Maas und Cavusoglu gehen auf Distanz zu Kramp-Karrenbauers Syrienplan

Maas und Cavusoglu gehen auf Distanz zu Kramp-Karrenbauers Syrienplan
 Foto: DPA

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Ein Blitzbesuch des deutschen Außenministers Maas in Ankara bringt eine deutliche Abfuhr für den Syrienplan der CDU-Chefin. Entspannung zwischen Maas und seinem türkischen Amtskollegen bringt er nicht.

Von Michael Fischer und Christine Röhrs, dpa

Der deutsche Außenminister Heiko Maas und sein türkischer Kollege Mevlüt Cavusoglu räumen dem Plan von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer für eine UN-Schutztruppe in Nordsyrien aktuell keine Chance ein. «Überall wird uns gesagt, das sei kein realistischer Vorschlag», sagte Maas am Samstag nach einem Treffen mit Cavusoglu in Ankara. In dem Gespräch habe der Vorschlag der CDU-Chefin für eine von Blauhelmsoldaten geschützte Sicherheitszone daher auch kaum eine Rolle gespielt. «Für Dinge, die im Moment eher theoretischen Charakter haben, hat uns die Zeit gefehlt, weil den Menschen in Syrien die Zeit für theoretische Debatten fehlt.»

Kramp-Karrenbauer hatte Anfang der Woche im Alleingang die Sicherheitszone im Grenzgebiet zur Türkei vorgeschlagen. Die Türkei war am 9. Oktober in Nordsyrien einmarschiert, um die von ihr als Terrororganisation angesehene Kurdenmiliz YPG zu verdrängen.

Maas und seine SPD haben sich nicht hinter den Vorschlag Kramp-Karrenbauers gestellt. Auch Cavusoglu nannte den Plan während des gemeinsamen Auftritts mit Maas «nicht realistisch». Präsident Recep Tayyip Erdogan habe die Idee schon vor Jahren unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeschlagen. Aber nun seien am Boden andere Akteure aktiv, unter anderem das syrische «Regime» und Russland. «Insofern finden wir diesen Vorschlag mittlerweile nicht mehr sehr realistisch.» Er empfahl, dass man sich in Deutschland erst einmal untereinander einig werde.

Kritik auch aus den eigenen Reihen

Kramp-Karrenbauer hatte ihren Vorschlag am Donnerstag auch bei einem Nato-Treffen vorgestellt. Öffentlich hat sich noch kein Land dahinter gestellt. Auffallend deutlich kritisierte auch der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet die Initiative seiner Parteichefin. «Ich glaube, so etwas kann man besser abstimmen in einer Koalition», sagte er der «Augsburger Allgemeinen» (Online). Überhaupt sei Vieles noch im Ungefähren, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident, der in der Frage der Kanzlerkandidatur als potenzieller Konkurrent von Kramp-Karrenbauer gilt.

Ein Ziel der international massiv kritisierten türkischen Offensive war die Einrichtung eines Grenzstreifens unter türkischer Kontrolle, aus der sich alle Kurdenmilizen zurückziehen sollten. Dort will die Regierung zudem Millionen syrische Flüchtlinge ansiedeln, die bisher in der Türkei leben und zunehmend als Bürde wahrgenommen werden.

Die Türkei und Russland haben sich inzwischen darauf verständigt, nordsyrische Grenzgebiete zur Türkei gemeinsam zu kontrollieren. Eine mit Russland vereinbarte 150-stündige Feuerpause zum Abzug der YPG-Kämpfer soll am Dienstagabend Ortszeit auslaufen.

Maas betonte, man müsse sich jetzt mit den Themen auseinandersetzen, die für die Menschen in Syrien wichtig seien: eine dauerhafte Waffenruhe, humanitäre Hilfe und Fortschritte auf dem Weg zu einer politischen Lösung des Konflikts. «Das sind die Dinge, für die wir jetzt Entscheidungen brauchen, für die wir jetzt mehr Gemeinsamkeit brauchen.» Darüber habe man sich auch intensiv ausgetauscht.

Warnung vor dem erhobenen Zeigefinger

Die Gespräche fanden in gespannter Atmosphäre statt. Nachdem Maas am Donnerstag angekündigt hatte, dass er nach Ankara reisen werde, um dort unter anderem auf eine dauerhafte Waffenruhe zu dringen, hatte sein Amtskollege ihm – öffentlich – zu verstehen gegeben, dass er mit «erhobenem Zeigefinger» nicht willkommen sei.

