration zurückzuführen. Insbesondere sozial schwache Haushalte würden aus anderen Gegenden Luxemburgs in den Süden ziehen, wusste Marc Baum. Die, die aus Esch wegziehen, seien hingegen die Bessergestellten. Dieser Umstand sollte zu denken geben, so der „déi Lénk“-Rat.

Die Wohnungen in Esch seien überdurchschnittlich klein, die Bausubstanz alt und die Bevölkerungsdichte hoch. Zudem seien die Mieten zwischen 2003 und 2015 um 25 Prozent gestiegen, die Löhne aber nur um zehn Prozent. Dadurch müssten die Menschen mehr fürs Wohnen ausgeben, was zur Folge habe, dass die Kaufkraft sinke, meinte Baum. Erschreckend sei ebenfalls, dass die soziale Mobilität nicht vorhanden sei, weil aus dem Bericht hervorgeht, dass Kinder aus ärmeren Haushalten nur sehr selten ins „Lycée classique“ orientiert werden.

Umgekehrt als in anderen Städten

Baum stellte auch fest, dass die soziale Vermischung in Esch zurückgehe und die soziale Kohäsion infrage gestellt sei, weil das Stadtzentrum von sozial schwachen Haushalten bewohnt sei, während die neuen Viertel in der Peripherie wie Belval und „Nonnewisen“ vorwiegend sozial Bessergestellte empfangen.

CSV-Fraktionssprecher Christian Weis bemerkte, dass die Situation in Esch umgekehrt als in vielen anderen Städten sei, wo die Reichen meist im Zentrum und die Armen in der Peripherie wohnen. Um einige Probleme zu beheben, forderte Weis, die Baulücken zu füllen, in leer stehende Wohnungen zu investieren und die bereits von der LSAP ins Spiel gebrachte kommunale Wohnbaugesellschaft zu schaffen. Auch die Sozialdienste in den einzelnen Vierteln und das Streetwork-Angebot müssten verbessert werden, meinte Weis.
LSAP-Rätin Taina Bofferding verteidigte ihrerseits die Sozialpolitik der Regierung und verwies auf Maßnahmen wie das neue Revis-Gesetz und die Teuerungszulage. In der Definition des Armutsbegriffs, die dem Sozialbericht zugrunde liegt, würden manche soziale (Sach-)Leistungen nicht berücksichtigt, meinte Bofferding. Insgesamt freute sie sich, dass der neue Schöffenrat die Sozialpolitik der LSAP weiterführe.

DP-Rätin Daliah Scholl forderte in ihrer kurzen Intervention eine bessere Eingliederung der Alleinerziehenden. Bürgermeister Georges Mischo (CSV) betonte abschließend, dass der Schöffenrat eine Strategie ausarbeiten werde, um die ernsten Probleme anzugehen.

Le Républicain
14. Juli 2018 - 18.32

Meine alte Geburts-und Heimatstadt Esch wird immer mehr zu Chicago...in jeder HInsicht...schade aber das wird so weitergehen wenn nicht konkrete Massnahmen getroffen werden...schuldig an dem Zustand sind allerdings die vergangenen Kommunal Edilen die nicht reagiert haben und den Zahn der Zeit nicht begriffen hatten, ob allerdings die neue Mannschaft es besser machen wir wage ich zu bezweifeln...nach lesen der jeweiligen Position bleibe ich skeptisch!