Corona in der SchuleMeisch hat beim Tracing doch nicht alles im Griff

Corona in der Schule / Meisch hat beim Tracing doch nicht alles im Griff
Das Tracing in den Schulen sei laut Bildungsminister Claude Meisch nicht mit den gleichen Problemen konfrontiert wie jenes beim Large Scale Testing. Hier habe man alles im Griff, da zwölf Agenten speziell dafür eingesetzt wurden. „Um Terrain“ sieht das aber ganz anders aus.  Foto: Editpress/Alain Rischard

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Die Situation in Luxemburgs Schulen wird zunehmend desaströs. Nach einem positiven Fall in einer Grundschulklasse warten alle Eltern der Mitschüler eine Woche lang darauf, dass sich jemand von der „Santé“ bei ihnen meldet. Vergeblich. Ohne „Ordonnance“ können sich die Schüler nicht, wie vorgeschrieben, am sechsten Tag testen lassen. Eltern müssen sich proaktiv um eine solche Verordnung kümmern. Der nächste Schritt: Die Teststationen sind überlaufen und über zwei Stunden Wartezeit eher Regel als Ausnahme. Die von Claude Meisch angekündigte mobile Teststation an den Schulen könnte das Problem lösen. Doch die gibt es noch nicht. Bislang blieb es bei der Ankündigung. Gespräche darüber seien aber am Laufen, versichert das Bildungsministerium auf Tageblatt-Nachfrage.

Eine aufgebrachte Mutter berichtet dem Tageblatt von unzumutbaren Zuständen in Bezug auf Covid-19-Fälle an der Grundschule ihrer Kinder. Am Donnerstag, 22. Oktober bleibt ein Schüler aus dieser Grundschule zu Hause. Der Grund: Er hat ein positives Testresultat auf Covid-19 erhalten. Am Samstag kontaktiert die Klassenlehrerin die Eltern der Mitschüler, darunter auch die aufgebrachte Mutter, die uns diese Geschichte erzählte. Denn ab Montag wird die Klasse in das Regime der „Mise à l’écart“ gesetzt. Schüler und Lehrer werden sozusagen innerhalb der Schule isoliert. Der Unterricht läuft normal weiter, aber die Klasse wird von anderen Klassen und Schülern getrennt. Ab diesem Zeitpunkt müssen diese Schüler überall Maske tragen, selbst im Klassenzimmer. Sport- und Schwimmunterricht fallen aus und vom Besuch der „Maison relais“ wird abgeraten. Diese Maßnahmen gelten so lange, bis die Schüler ein negatives Testresultat vorlegen können. Der Test dazu muss am sechsten Tag nach dem letzten Kontakt mit dem positiven Schüler erfolgen.

In diesem Fall wäre der Testtag demnach am Dienstag, dem 27. Oktober. Um sich testen zu lassen, braucht man eine „Ordonnance“, also eine ärztliche Verordnung von der „Santé“. Diese wird den Betroffenen in der Regel mit anderen Dokumenten zugeschickt. Daneben meldet sich die „Santé“ telefonisch bei den Leuten. Doch in diesem Fall passierte gar nichts. Am Montag kam lediglich ein Brief von der Regionaldirektion des Bildungsministeriums, welcher die Eltern über den positiven Fall und die anstehende „Mise à l’écart“ in der Schule informierte.

Die Mutter ist wütend. Gegenüber Tageblatt sagt sie am Donnerstag, dem 29. Oktober: „Bis heute hat sich weder bei mir noch bei den anderen Eltern jemand von der ‚Santé’ gemeldet.“ Viele Eltern seien verunsichert und wüssten nicht, wie sie nun vorgehen sollen. Eigentlich hätten sich die Kinder alle am Dienstag oder Mittwoch testen lassen müssen. Doch niemand habe eine „Ordonnance“ bekommen.

So kam es, dass die Mutter, wie ein paar andere Eltern auch, proaktiv vorgehen musste, und besorgte sich eine solche Ordonnance bei ihrem Hausarzt. Bei der Santé selber habe man die nicht beantragen können, weil man dort die Referenznummer der positiven Person angeben muss. Doch diese war den Eltern nicht bekannt, da sie ja eigentlich wegen des „secret médical“ nicht erfahren dürfen, welches Kind in der Klasse positiv ist. Später teilte die Lehrerin den Eltern die Referenznummer mit, nachdem sie bei den Eltern des positiven Kindes um Erlaubnis gefragt hatte.