Der Beginn der Pressekonferenz war nicht freundlicher. Zur türkischen Offensive in Nordsyrien werde vor allem aus Deutschland «ungerechte und schwere Kritik» gegen die Türkei laut, sagte Cavusoglu. «Wegen der extremen Reaktionen gegen unsere Offensive «Friedensquelle» aus der deutschen Öffentlichkeit, den politischen Parteien und Medien wurde unser Vertrauen leider erschüttert», sagte Cavusoglu. Die Türkei erwarte, dass Deutschland «entsprechend dem Geiste unseres gemeinsamen Bündnisses» handele – gemeint ist die Nato.

Ein Treffen mit Präsident Recep Tayyip Erdogan gab es für Maas diesmal nicht. Auch Erdogan hatte Maas Äußerungen zu Syrien übelgenommen. Hinsichtlich wegen der Offensive verhängter deutscher Rüstungsexportbeschränkungen hatte er ihn türkischen Medienberichten zufolge vor rund zehn Tagen während einer Flugreise nachgerade heruntergemacht und ihn einen politischen «Dilettanten» genannt.

Noch während Maas im Land war, warnte Erdogan erneut, dass die Türkei den Millionen syrischen und anderen Flüchtlingen im Land die Türen Richtung Europa öffnen werde, sollte sie für ihre Pläne für die Pufferzone in Nordsyrien und die Ansiedlung von Flüchtlingen keine Hilfe bekommen. Dafür hatte die Türkei bei deutschen Politikern wiederholt geworben. «Wenn die Projekte, die wir entwickelt haben, um in einer ersten Phase ein bis zwei Millionen … der Syrer in unserem Land zurückzuschicken, nicht unterstützt werden, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als unsere Grenzen zu öffnen. Dann öffnen wir die Grenzen und sie sollen nach Europa laufen», sagte Erdogan der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge.

Erdogan droht mit „gesamter Säuberung“

Erdogan kündigte demnach außerdem erneut an, dass die Türkei ihre Militäroffensive wieder aufnehmen werde, sollte der Abzug der Kurdenmilizen aus den mit Russland vereinbarten Gebieten nicht umgesetzt sein. «Wenn am Ende der 150 Stunden diese Gegend nicht von Terroristen gesäubert ist, dann werden wir die Sache in die Hand nehmen und die gesamte Säuberung vornehmen», sagte Erdogan.

Aus Sicht von Verteidigungsminister Hulusi Akar läuft der Abzug von Kurdenmilizen aber derzeit «nach Plan». Das sagte Akar Anadolu zufolge in Brüssel.

Das russische Verteidigungsministerium warf währendessen US-Truppen massiven Diebstahl großer Ölmengen aus Syrien vor. Das Öl werde gefördert, abgefüllt und außer Landes gebracht, sagte Generalmajor Igor Konaschenkow einer vom Ministerium veröffentlichen Mitteilung zufolge. Es widersprach damit der Darstellung aus Washington, nach der die US-Truppen die Ölquellen unter anderem vor islamistischen Terroristen schützen. Das Pentagon hatte angekündigt, zusätzliche Truppen zum Schutz der Ölfelder im Osten Syriens zu schicken. Russland fordert seit langem den kompletten Abzug der US-Truppen.

Nach einer Umfrage lehnt rund die Hälfte der Bundesbürger eine Beteiligung der Bundeswehr an einer internationalen Schutztruppe in Syrien ab. In der Online-Erhebung des Instituts Civey für die «Augsburger Allgemeine» (Samstag) erklärten 49 Prozent der gut 5000 Befragten, sie seien gegen eine deutsche militärische Beteiligung. 40 Prozent befürworteten einen Bundeswehr-Einsatz.

 

KTG
27. Oktober 2019 - 14.53

"die gesamte Säuberung vornehmen"... also schlichtweg einen kompletten Genozid. Nach dem Motto: "Diesmal machen wir es aber ordentlich." Sollte aber nicht klappen. Die Russen sind bereits vor Ort. Die Amis sind wieder in Qamishlo (und munter an einem Plakat für Assad vorbeigefahren) und die Syrer haben bereits Tausende Soldaten in den Norden verlegt. Weitere Kolonnen in Richtung Norden wurden bereits beobachtet, unter anderem im bisher kurdisch regierten Tabqa. Sollten die bisherigen Berichte über den Tod von Al-Bagdadi in Idlib, 5 km von der türkischen Grenze entfernt, stimmen, sind die Türken mal wieder bis auf die Knochen blamiert. Angeblich haben die Amerikaner die Russen via "de-confliction line "kontaktiert, die Türken hingegen nicht.

Klar
27. Oktober 2019 - 12.21

Hätte sie nicht besser zuerst das kaputte Segelboot zu reparieren das ihre Vorgänger in den Sand gesetzt haben?