Lukaschenko lässt in Belarus „Telegram“ verbietenNach Medien und NGO nimmt Minsk Social Media ins Visier

Lukaschenko lässt in Belarus „Telegram“ verbieten / Nach Medien und NGO nimmt Minsk Social Media ins Visier
Alexander Lukaschenko geht weiter hart gegen jede Form von Opposition vor Foto: dpa/Sergei Shelega

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Ganze sieben Jahre Haft drohen in Belarus jedem, der dem falschen Kanal im sozialen Netzwerk „Telegram“ folgt. Es ist der nächste Schlag des Autokraten Lukaschenko gegen die Opposition.

„Lösche bloß die ,Telegram‘-App vor der Einreise nach Belarus von deinem Smartphone“, riet ein exilierter Demokratie-Aktivist in Warschau vor Monatsfrist. Sicher sei sicher, fügte er hinzu. Inzwischen hat die belarussische Realität den guten Rat eingeholt. Das handverlesene Kabinett von Autokrat Alexander Lukaschenko hat vor kurzem über 150 Kanäle des russischen Chat-Dienstes „Telegram“ für „extremistisch“ erklärt.

Darunter fällt auch der „Telegram“-Kanal der mutmaßlichen Wahlsiegerin der Präsidentschaftswahlen vom August 2020, Svetlana Tichanowskaja, die seit über einem Jahr im litauischen Exil weilt. Wer ihre „Telegram“-Nachrichten auf dem Mobiltelefon liest, muss laut einem Gesetzentwurf ab sofort mit bis zu sieben Jahren Gefängnis rechnen. So will die Regierung offenbar nun auch regimekritischen Inhalten in den Sozialen Netzwerken den Garaus machen.

„Telegram“-Kanäle sind Lukaschenkos Machtapparat seit den Nachwahlprotesten vom 9. August 2020 ein Dorn im Auge. Damals hatten Kanäle und ihnen angeschlossene Chats wie „Nexta“ und „Seite des Lebens“ von Tichanowskajas Ehemann Sergej Tichanowski die Protestmärsche in Minsk und den vielen Provinzstädten koordiniert. Sie funktionierten trotz der tagelangen Abschaltung des Internets über das Handynetz weiter.

Sieben Jahre Haft

Mit dem Erlass gegen die angeblich extremistischen „Telegram“-Kanäle wird die Schraube der Repression in Belarus weiter zugedreht. Nach dem Verbot der meisten unabhängigen Print- und Online-Medien und von rund 300 NGOs gerät nun auch Social Media ins Fadenkreuz der Sicherheitsorgane. „Wir kennen alle Abonnements und wissen, wer sich dahinter versteckt und wer sie liest“, drohte Lukaschenko schon Anfang Oktober nach einer aufsehenerregenden Schießerei mit zwei Toten zwischen Geheimdienstoffizieren und einem mutmaßlichen Oppositionellen bei einer Hausdurchsuchung in Minsk.

Damals ergoss sich eine Welle von regierungskritischen Kommentaren über die „Telegram“-Kanäle und andere Social-Media-Plattformen. Der bei der Aktion vom KGB erschossene, oppositionelle IT-Spezialist Andrei Seltser wurde von vielen wie ein Held gefeiert, weil er sich mit einer Schrotflinte zur Wehr gesetzt und dabei einen KGB-Offizier niedergestreckt hatte. In Minsk geht noch heute gar das Gerücht um, Seltser sei de facto aus dem Fenster gesprungen und über den Innenhof geflüchtet. Genährt wurde diese Version durch ein sehr rasches Begräbnis ohne Leichenobduktion sowie ein offenbar amateurhaft montiertes KGB-Video der tragischen Hausdurchsuchung.

In der Folge wurden mindestens 136 kritische Internet-Kommentatoren dieser Aktion festgenommen und wegen „Beleidigung von Staatsbeamten“ und „Anstachelung von sozialem Hass“ angeklagt. Vielen von ihnen drohen lange Haftstrafen. Erste Verurteilungen haben zum Anstieg der politischen Gefangenen auf nunmehr 812 Personen (Stand Mittwochmittag) geführt.

Der Menschenrechtsorganisation „Wiasna“ sind bereits heute 30 Fälle bekannt, in denen regierungskritische Bürger wegen des Lesens unerwünschter Inhalte im Internet belangt werden sollen. Viele Belarussen haben sich in einer ersten Reaktion vorsichtshalber von gewissen „Telegram“-Kanälen abgemeldet. Der beliebte „Telegram“-Kanal „Nexta“ verlor alleine 18.000 Abonnenten am Tag nach der Einstufung als „extremistisch“, das meinungsführende unabhängige Nachrichtenportal tut.by, das nach der Zwangsschließung der Internetseite auf „Telegram“ ausgewichen war, hat in den ersten zwei Tagen jeden 20. Leser verloren.

Klod
20. Oktober 2021 - 19.49

Dieser lukaschenko ist natuerlich sehr schlimm. Unterdessen sitzt ein gewisser Assange auf unbegrenzte zeit in britischer haft...nur weil die us regierung ihm an den kragen will aber mal etliche jahre verstreichen laesst um was handfestes vorzubringen,da die johnson regierung ohnehin zu befehl ist und abwartet...die zeit und der tod des inhaftierten koennten das problem ja regeln.