Freitag14. November 2025

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Naturschutzgesetz„Mehr Architektenpetersilie in neuen Siedlungsprojekten“: Das „Mouvement écologique“ kritisiert die Reform von Umweltminister

Naturschutzgesetz / „Mehr Architektenpetersilie in neuen Siedlungsprojekten“: Das „Mouvement écologique“ kritisiert die Reform von Umweltminister
Stellen sich gegen das neue Naturschutzgesetz (v.l.): Fernand Schoos, Claire Wolff und Blanche Weber vom „Mouvement écologique“ Foto: Editpress/Julien Garroy

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Pervertierung von Prinzipien, „Greenwashing“ und Naturschutz als Opfer für die Wohnbaukrise. Das „Mouvement écologique“ findet harte Worte für die Reformpläne von Umweltminister Serge Wilmes.

Vergangene Woche Mittwoch hat Umweltminister Serge Wilmes (CSV) der luxemburgischen Öffentlichkeit zum ersten Mal einen Einblick in das neue Naturschutzgesetz gegeben. Unter dem Titel „Liewe mat der Natur“ soll „grüne Infrastruktur“ in Städten und Gemeinden entstehen und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger verbessert werden. Der Umweltminister setzte seine Gesetzesreform in den Kontext des Regierungsprojektes „Méi a méi seier bauen“, an dem neben Wilmes’ Ministerium auch das Wohnungsbau- und das Innenministerium beteiligt sind. Die Vereinfachung von Prozeduren und Umweltauflagen als ein Schlüssel zur Lösung der Wohnungsbaukrise.

Das „Mouvement écologique“ hat sich dieser Sichtweise in einer Pressekonferenz am Montagvormittag vehement entgegengestellt. „Diese Reform geht auf Kosten des Naturschutzes und der Lebensqualität“, sagt Blanche Weber, Präsidentin der Organisation. Weil der politische Mut fehle, die wahren Ursachen der Wohnungsbaukrise anzugehen, werde der Naturschutz geopfert. „Es ist nicht der Naturschutz, der zur Wohnungsbaukrise führt“, so Weber. Statt sich auf Prozeduren und Vorgaben zu versteifen, solle die Regierung die grundsätzlichen Probleme angehen, zum Beispiel durch Mobilisierung von leerstehenden Wohnungen oder durch Sanierung und Renovierung von Wohnbestand. „Es wird geschätzt, dass derzeit je nach Gemeinde rund fünf bis zehn Prozent der Häuser und Wohnungen leer stehen“, heißt es beim „Mouvement écologique“. Dass nicht genug Bauland mobilisiert werden könne, liege außerdem weniger an der Naturschutz-Gesetzgebung als an den Besitzverhältnissen: „Einige wenige Eigentümer besitzen große Teile des Baulandes und halten dies zurück.“ Laut „Observatoire de l’habitat“ befinden sich 4.300 Hektar Bauland in der Hand von gerade einmal 0,5 Prozent der Bevölkerung.

Pervertierung des Prinzips „Natur auf Zeit“

Eine der zentralen in Wilmes’ Gesetzesprojekt vorgeschlagenen Maßnahmen trägt den Titel „Natur op Zäit“, ein Konzept, mit dem „die Entwicklung von natürlichen Elementen mit temporärem Charakter im städtischen Umfeld“ gefördert werden soll. Das „Mouvement écologique“ hatte sich bereits 2017 für die Einführung dieses Prinzips eingesetzt. Nun ist es das. Doch nicht so, wie von der Organisation gewollt. Man stehe zwar weiterhin zur Idee „Natur auf Zeit“, aber: „Die nun geplante Umsetzung und die Art und Weise, wie sie im Gesetzesprojekt argumentiert wird, stellt eine völlige Überfrachtung seiner Wirkung in der Praxis dar und ist mit erheblichen negativen Entwicklungen verbunden.“ Eine dauerhafte Durchgrünung von Städten und Gemeinden, wie sie sich der Minister mit seinem Gesetz erhoffe, sei mit diesen Mitteln nicht zu erreichen, so das „Mouvement écologique“. Wilmes hatte vergangenen Mittwoch erklärt, Grundstücksbesitzer könnten bis zu 15 Jahre lang der Natur freien Lauf lassen und sie dann wieder roden – ohne Kompensationen leisten zu müssen. Ein Knackpunkt: Die 15 Jahre sollen nicht erst ab Einführung des Gesetzes gelten, sondern rückwirkend. Das „Mouvement écologique“ nennt das eine „Pervertierung des Prinzips“. Man fürchtet, dass Bauträger dies ausnützen könnten, um bestehende Grünstrukturen ohne Ausgleich zu zerstören und damit die Grünflächen in Städten und Gemeinden zu reduzieren – das Gegenteil von Wilmes’ erhoffter Wirkung.

