Neue InitiativeLuxemburgs Süden: Esch und Villerupt sollen sich gemeinsam weiterentwickeln

Neue Initiative / Luxemburgs Süden: Esch und Villerupt sollen sich gemeinsam weiterentwickeln
Die „Liaison Micheville“ ist nicht die einzige Möglichkeit, damit die Gemeinden im luxemburgisch-französischen Grenzgebiet enger aneinanderrücken und gemeinsam an der Zukunft im Siedlungsraum arbeiten Foto: Editpress/Isabella Finzi

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Wie kann sich die Grenzregion um die Städte Esch/Alzette auf luxemburgischer und Villerupt auf französischer Seite gemeinsam weiterentwickeln? Darum geht es am Donnerstag in Belval. Dort fällt der Startschuss für eine Initiative, die sich IBA nennt und die vor allem durch Kreativität und Bürgernähe die Herausforderungen der kommenden Jahre angehen will. Soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte stehen im Mittelpunkt. Zum Wohle der Menschen, die in diesem Siedlungsgebiet leben und arbeiten.

Die Zukunft der Menschheit steckt in den urbanen Ballungsräumen. In den großen, wie zum Beispiel um Paris herum. Aber auch in den kleineren, in den sogenannten Stadtregionen. Als solche gelten beispielsweise Luxemburg-Stadt und Umgebung oder die „Nordstad“, aber auch eine Region wie die zwischen Esch/Alzette auf luxemburgischer und Villerupt auf französischer Seite. 

„Dieses kleine Ballungszentrum hat großes Potenzial“, sagt Landesplanungsminister Claude Turmes („déi gréng“). Um die 90.000 Menschen leben in diesem Grenzgebiet. Dazu gehören die Gemeinden Sanem, Monnerich, Schifflingen und Esch auf der einen Seite, Rédange, Russange, Thill, Villerupt, Audun-le-Tiche, Aumetz, Ottange und Boulange auf der anderen.

Damit die Entwicklung zum Wohle der Menschen und der Umwelt verläuft, ist Planen die halbe Miete. Genau das geschieht am Donnerstag in Belval, das ungefähr in der Mitte dieses Siedlungsraumes liegt. In der „Maison du savoir“ wird über Zukunftsfragen in diesem Ballungsraum geredet. Es ist der Startschuss für ein Projekt, das sich IBA, „Internationale Bauausstellung“, nennt.

Kreative Ideen gesucht

Hinter diesem leicht sperrigen Begriff verbirgt sich eine Idee, die in Deutschland geboren wurde und die in Fachkreisen großes Ansehen genießt. IBA ist eigentlich nichts anderes als das Bestreben, das Leben in Städten und im Raum dazwischen auf Dauer zu verbessern. Es geht darum, ganz konkret auf die Herausforderungen des ausgewählten Gebietes einzugehen. Deshalb ist jede neue IBA-Initiative auch ein Experimentierfeld der Stadt- und Regionalentwicklung. Berücksichtigt werden neben ästhetischen und technologischen zunehmend soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte und – vor allem die Menschen, die dort leben und arbeiten.

Der Weg ist das Ziel. Denn, was genau dabei rauskommt, was man auf dem Weg entdeckt und wie man die Herausforderungen meistert, steht nicht von vorneherein fest. Es ist ein kreativer Prozess, bei dem viele kleine Schritte das Ganze ein großes Stück weiterbringen sollen. So sind bei IBA-Initiativen in Heidelberg, Stuttgart, Hamburg oder Basel die Hälfte aller Projekte erst im Laufe des Prozesses entstanden.

An der IBA „Alzette Belval“ arbeitet das GECT („Groupement européen de coopération territoriale“) zusammen mit höchsten Regierungsstellen. Für Luxemburg sind es das Energie- und Landesplanungsministerium sowie das Wohnungsbauministerium. Hinzu kommen Partner wie zum Beispiel die Universität Luxemburg oder das Zentrum für Architektur LUCA. Sie und andere sollen mit nach kreativen Ideen suchen helfen. Rund 310.000 Euro sind für die ersten zwei Jahre als Budget vorgesehen.

An Pioniergeist anknüpfen

„Häuser in Esch/Alzette und Audun-le-Tiche oder Villerupt zeugen von einer reichen Vergangenheit und hoher Dynamik. Daran wollen wir anknüpfen und den Pioniergeist weiter beleben, um gemeinsam mit allen Beteiligten nach neuen Entwicklungsmöglichkeiten zu suchen“, so Claude Turmes. In der Tradition der IBA liege es, die richtigen Fragen zu Urbanismus und Architektur zu stellen und nach der bestmöglichen Entwicklung zu streben. „Die IBA hat den Anspruch, zu einem Mehrwert beizutragen. Sie ist wichtig für Esch und für Luxemburg, aber als Modell für städtische und regionale Planung auch weit darüber hinaus.“

Landesplanungsminister Claude Turmes („déi gréng“) will den Pioniergeist beleben
Landesplanungsminister Claude Turmes („déi gréng“) will den Pioniergeist beleben Foto: Editpress

Turmes betont den grenzüberschreitenden Charakter der Initiative. In Basel, im Raum zwischen Schweiz, Frankreich und Deutschland, wurden im Rahmen einer IBA erste „Grenz-Erfahrungen“ gesammelt. Die Initiative, die am Donnerstag vorgestellt wird, ist erst die zweite, die in einem Grenzgebiet stattfindet. „Wir denken, dass es wichtig ist, eine politische Identität zu schaffen, dort wo Grenzen weniger wichtig sind und werden.“

Minister Turmes weist darauf hin, dass es jetzt, vielleicht mehr als bei bisherigen IBA-Initiativen, darauf ankommt, dass die Menschen aus der Region mit eingebunden werden, sich einbringen und mitentscheiden können. Sie sollen mit dazu beitragen, das Projekt sichtbar zu machen und eine Identität zu schaffen.

Eigentlich soll in diesem Grenzgebiet stärker zusammenwachsen, was eh zusammengehört, weil es in vielen Bereichen eine gemeinsame oder ähnliche Vergangenheit hat. Durch die Eisenerzminen, die Stahlindustrie oder die italienischen Einwanderer, die sich auf Arbeitssuche dort niedergelassen haben. Das italienische Filmfestival von Villerupt, das seit Jahren auch in Esch und Düdelingen mit veranstaltet wird, ist nur ein Beispiel für den bestehenden kulturellen Austausch.

Kulturjahr 2022 als Chance

Mit dem Startschutz am Donnerstag beginnt eine Art Vorbereitungsphase, damit es dann 2022 losgehen kann. Pünktlich zum Kulturjahr. „Das Kulturjahr ist eine Chance. Beide Projekte können sich befruchten und Werbung machen für die Region“, so Claude Turmes.

Auch die Nutzung der Industriebrachen „Terres rouges“, die zu einem Drittel auf Luxemburger und zu zwei Drittel auf französischer Seite liegen, gehört zum Projekt. Dort soll ein Mix aus grenzüberschreitender Aktivitäts- und Wohnzone entstehen, so Claude Turmes. „Ungewöhnliche Begegnungsorte sollen geschaffen und die Natur in den Mittelpunkt gerückt werden.“

Eine der Herausforderungen besteht auch in einem Ausbau des öffentlichen Transportes. Da ist noch einiges zu tun, damit dann auch zusammenkommen kann, was zusammengehört. Übrigens: Es wird für die Initiative noch nach einem Motto gesucht, das die erhoffte Dynamik griffiger auf den Punkt bringt als IBA. Kreative Köpfe dürfen sich gerne melden!