Test im Labor ist ein enormer logistischer Aufwand

Erst am Donnerstag, dem 29., ging die Mutter zum Hausarzt und ließ sich eine Ordonnance ausstellen. Sie tat dies so spät, weil sie bis dahin die Hoffnung hegte, dass die Santé ihr eine solche zuschicken würde. Am Freitag werde sie sich dann wohl oder übel mit ihren zwei Kindern in eine Warteschlange stellen müssen. Zuerst wollte die Mutter eigentlich in eine Drive-in-Station fahren, merkte dann aber, dass diese nur Leuten vorbehalten sind, die eine Einladung zum Large Scale Testing erhalten haben. „Ich glaube, dass das nicht jeder weiß, welche Station oder welches Labor zu welchem Zweck dient“, sagt sie. Ein Laboratorium, das sie telefonisch kontaktierte, sagte ihr, dass sie mit mindestens zwei Stunden Wartezeit rechnen müsse.

„Das ist ein enormer logistischer Aufwand“, sagt die Mutter. „Wenn ich über zwei Stunden mit meinen kleinen Kindern im Herbstwetter draußen in einer Schlange stehe, dann muss ich das ordentlich planen.“ Die Kinder müssten während dieser Zeit in der Regel einmal auf die Toilette, bekämen Hunger, Durst, es wird ihnen kalt und sie langweilen sich. Zudem stehe man dort in der Schlange zwischen lauter potenziell positiven Personen, was sicherlich nicht risikofrei sei.

Wieso schickt die Santé den Eltern keine „Ordonnance“? Wieso meldet sich niemand bei den Eltern? Da die Infektionszahlen in Luxemburg seit vergangener Woche schier explodiert sind, kommt das Team des Contact Tracing nicht mehr nach. Auch auf Testresultate wartet man seither bis zu mehreren Tagen. Diese Missstände sind der Regierung auch bekannt, denn sie hat es unlängst zugegeben. Bildungsminister Claude Meisch versicherte allerdings vor wenigen Tagen in einem 100,7-Interview, dass dies keine Auswirkung auf das Tracing in den Schulen habe. Denn zwölf Mitarbeiter aus dem Bildungsministerium wurden der Santé zur Verfügung gestellt, um beim Contact Tracing zu helfen. Diese sollen sich also exklusiv um die Fälle in den Schulen kümmern.

Doch in Wirklichkeit scheinen auch diese zwölf Agenten völlig überlastet zu sein. Wieso sind die Eltern aus dieser Klasse bis zum siebten Tag nach dem letzten Kontakt noch nicht von der Santé angerufen oder angeschrieben worden? Wieso bekommen sie keine Ordonnance geschickt, ohne die sie ihre Kinder nicht testen lassen können?

Bildungsministerium bedauert lange Wartezeiten

Das Bildungsministerium sagt auf Tageblatt-Nachfrage, dass in der großen Mehrheit der Fälle die Eltern noch am selben Tag, an dem das Ministerium von einem positiven Fall in einer Klasse erfährt, durch Agenten kontaktiert werden. In unserem Fall wurden die Eltern eine ganze Woche lang nicht von einem solchen kontaktiert. Die Zustellung der Verschreibung unterliege allerdings der Santé, so das Bildungsministerium. Deshalb könne man sich dazu nicht äußern. Das Gleiche gelte für das Testen. Die Agenten des Bildungsministeriums könnten allerdings die langen Wartezeiten vor den Laboratorien bestätigen. „Das bedauern wir“, so die Pressesprecherin weiter.

Wir haben unsere Fragen zur „Ordonnance“ und zum Testen auch an die Santé gerichtet. Die Sprecherin sagt gegenüber dem Tageblatt, dass es aufgrund der starken Zunahme an Infektionen in den vergangenen Tagen tatsächlich zu Verspätungen beim Contact Tracing kam. Alleine in der letzten Woche seien es fast 10.000 Kontakte gewesen. Deshalb habe man auch den Aufruf gemacht, dass Leute, die in Kontakt mit positiven Personen waren, sich in Selbst-Quarantäne begeben sollten. Daneben wurde ein Formular ausgearbeitet, um den Prozess zu vereinfachen, an eine Verschreibung zu kommen. Das Team des Contact Tracing sei laut der Sprecherin dabei, aufgestockt zu werden, unter anderem durch Personal der Luxair. Das neue Personal sei in Zwischenzeit ausgebildet und die ganze „Cellule“ sei in ein anderes Gebäude gezogen, wo mehr Platz ist. „Unsere Mitarbeiter machen das Beste, um solche Verspätungen zu vermeiden. Dies sollte sich jetzt verbessern“, so die Sprecherin.

Es wäre ja in Ordnung, wenn man sagt, wir kommen nicht nach. Aber wenn Meisch behauptet, beim Tracing in den Schulen habe man alles im Griff, und in Wirklichkeit klappt gar nichts, dann macht mich das wütend.

