Die EU und Afghanistan / Nach dem ungeordneten Abzug droht neuer Ärger
Plötzlich ging alles ganz schnell. Aufgeschreckt durch Terror-Warnungen, brechen die EU-Staaten ihre Rettungsaktion am Flughafen Kabul ab.
Plötzlich ging alles ganz schnell. Noch bevor die EU-Botschafter am Donnerstag in Brüssel darüber berieten, wie es in Afghanistan weitergehen soll, meldete ein Land nach dem anderen den Rückzug. Erst Belgien, dann Polen und Dänemark, bald auch Deutschland und Frankreich: Aufgeschreckt durch Terror-Warnungen, brechen die EU-Staaten ihre Rettungsaktion am Flughafen Kabul ab.
Auch die EU-Kommission verlässt eilig das sinkende Schiff. Die 400 afghanischen Ortskräfte, die für die EU gearbeitet haben, seien sicher auf der Militärbasis Torrejon bei Madrid gelandet und würden nun auf die Mitgliedsländer umverteilt, erklärte ein Behördensprecher in Brüssel. Nur ein kleines Team harre noch am Flughafen in Kabul aus, um den Abzug der EU abzuschließen.
Unrühmliches Kapitel europäischer Außenpolitik
Damit geht ein unrühmliches Kapitel der europäischen Außenpolitik zu Ende. „Gemeinsam rein, gemeinsam raus“, hatten sich die Alliierten der USA geschworen. Doch von Gemeinsamkeit ist wenig zu sehen. Frankreich und die Niederlande haben ihre Truppen schon vor Jahren aus Afghanistan abgezogen. Die Evakuierung aus Kabul organisiert jedes Land im Alleingang, die EU spielt kaum eine Rolle.
„Wir verfügen nicht über eigene Flugzeuge, aber wir haben einige Hilfsflüge finanziert“, heißt es in der EU-Kommission. Generell sitze die EU jedoch nicht in der ersten Reihe. Gefordert seien vor allem die USA und die NATO. Behördenchefin Ursula von der Leyen nahm zwar am G7-Krisengipfel zu Afghanistan teil. Sie hielt es aber nicht für nötig, eine Sondersitzung in Brüssel einzuberufen.
Das erledigte der slowenische EU-Vorsitz – zu spät, wie sich am Donnerstag zeigte. Die eilig zusammengetrommelten Botschafter wurden von den Ereignissen in Kabul überrascht; ihnen blieb kaum mehr, als die letzten Meldungen aus ihren Hauptstädten zu verlesen. Für eine EU-weite Abstimmung der Rettungsaktionen war es da schon zu spät, für die Vorbereitung der nächsten Schritte zu früh.
„Unsere Priorität ist, die Evakuierung so schnell wie möglich zu beenden“, sagte der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. „Wir sind in der operativen Phase, das Nachdenken über die Folgen kommt später“, ergänzte von der Leyens Sprecher. Zunächst gehe es darum, die Rettungsaktion abzuschließen und die EU-Staaten bei der Aufnahme von Afghanen zu unterstützen.
Neuer Streit erinnert an Flüchtlingskrise von 2015
Doch wer ist bereit, Flüchtlinge und Asylbewerber aufzunehmen? Ist es überhaupt die Aufgabe der EU-Kommission, dabei zu helfen? Darüber ist ein heftiger Streit entbrannt, der an die Flüchtlingskrise von 2015 erinnert. Während von der Leyen großzügige Finanzhilfen für jene Länder ankündigt, die hilfsbedürftige Afghanen aufnehmen, hält der amtierende slowenische EU-Ratsvorsitz dagegen.
„Die EU wird keine europäischen ‘humanitären‘ oder Migrationskorridore nach Afghanistan öffnen. Wir werden nicht zulassen, dass sich der strategische Fehler von 2015 wiederholt“, twitterte Regierungschef Janez Jansa, der seit Juni die halbjährlich wechselnde Ratspräsidentschaft innehat. Auch Österreich und Griechenland haben sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen.
Demgegenüber fordert das Europaparlament, die EU müsse Flagge zeigen und so viele Schutzbedürftige wie möglich aufnehmen. Jansa sei nicht befugt, für die EU-Staaten zu sprechen, erklärte der Chef des Europaparlaments, David Sassoli. Doch was sind Schutzbedürftige? Sind es nur die Ortskräfte oder auch ihre Familien? Was wird aus Frauen und Kindern? Wie geht es nach dem Ende der Militärflüge aus Kabul weiter; wird es neue, zivile Transporte geben?
Erste Antworten soll ein Krisentreffen der Innenminister liefern, das Jansa am Dienstag in Brüssel einberufen hat. Es dürfte turbulent werden. Nach dem ungeordneten Abzug aus Afghanistan droht ein schwerer Konflikt über die Asyl- und Flüchtlingspolitik. Auch in der Außenpolitik droht Ärger. Belgiens Premier Alexandre De Croo fordert eine „schonungslose Aussprache“. Die USA hätten die Europäer vor vollendete Tatsachen gestellt, auch die Zusammenarbeit in der EU lasse zu wünschen übrig.
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In anderen Worten ,die ansonsten was Flüchtlinge u.s.w. betrifft nie um Rat gefragte Innenministerin wird im brüsseler Krisentreffen , die ihr per Kopfhörer von ihrem Einwanderungsminister übermittelten Worte « á la lettre » übersetzen müssen. Warum also nicht gleich der für Menschen Ein- und zufuhr in und nach Luxemburg allein zuständigen Person Gelegenheit geben dort mit ihrem diplomatischen alles zusammenfassenden „Merde Alors „ die Ambiente zu erheitern was ja wie gewohnt zu einer schnellen Entscheidung beitragen wird .Gute Frage , oder ?
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Der dekadente Westen hat total versagt, hätte nie in Afghanistan tätig sein sollen.Nach dem feigen Rückzug werden die Terroristen wohl stärker den je.
Observer: Stärker als wir sind sie jetzt schon. Allein die Taliban zB verfügen mit all dem von der regulären afghanischen Armee aufgegebenen Material schon über mehr einsatzfähige Panzer, Jets und Kampfhubschrauber als die ganze deutsche Bundeswehr. Und ihre brandneuen AR-15-Sturmgewehre, die sie demonstrativ in die Kameras halten schiessen auch noch präziser und sind weniger störanfällig als die meisten in europäischen Armeen verwendeten Modelle. Wenn durch irgendein Wunder morgen ein breites islamistisches Bündnis zustande käme und – wieso nicht über die Türkei? – auf EU-Gebiet vordränge, hätten wir dem wohl nichts als eine Diskussionsrunde mit deeskalierenden Rollenspielen entgegen zu setzen.
In Mali wartet die nächste Blamage!