KommentarMoria-Camp: Europa hat nicht weggeschaut – doch das macht es noch schlimmer

Kommentar / Moria-Camp: Europa hat nicht weggeschaut – doch das macht es noch schlimmer
Nach dem Großbrand im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos sollen die obdachlos gewordenen Migranten zunächst auf Schiffen und in Zelten unterkommen Foto: AFP/Anthi Pazianou

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Es stimmt. Was in dem griechischen Flüchtlingslager Moria und in vielen anderen an Grauenhaftem vonstattengeht, ist die Schuld der EU und ihrer Migrationspolitik. Beziehungsweise die Schuld der gewollt nicht vorhandenen Migrationspolitik. Es ist die Schuld einiger Staaten, die sich jedem europäischen Vermittlungsversuch zur Verteilung von Flüchtlingen und Migranten versperren – mit einer Sprache und einer Argumentation, bei denen sich nicht einmal mehr die Mühe gemacht wird, den ihnen zugrundeliegenden Stimmenfang-Rassismus zu kaschieren.

Es stimmt aber nicht, dass alle nur wegschauen. Doch das macht es nur schlimmer. Denn alle wissen Bescheid. Bescheid über die mehr als 12.000 Menschen, die in Moria hausen mussten, obwohl es nur für 3.000 geplant war. Bescheid über die vielen Kinder dort, die im Schlamm und in der Kälte und der Nässe ihre Winter verbrachten. Bescheid über die Rechtsradikalen aus halb Europa, die ihren Urlaub dafür aufbrauchten, auf der Insel Lesbos, wo das Camp liegt, Jagd auf Migranten und Helfer zu machen. Bescheid über die drohende Katastrophe, die Corona-Infektionen in dem Lager herbeiführen würden. Da wurde nicht weggeschaut. Es ist schlimmer: Es wurde hingeschaut und geschehen lassen – bis dieses Feuer ausbrach.

Das Camp gibt es jetzt nicht mehr. Kommen diese auf Lesbos obdachlos umherirrenden Menschen jetzt unter menschenwürdigen Bedingungen aufs europäische Festland? Eher nicht. Einst als Bootsflüchtlinge gekommen, sollen sie jetzt erst einmal auf Schiffen untergebracht werden.

Realist
14. September 2020 - 7.18

Nein, es stimmt eben nicht. Was in Moria vorgeht ist nicht die Schuld der EU oder Europas, sondern die Schuld all jener unfähigen und korrupten Regimes zwischen Atlas und Hindukusch, die es nicht auf die Reihe kriegen, ihrer Bevölkerung Existenzgrundlage und Lebensperspektive zu bieten.