Mutter eines Grundschülers

„Wenn die Agenten beim Kontaktieren und Tracen überfordert sind, dann sollte man das doch sagen und vielleicht die Klassen einfach direkt nach Hause in den Distanzunterricht schicken“, sagt die aufgebrachte Mutter. „Es wäre ja in Ordnung, wenn man sagt, wir kommen nicht nach. Aber wenn Meisch behauptet, beim Tracing in den Schulen habe man alles im Griff, und in Wirklichkeit klappt gar nichts, dann macht mich das wütend.“

Mir gesinn de Besoin dovunner awer absolutt a sinn an deem Kontext mat der Santé am Gespréich

Sprecherin des Bildungsministeriums über mobile Teststationen an den Schulen

Zur „Rentrée“ hatte Bildungsminister Claude Meisch neben den möglichen Szenarien des Stufenmodells auch zahlreiche Maßnahmen vorgestellt, die im Schuljahr 2020/21 eingeführt werden sollten. Darunter befand sich auch die Ankündigung einer mobilen Teststation, die bei Bedarf zu den Schulen kommen könnte. Eine solche Teststation würde in der aktuellen Situation sicherlich viele Probleme lösen. Das Bildungsministerium sagt auf Tageblatt-Nachfrage, dass eine solche Station bislang noch nicht zum Einsatz kam. „Mir gesinn de Besoin dovunner awer absolutt a sinn an deem Kontext mat der Santé am Gespréich“, so die Sprecherin des Bildungsministeriums. Ab wann eine solche Teststation eingesetzt werden kann, könne man nicht sagen, da die Gespräche noch laufen. Wieso solche Teststationen gerade jetzt, wo sie dringend gebraucht würden, noch nicht im Einsatz sind, ist also nicht bekannt. Wurde deren Bedarf nicht frühzeitig genug erkannt?

Wenn das Contact Tracing so lahm ist, dann wundert es mich nicht, dass in den offiziellen Bilanzen des Bildungsministeriums kaum Infektionsketten auftauchen. Wenn zeitnah nichts überprüft wird, können diese einfach nicht festgestellt werden.

Mutter eines Grundschülers

Die Geschichte aus der oben beschriebenen Grundschule geht allerdings noch weiter. Am Donnerstag, dem 29., wurden zwei weitere positive Fälle in der gleichen Klasse gemeldet: die Lehrerin und ein weiterer Schüler. Dies passierte also während der Zeit, in der sich die Klasse innerhalb der Schule isoliert hatte. Seit Freitag befindet sich die Klasse in Quarantäne und muss auf Distanz unterrichtet werden. Auch diesmal wurden die Eltern zuerst von der Lehrerin in Kenntnis gesetzt und zeitnah auch von der Regionaldirektion. Die Mutter schlussfolgert im Tageblatt-Gespräch, dass die Infektionen demnach nur innerhalb dieser Klasse stattfinden konnten, da alles drumherum heruntergefahren wurde. „Dann haben wir also nun einen Cluster“, sagt sie. Da sie wisse, dass sich fast keiner mangels „Ordonnance“ habe testen lassen können, sei die Quote von zwei positiven Fällen doch sehr hoch. „Wenn das Contact Tracing so lahm ist, dann wundert es mich nicht, dass in den offiziellen Bilanzen des Bildungsministeriums kaum Infektionsketten auftauchen“, sagt sie. „Wenn zeitnah nichts überprüft wird, können diese einfach nicht festgestellt werden.“

Als die Nachricht von den weiteren zwei Fällen am Donnerstag die Eltern erreichte, die vor der Schule standen, brachen manche in Tränen aus. Sie wüssten jetzt nicht mehr, was sie tun sollten. Denn die meisten Schüler haben sich noch nicht wegen des ersten Falles testen können – mangels Verschreibung. Nun müssten sie sich allerdings in sechs Tagen noch mal testen lassen, mit einer weiteren „Ordonnance“. Die Mutter beantragte bei ihrem Arbeitgeber den „Congé pour raisons familiales“, da ihr Kind nun in Quarantäne zu Hause ist. Doch der Arbeitgeber verlangte das betreffende Dokument der Santé, um den Sonderurlaub genehmigen zu können. Dieses Dokument wurde ihr aber noch nicht zugesendet.

