Ausstellung Menschliches Erbe und natürliche Fähigkeiten

Ausstellung  / Menschliches Erbe und natürliche Fähigkeiten
Welche Spuren hinterlässt der Mensch und wie lange überdauern sie? Die Künstlerin Caroline Schmit war im Süden Luxemburgs unterwegs.  Foto: Editpress/Tania Feller

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Geschichte, Andenken, Erinnerung und vor allem Bezug zur Gegenwart: So könnte man den Inhalt der Videoinstallation „Les Traces de la terre rouge“ von Caroline Schmit (25) zusammenfassen. Für das Projekt im Rahmen der „Journée du patrimoine“ hat die Künstlerin sich tief ins Herz des von der Stahlindustrie geprägten Südens begeben.

Normalerweise stehen bei Filmen die Namen der handelnden Personen im Abspann. Caroline Schmit lässt ihr Werk jedoch damit beginnen. Wie zufällig streift die Kamera gleich in der ersten Szene eingravierte Namen irgendwo. Es sind die Namen von Grubenarbeitern, die im „Monument national des mineurs“ in Kayl verewigt sind. 19 solcher Tafeln gibt es dort, 1.400 Namen sind erfasst.

Das Denkmal ist ein Ort, der zutiefst an die Geschichte des Südens in Luxemburg erinnert. Wo einst der Reichtum des Landes erarbeitet wurde, hat sich seit dem Niedergang der Stahlindustrie in den Siebzigerjahren viel verändert. Genau dieses Spannungsfeld hat die Künstlerin in ihrer Arbeit porträtiert. Schmit interessieren Zusammenhänge.

Die Wirkung von Geschichte, deren Bedeutung für das Heute, das Zusammenspiel von Mensch und Natur sind die Themen der Installation, die in einer Endlosschleife in der „Salle des pendus“ in Lasauvage gezeigt wird. Geschichten und Spuren, egal in welcher Form, beeinflussen die Wahrnehmung der Menschen. Das hat die Künstlerin in Straßburg an der Universität gelernt. 

Dort legte sie ihre Masterarbeit ab, in der sie sich mit der Wechselwirkung des Kontaktes zwischen Mensch und Natur sowie der Rolle der Pflanzen in der Kunst beschäftigt. Dabei stößt sie auf das Thema „Erinnerungskultur“. Seitdem begleitet sie es – egal in welcher Technik. Video, Foto, Installation, Gravur, Skulptur oder Zeichnung: Schmit ist vielseitig, will sich nicht festlegen.

Tief ins Herz des „Minett“ eingetaucht

Die Frage „Wie fühlt es sich an, an gewissen Orten zu sein?“ bestimmt die Dramaturgie der aktuellen Installation. Dafür hat sie sich mit ihrer Kamera tief ins Herz des „Minett“ begeben. Gedreht, gemalt und fotografiert wurde in Kayl und Lasauvage, an zwei Orten, mit denen sie persönlich verbunden ist. Ihre Mutter stammt aus Kayl, ihr Großvater war Arbeiter in der Stahlindustrie.

Das zeigt der zweite Film, der auf einem kleinen zusätzlichen Monitor die Entstehungsgeschichte der Installation erzählt. Zu den aktiven Zeiten der Stahlindustrie gleicht die Landschaft einer Mondlandschaft. Der menschliche Eingriff in die Natur ist so groß wie der bis heute anhaltende Einfluss der Industriegeschichte dahinter auf das kollektive Gedächtnis.

Die Denkmäler aus dieser Zeit sind das eine, die Natur ist das andere. Sie hat sich das Gebiet wieder einverleibt. In den Videos und Fotos der Ausstellung umarmen Silhouetten die Bäume. „Eine Umarmung ist eine intime Geste“, sagt die Künstlerin. „Sie drückt das Bewusstsein für das, was an diesem Ort geschehen ist, aus und die Bereitschaft, sich damit auseinanderzusetzen.“

Die Bäume stehen in einem Wald, der heute vielerorts unter Naturschutz steht. Und wieder hat der Mensch es umgewidmet. Ohne den früheren Tagebau gäbe es die heutigen Naherholungsgebiete mit viel Grün, Rad- und Wanderwegen nicht. „Der menschliche Eingriff muss nicht immer etwas Absolutes sein“, sagt die Künstlerin. Das zeigt sie ziemlich beeindruckend in der Dunkelheit der Umkleide der damaligen Grubenarbeiter.

Les Traces de la terre rouge 

Die Ausstellung läuft noch bis zum 3. Oktober 2021. Die „Salle des pendus“ in Lasauvage ist von donnerstags bis sonntags zwischen 14.00 und 18.00 Uhr geöffnet.