MallorcaMit Verbindung zu Luxemburg? Auftakt des Mammutprozesses gegen Hells Angels

Mallorca / Mit Verbindung zu Luxemburg? Auftakt des Mammutprozesses gegen Hells Angels
Ex-Rocker-Boss Frank Hanebuth galt lange als einer der führenden Chefs der Hells Angels in Europa Foto: dpa/Moritz Frankenberg

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Es ist der größte Prozess gegen die Rockergruppe Hells Angels, der je in Europa stattgefunden hat. 46 Angeklagte, die meisten aus Deutschland und Spanien, müssen sich ab heute vor dem Nationalen Gerichtshof in Madrid verantworten. Während des Verfahrens wird sich auch herausstellen, inwiefern die Angeklagten Verbindungen nach Luxemburg pflegten.

Die Mitglieder des berüchtigten Motorrad- und Rockerclubs Hells Angels werden beschuldigt, die Urlaubsinsel Mallorca mit illegalen Aktivitäten unsicher gemacht zu haben. Vor allem mit Drogen- und Prostitutionsgeschäften in der Touristenhochburg im Ballermann-Vergnügungsviertel an der Playa de Palma.

Zu den Hauptangeklagten zählt der frühere deutsche Hells-Angels-Boss Frank Hanebuth. Er ist der wohl immer noch bekannteste Rocker Deutschlands, der in seiner Heimatstadt Hannover als Rotlicht-Größe gilt. Der heute 58-jährige Hanebuth wird von Spaniens Ermittlern als der Strippenzieher der mutmaßlich illegalen Aktivitäten auf Mallorca angesehen. Ihm werden Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche, Drohungen und illegaler Waffenbesitz vorgeworfen.

Den Angeklagten drohen lange Strafen. Allein für Hanebuth, der alle Vorwürfe bestreitet, fordert der Staatsanwalt 13 Jahre Haft. Drei spanische Polizisten, welche die Hells Angels vor Ermittlungen und Durchsuchungen gewarnt haben sollen, müssen mit bis zu sieben Jahren Gefängnis rechnen.

„Operation Casablanca“

Die spanischen Ermittler jagen den Hells Angels bereits seit 2009 hinterher. Damals wurden die Sicherheitsbehörden darauf aufmerksam, dass immer mehr „Höllenengel“ auf Mallorca auftauchten. Jahrelang wurden die Rocker auf der Insel beschattet. Vier Jahre später, am Morgen des 23. Juli 2013, schlugen die Fahnder unter dem Codenamen „Operation Casablanca“ zu: 200 Polizisten, darunter auch ein Fahnder der Luxemburger Kriminalpolizei (siehe Kasten), durchsuchten zahlreiche Villen, Wohnungen und Geschäftslokale auf Mallorca.

27 Verdächtige wurden festgenommen. Darunter auch Hanebuth, dessen großzügiges Anwesen im mallorquinischen Dorf Lloret gestürmt wurde. Mehrere Autos, Motorräder und jede Menge Dokumente und digitale Datenträger wurden damals beschlagnahmt. Doch die Suche nach gerichtsverwertbaren Beweisen zog sich jahrelang hin. Auch, weil die Spuren, die auf Drogengeschäfte, Menschenhandel zum Zweck der Prostitution und millionenschwere Geldwäsche hinwiesen, über den ganzen Kontinent führten – nicht nur nach Deutschland, sondern zum Beispiel auch in die Türkei, nach Bulgarien, in die Schweiz und letztlich auch nach Luxemburg.

Es ist in Spanien keine Seltenheit, dass Prozesse erst mit großer Verspätung beginnen. Die Justiz leidet unter Personalmangel und gilt als sehr langsam. Das spielt den Beschuldigten in die Hände. Zum Beispiel, weil sich viele Zeugen nicht mehr erinnern können. Oder weil die Delikte mittlerweile verjährt sind.

Die Angeklagten sehen sich als Opfer staatlicher Verfolgung. Im Ermittlungsbericht geht indessen von „krimineller Multiaktivität“ die Rede. Und davon, dass die Angeklagten versucht haben sollen, ins Drogen- und Rotlicht-Geschäft auf Mallorca einzusteigen. Die Hells Angels hätten junge Frauen aus Osteuropa mit falschen Versprechungen nach Mallorca gelockt und sie dort zur Prostitution gezwungen. Zeugen sollen ausgesagt haben, dass die Frauen eingesperrt worden seien, wenn sie sich den Anweisungen der Bandenmitglieder widersetzt hätten – und zwar manchmal sogar in Hundekäfigen.

Verbindungen nach Luxemburg

Im Juli 2013 sorgten die Vorgänge um die Hells Angels auf Mallorca auch in Luxemburg für Schlagzeilen. Ein Polizist aus Luxemburg sei im Rahmen der Razzien verhaftet worden, hieß es zunächst in Meldungen der spanischen Medien. Diese sollten sich aber rasch als Ente entpuppen: Tatsächlich sei ein Beamter aus dem Großherzogtum in die Vorgänge verwickelt gewesen. Allerdings als Fahnder und nicht als Verdächtiger. Der Ermittler sei aktiv in die Ermittlungen mit eingebunden worden, betonten die spanischen Behörden. Vielmehr seien es Mitglieder des Luxemburger Charters gewesen, die dem Untersuchungsrichter vorgeführt worden seien.

In Luxemburg bestätigten Polizei und Staatsanwaltschaft, dass ein Mitarbeiter der Abteilung „Organisiertes Verbrechen“ der Kriminalpolizei die spanischen Kollegen im Rahmen einer europäischen Zusammenarbeit bei den Ermittlungen unterstützt habe. Der Fahnder war auch in die Razzien mit eingebunden, nachdem er fast zwei Jahre lang bei Ermittlungen gegen die Hells Angels auf Europol-Ebene mitgewirkt hatte. 

Dabei wurden auch vier Mitglieder des Luxemburger Charters der Hells Angels verhaftet. Personen, die – wie die Staatsanwaltschaft im Sommer 2013 bestätigte – nicht aus dem Großherzogtum selbst stammten. Ob sich die vier Betroffenen am Montag ebenfalls vor Gericht verantworten müssen, war bis Redaktionsschluss nicht in Erfahrung zu bringen. Das gilt auch für mögliche weitere Verbindungen zum Luxemburger Charter. So standen 2013 etwa Vorwürfe im Raum, dass Mitglieder aus Luxemburg die Kollegen in Spanien bei ihren illegalen Aktivitäten unterstützt und geschützt hätten. (ham)

eifelbiker100
24. Januar 2023 - 15.00

Wenn Bargeldgeschäfte weniger oder besser noch aufhören würden, hatte es die Mafia bei dann transparenten Online-Zahlvorgängen schwer bis unmöglich, ihre Existenz aufrecht zu erhalten. Deutschland ist da leider ein gr0ßer Bremser in dieser Umstellung. Geldgeschäfte müssen generell von klein bis groß bargeldlos geschehen. Selbst EU-Abgeordnete werden mit Bargeld aus dubiosen Quellen in Belgien dingfest gemacht. Die mögen zwar studiert sein, haben es aber auch nicht weit gebracht.

O. Mei
23. Januar 2023 - 19.13

Was für ein cooler Typ ähh. Mafia auf zwei Rädern? Man kann es auch zu etwas bringen wenn man nicht schreiben und lesen kann?! Wirklich? Ob die Feder stärker ist als das Schwert wird sich beim Prozess herausstellen.