Am Freitagabend um 18 Uhr bekam die Mutter endlich die lang ersehnte „Ordonnance“ vom Gesundheitsministerium zugeschickt. Im Brief steht, dass sie ihr Kind ab dem 27. (!) testen lassen solle. Sie las das am Abend des 30. Oktober. In dem Schreiben vom Freitag war allerdings nur die Rede von einem einzigen isolierten Fall in der Klasse. Die Empfehlungen wurden diesem Fall entsprechend gestellt. Doch seit Donnerstag ist ja bekannt, dass es zwei weitere positive Fälle in der Klasse gab. Die am Freitag, 18 Uhr erhaltenen Empfehlungen sind demnach nicht mehr aktuell. „Das ist sehr verwirrend“, sagt die Mutter.

Nun ist sie in dieser endlosen Geschichte gespannt darauf, wann der nächste Brief mit den aktualisierten Empfehlungen und der zweiten „Ordonnance“ eintreffen wird.

Facebook-Gruppe „Covid in Schools“

Auf Facebook hat sich eine Gruppe besorgter Eltern gegründet. Unter dem Namen „Covid in Schools“ haben sich über 850 Mitglieder innerhalb einer Woche dort angemeldet und in dieser Zeit eine lange Liste an Forderungen an Meisch gestellt. Sie sind sehr besorgt über die aktuelle Lage an Luxemburgs Schulen. Sie werfen dem Bildungsminister vor, nicht transparent genug über die Situation zu berichten. Die Eltern wollen wissen, wo es wie viele Fälle an den Schulen gibt. Diese Informationen sollten zeitnah und pro Schule erfolgen. Sie nennen als Beispiel die Europa-Schule, die dies vorbildlich auf ihrer Webseite angeben würde. Dieser Mangel an Transparenz führe zu vielen Gerüchten. Zudem sollten Eltern zeitnah über positive Fälle in der Klasse ihrer Kinder informiert werden, damit sie schnell handeln können. Dies gelte insbesondere dann, wenn vulnerable Leute im Haushalt mit den Kindern wohnen.

Marc
2. November 2020 - 17.06

Waat huet daat ganz dann mat Gambia ze dinn. Lauter Besserwesser hei. Wann Regierung Schold drun waer, dann missten sämtlech Regierungen an ganz Europa zerécktrieden. Ech hätt een ganz gudden Root un Iech all : Wann et Iech hei nët gefällt, dann wandert dach all aus, an dann waerd där emol grouss Aaen maachen, wei schlecht et am Ausland ass.

Pier
2. November 2020 - 11.35

De Meisch huet NÄISCHT mamm Tracing ze dinn, daat ass de Ressort vun der Santé. Daat Bescht waat de Regierungsrot kéint machen wier Mesuren ze huele wéi Frankraïch, dat géifen hei déi, déi elo wéinst enger ze lascher Regerungspolitik jäitzen, nach méi haart jäitze wéinst Freiheitsberaubung.

titi
2. November 2020 - 10.44

Wer hat in diesen Zeiten der Pandemie alles im Griff? Eine Illusion!

Fank
2. November 2020 - 8.48

Nidder mat Gambia!

Guy
1. November 2020 - 21.43

Wann mir "jikken" hätten, dann deifen mir demonstreieren bis Gambia geet! Leider hunn mir keng

Rosie
1. November 2020 - 14.00

Kein Wunder, wenn die Hälfte der Kids sich nicht testen lassen will.

GeTee
1. November 2020 - 13.00

@Jerome : Net nemen de Meisch, DIE GANZ REGIERUNG !!!!!!

BéGé
1. November 2020 - 12.23

Die Eltern haben die Kinder gemacht ohne Befragung des Schulministeriums .Umgekehrt gefahren , muss das Schulministerium aber die Eltern fragen was es mit deren Kinder machen darf , oder etwa nicht, ?

Jerome
1. November 2020 - 8.16

De Meisch muss zrecktrieden!

Günther
31. Oktober 2020 - 17.40

"Ohne „Ordonnance“ können sich die Schüler nicht, wie vorgeschrieben, am sechsten Tag testen lassen. Eltern müssen sich proaktiv um eine solche Verordnung kümmern. " Ja, Kinder machen Arbeit, jetzt müssen die Eltern sich auch noch um die Ärzte ihrer Kinder kümmern? Wo geht das hin? Da hört aber alles auf!

DanV
31. Oktober 2020 - 12.34

D'Santé verléiert administrativ d'Schlappen. Dat ass verständlech bei sou villen neie Fäll. Si brauchen Hëllef. An op den LST-Statiounen mussen endlech och Ordonnance vum Dokter akzeptéiert ginn. Dass dat nach ëmmer refuséiert gëtt ass net verständlech.

Arm
31. Oktober 2020 - 10.51

De Meisch hat nach néicht, huet a wärt och nie eppes an de Grëff kréien!