Machtprobe in Frankreich

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Die radikale Gewerkschaft CGT legt es auf einen Machtkampf mit Staatspräsident Emmanuel Macron an.

Die französischen Eisenbahnen haben am Gründonnerstag auf Krisenmodus umgeschaltet. „Gehen Sie davon aus, dass Sie ab Montagabend, dem 2. April, Schwierigkeiten haben werden, einen Zug zu bekommen“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Guillaume Pepy, über alle Fernsehsender und stellt die Franzosen auf eine verkehrsmäßige Katastrophe ein. Er rät, ab dann keinen Zug mehr zu nehmen.

Denn: Am kommenden Dienstag beginnt ein Streik, wie ihn Frankreich noch nicht erlebt hat. An jeweils zwei Tagen in der Woche wird gestreikt. In der kommenden Woche sind das der Dienstag und der Mittwoch. Dann wieder am 7. und am 8. April. Da man aber den Normalzustand nach zwei Streiktagen nicht einfach so wiederherstellen kann und mindestens einen Tag braucht, um die Dienstpläne wieder in Ordnung zu bringen, wird in Wirklichkeit an drei Tagen gestreikt.

Restrukturierung verhindern

Das heißt, in der kommenden Woche wird auch am Donnerstag der Zugverkehr noch nicht so richtig wieder funktionieren. Und wenn dann am dritten Tag alles wieder fast normal läuft, dann melden die französischen Eisenbahner schon ihren Streik für die darauf folgenden Tage an. So soll das nach dem Willen der radikalen Gewerkschaft CGT bis zum 28. Juni gehen. Im Grunde ist so für drei Monate ein Eisenbahnerstreik angesagt.

Die Gewerkschaft CGT tut das – zusammen mit anderen Eisenbahnergewerkschaften –, um eine Restrukturierung des Unternehmens zu verhindern. Präsident Emmanuel Macron hatte die Restrukturierung im Hinblick auf eine Liberalisierung der nationalen Strecken in Europa schon im Wahlkampf angekündigt. Er will jetzt die unterschiedlichen Teile des SNCF zu einem Konzern zusammenschmieden, will keine Beamten mehr mit lebenslanger Arbeitsplatzsicherheit, sondern nur noch Angestellte einstellen und das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umwandeln, deren Kapital unveränderlich in staatlicher Hand liegen soll.

24 Stunden Vorwarnung

CGT-Chef Philippe Martinez will das alles nicht. Er sucht den Konflikt mit dem Staatspräsidenten und beginnt einen Flächenbrand von Streiks. Da ist der Streik der Eisenbahner. Dann wird es am 7. April zum Streik bei Air France kommen. Streiks im Energiesektor – zum Beispiel in Kernkraftwerken – sind ebenfalls geplant, wie auch in anderen Branchen des öffentlichen Dienstes.

„Die Eisenbahner müssen 48 Stunden vorher ankündigen, ob sie streiken. Wir haben eine App eingerichtet – SNCF – und geben dort 24 Stunden im Voraus bekannt, welche Züge fahren“, sagt eine Sprecherin der SNCF gegenüber dem Tageblatt. Das Unternehmen hat sich mit einer E-Mail an ihre viel fahrenden Kunden („grand voyageur plus“) gewendet und ihnen die Salons auch an Streiktagen geöffnet. SNCF sichert zu, dass alle Fahrkarten bis zum 29. Juni ohne Ausnahme umgetauscht oder zurückgenommen werden.

Die Fronten sind verhärtet

Die Fronten sind derweil verhärtet. Anders als in anderen Ländern kennt Frankreich keine Streikkassen der Gewerkschaften. In der Regel erklären sich die Unternehmen in Verhandlungen nach dem Streik bereit, Löhne auch für die Streiktage zu bezahlen. Pepy hat hingegen erklärt, dass die SNCF die Tage vom 3. April bis zum 28. Juni
als einheitlichen Streikzeitraum sieht und für diesen Zeitraum pro Tag einen Dreißigstel des Arbeitslohnes abziehen wird. Dies soll dann auch für Ausgleichstage gelten, da nicht gearbeitet worden sei, um sie zu erwerben. Streikende französische Eisenbahner würden im Ernstfall für die Dauer des Streiks keinen Lohn bekommen.

Die französische Regierung geht davon aus, dass der Streikaufruf der Gewerkschaften bei den Eisenbahnern stark befolgt werden wird. Am nationalen Aktionstag der Beamten und der Eisenbahner waren 35 Prozent der Eisenbahner – eine überraschend hohe Quote – dem Aufruf zur Demonstration gefolgt.

Besonders betroffen werden von den Streikmaßnahmen der Großraum Paris und die Grenzregionen im Osten Frankreichs nach Belgien, Luxemburg und Deutschland. Die Grenzgänger, die auf den Zug angewiesen sind, werden größere Schwierigkeiten haben, an ihren Arbeitsplatz zu kommen. Der Machtkampf zwischen Gewerkschaften und Präsident Macron wird daher auch die Wirtschaft in den jeweiligen Nachbarländern betreffen.

Jacques Zeyen
31. März 2018 - 9.20

"Kapital-Aktiengesellschaft-keinen Kündigungsschutz" und korrupte Lobby-Politiker die sich plötzlich vor Gericht verantworten müssen. Germinal. Und noch einmal...Gesundheit,öffentlicher Transport und Bildung gehören nicht privatisiert gerade weil sie teuer sind. Denn Privatos wollen eines...Geld verdienen. Und wie macht man das????

duscholux
31. März 2018 - 8.17

Da soll die SNCF offenbar mit den katastrophal arbeitenden Resten der ehemaligen Deutschen Bundesbahn gleichgeschaltet werden. Oder sogar mit British Rail? Viel Spass und nein Danke.

Carl Hobichen
31. März 2018 - 8.16

Solidaritéit mat all deenen Leit déi den Zuch wellen huelen an op deenen hirem Reck deen Streik do ausgedroen gëtt!

Ekojhang
30. März 2018 - 23.13

Da hat Heng den Nagel auf den Kopf getroffen. Heute sind Gewerkschaften wichtiger als je zuvor. Aber das ist leider vielen noch nicht klar bis auch sie vom Neoliberalismus betroffen sind!

Rick
30. März 2018 - 23.09

Firwaat mussen d'suen fum Staatsbierger an Auslaendeschen Konflikter investeiert ginn

Heng
30. März 2018 - 22.06

Die "radikale CGT"... dat aus der Fieder vun engem Neoliberalen... an enger Gewerkschaftszeitung! Déi ganz Panikmache an Katastrofenterminologie hei. Solidaritéit mat der CGT an de franséische Kolleginnen a Kollegen!