Völlig unausgereift sei auch die praktische Umsetzung der „Natur auf Zeit“, so das „Mouvement écologique“. Hier würden neue bürokratische Probleme geschaffen. Nur bestimmte Gehölzstrukturen fielen unter das Prinzip „Natur auf Zeit“, z.B. junge Gehölze, „Hecken und Gestrüpp“ von weniger als 15 Jahren, nicht jedoch sogenannte Feldgehölze oder ältere Bäume, schreibt die Organisation. Wer entscheide in Zukunft, ob es sich um eine 14-jährige Hecke handelt oder einen Baum, der weiterhin geschützt ist? „Wir brauchen Vereinfachung“, sagt Präsidentin Weber. „Aber das hier ist keine Vereinfachung.“ Wilmes’ Reform sei „Greenwashing“, die zu Recht thematisierten administrativen Probleme würden nicht behoben, sondern durch neue ersetzt.

Wir brauchen eine Durchgrünungsstrategie, die wirklich hilft, Biodiversität zu schützen und Lebensqualität zu schaffen

Blanche Weber, Präsidentin „Mouvement écologique“

Die Kritik des „Mouvement écologique“ ist bissig. Die neue Vorgabe der Regierung, die zehn Prozent grüne Infrastruktur bei neuen Bauprojekten von mehr als 20 Ar vorsieht, nennt die Organisation abfällig „etwas mehr Architektenpetersilie in neuen Siedlungsprojekten“. Zehn Prozent Grünstrukturen seien schön und gut, aber wenn es sich dabei um Rasengitter und begrünte Dächer handle, reiche das nicht aus. „Wir brauchen eine Durchgrünungsstrategie, die wirklich hilft, Biodiversität zu schützen und Lebensqualität zu schaffen“, sagt Weber. Das neue Gesetz von Minister Wilmes erfülle diese Aufgabe nicht. Im Gegenteil, es verstärke Ungerechtigkeiten, so die Präsidentin. So gelte beispielsweise auch das im Gesetzesprojekt angestrebte Ziel von 20 Prozent „couvert boisé“, Grünflächenanteil, pro Gemeinde für das gesamte Gemeindeterritorium. Wer dann in einer betonlastigen Ortschaft lebe, habe Pech gehabt, so das „Mouvement écologique“.

Am Ende kommt die Organisation zu einem deutlichen Ergebnis: Das „Mouvement écologique“ fordert die Umweltkommission der Chamber dazu auf, das von Minister Wilmes vorgeschlagene Gesetzesprojekt noch einmal grundlegend zu überdenken. Sollte das Gesetz in seiner aktuellen Form gestimmt werden, „werden wir dagegen vorgehen“, so Weber. Man werde alle juristischen Mittel nutzen und sich gegebenenfalls an die EU-Kommission wenden – wegen nicht konformer Umsetzung der EU-Direktiven zum Schutz der Biodiversität.

DanV
13. November 2024 - 13.49

"Es wird geschätzt, dass derzeit je nach Gemeinde rund fünf bis zehn Prozent der Häuser und Wohnungen leer stehen"

Geschätzt ? Esou Aussoe sinn onglafwierdeg, soulaang et keng Fakte ginn. En Hausbesëtzer léisst seng Proprietéit net verkommen.

Et gi Fäll vun Ierfsträitegkeeten an anere Komplikatiounen (z.B. Héichwaassergefor, klasséiert Gebaier, Ruinen, …), déi dozou féieren, dass Wunnengen an Haiser eidel stinn, mee déi 5-10 % huet iergendeen an d’Welt gesat an zënterhier gëtt et ëmmer erëm nogeplappert.

Par conter ginn ech dem Mouveco recht, wann se vun "Architektenpetersilie schwätzen". Wat a verschiddene Wunngebidder verbrach ginn ass, erënnert u Bëtongswüüst mat Alibi-Grings, wat grad esou gudd kéint aus Plastik sinn.

Artea
12. November 2024 - 13.08

Ass den Här Wilmes Ëmweltminister oder Logementsminister? En Ëmweltminister misst sech ëm den Ëmweltschutz këmmeren an de Logementsminister ëm die komplex Logementsproblematik.

Justine
12. November 2024 - 10.15

Am Moment sinn tausenden vun Haiser a Wunnengen zu Lëtzebuerg eidel an ze verkaafen. Et braucht een nëmmen op Internet kucken ze goen fir ze gesinn wéi grouss d'Offer ass. Also fir wat nach méi bauen? De Problem leit net bei der Offer mais beim Preis. E Minister deen dat net gemierkt huet, huet keng richteg Analys vun der Problematik gemach. Logementskris ass eng Kris vun héisch Präiser (soguer am sozialen Wunnungsbau) an do wëll natierlech keen eppes änneren...méi bauen op Kaschten vun der Natur ass fir mech an enger Zäit vun Klimawandel an Biodiversitätskris einfach irresponsabel an waert guer naischt un der Form vun Logementskris déi et hei am Land gëtt änneren...