Macron fordert Europa der Ehrgeizigen

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In Davos verzückt Frankreichs Präsident die Wirtschaftsbosse. Obwohl er ihnen auch ins Gewissen redet. Auch Merkel schmiert dem Franzosen Honig um den Mund.

Von unserem Korrespondenten Steffen Klatt, Zürich

Die Zukunft Europas war eines der Hauptthemen des Weltwirtschaftsforums am Mittwoch in Davos. Während Frankreichs Präsident Macron an eine ehrgeizige Kerngruppe denkt, die allein vorangeht, will Kanzlerin Merkel lieber den digitalen europäischen Binnenmarkt ausbauen.

Angela Merkel hat Emmanuel Macron am Mittwoch ein schönes Kompliment gemacht. „Mit der Wahl von Präsident Emmanuel Macron ist zusätzlicher Schwung in die Europäische Union gekommen“, sagte die deutsche Kanzlerin in ihrem Auftritt vor dem Weltwirtschaftsforum.

Merkel nannte auch sogleich die drei Bereiche, in denen aus ihrer Sicht dieser Schwung genutzt werden sollte. So müsse der digitale Binnenmarkt ausgebaut werden. „Daten sind der Rohstoff des 21. Jahrhundert“, so Merkel. Zudem müsse die Eurozone gefestigt werden: Die Kapitalmarktunion und Bankenunion müssten vervollständig, die Widerstandsfähigkeit gegenüber neuen Krisen gestärkt und Europa als Investmentstandort attraktiver gemacht werden. Und drittens müsste die gemeinsame europäische Außenpolitik gestärkt werden. „Wir müssen mehr Verantwortung übernehmen“, sagte Merkel. Viele der Konflikte der Welt fänden unmittelbar vor Europas Haustür statt.

Macron schaut über Merkel hinaus

Emmanuel Macron schob das Kompliment nur wenige Stunden später auf der gleichen Bühne mit leichter Handbewegung beiseite. Es gebe durchaus solche „kurzfristigen Probleme“ wie die Digitalisierung und die Migration, sagte der französische Präsident. Aber für Europa sei 2018 das Jahr einer auf zehn Jahre angelegten Strategie, mit der es auf Augenhöhe von Ländern wie China kommen müsse.

Diese Strategie solle bis Ende des Jahres vorliegen. Und wenn nicht alle verbleibenden 27 EU-Mitglieder bereit seien, sich daran zu beteiligen, dann müsste eine kleinere Gruppe vorangehen. „Es braucht eine Avantgarde“, so Macron. „Die Tür soll für alle offenstehen. Aber wer sich nicht bewegen will, sollte die anderen nicht aufhalten.“

„France is back“

Doch Macrons Botschaft an die in Davos versammelten Mächtigen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft war ohnehin eine ganz andere: „France is back“, sagte der abwechselnd auf Englisch und Französisch sprechende Präsident. Den ersten Teil seiner einstündigen und scheinbar freihändig gehaltenen Rede widmete er denn auch der Darstellung all der Erfolge, die seine Regierung aus seiner Sicht in den vergangenen gut sieben Monaten bereits erreicht hat. Das reichte von der Arbeitsmarktreform – „Damit wollen wir auf Deutschland und Nordeuropa aufschließen“ – über einen zehn Milliarden Euro schweren Fonds für „disruptive Innovationen“ bis zu einer Vereinfachung der Bürokratie.

Im dritten Teil seiner Rede unternahm Macron eine Tour d’horizon aller globalen Probleme, bei der er unter anderem seine Amtskollegen aus China, Indien und Argentinien komplimentierte. Auch hier die Botschaft: Frankreich ist als Führungsmacht zurück.

Zwischen diese beiden langen Teile war der kleine „Europateil“ der Rede eingebettet. Und auch dieser stand ganz im Zeichen der neuen französischen Größe: „Es gibt keinen französischen Erfolg ohne einen europäischen Erfolg.“

Appell ans Gewissen der Wirtschaftsführer

Nur in einem Thema trafen sich Merkel und Macron: Beide sprachen den versammelten Wirtschaftsführern ins Gewissen. „Die Spaltung der Gesellschaft ist eine der größten Herausforderungen in Zeiten der Digitalisierung“, sagte Merkel. Die Wirtschaftsvertreter dürften nicht vor lauter Begeisterung über disruptive Innovationen vergessen, alle Menschen in einer Gesellschaft mitzunehmen. Merkel schlug vor, eine Plattform für Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu schaffen, die helfen soll, eine solche Spaltung zu verhindern. Macron sagte es noch deutlicher: „Kurzfristige Gewinne reichen nicht. Es braucht auch einen Beitrag zum Wohl der Menschen.“ Der ehemalige Banker fügte hinzu: „Wir müssen der Globalisierung einen Sinn geben.“ Der Beifall im Saal war groß.

Tom
26. Januar 2018 - 16.29

Merkel gehört sowieso ins Gefängnis genauso wie Busch Senior und Junior und so manch anderer auch. Die freie Presse wird schwer unter Druck gesetzt und zum bedauerten von vielen guten Journalisten die nur aus Existenzangst mitziehen verlieren wir einen der wichtigsten Zweige der Demokratie. Die Globalisierung ist nicht der Freund der Völker sondern nur wenigen einzelnen die davon profitieren werden. Es ist viel mehr ein schönerer Name für modernen Totalitarismus mit Diktatur.

Grober Jean-Paul
25. Januar 2018 - 20.10

Die sollten vielleicht das Buch von Rudolf Diesel durchlesen.

Frank Bertemes
25. Januar 2018 - 17.38

Aha. Hat da endlich einmal ein Vertreter der Politelite die aktuelle Sinnlosigkeit der Globalisierung für die Massen des Globus' zugegeben? Interessante Aussichten zumindest. Auf die Sinngebung dürfte das gemeine Volk dann mal gespannt sein...

Fantastico
25. Januar 2018 - 17.26

Macron ist auch nur ein Schaumschläger der nur inkonsistente Inhalte im Repertoire hat!

Peter Mutschke
25. Januar 2018 - 15.05

Endlich mal jemand der frischen Wind und Ideen in die EU bringt. Hoffentlich werden seine Ansätze nicht wieder zerredet und verwässert.

Jacques Zeyen
25. Januar 2018 - 10.25

Endlich. Darauf warten wir schon lange. Der "Sinn der Globalisierung",wenn er denn nicht nur für Investoren gelten soll.