BürgerpartizipationLuxemburg soll mitbestimmen: Drei mögliche Szenarien für die Zukunft der Luxemburger Wirtschaft

Bürgerpartizipation / Luxemburg soll mitbestimmen: Drei mögliche Szenarien für die Zukunft der Luxemburger Wirtschaft
Wirtschaftsminister Franz Fayot setzt auf Bürgerideen in Sachen Zukunftsplanung Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Wirtschaftsminister Franz Fayot will wissen, wie sich Luxemburgs Bürger die Zukunft der Luxemburger Wirtschaft vorstellen. Bisher liegen drei Szenarien auf dem Tisch, die nun in einem breit angelegten partizipativen Prozess ergänzt werden sollen.

„Luxembourg Stratégie“ heißt die Abteilung im Wirtschaftsministerium, die sich mit Luxemburgs Zukunft beschäftigt. Oder besser: Zukünften. Denn: Die Abteilung arbeitet zusammen mit Akteuren aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft Szenarien aus, wie die Luxemburger Wirtschaft 2050 aussehen könnte. Anhand derer soll dann eine auf Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtete Strategie entworfen werden. „Die ausgearbeiteten Szenarien sind extrem zugespitzt“, sagte Wirtschaftsminister Franz Fayot (LSAP) bei der Vorstellung auf einer Pressekonferenz am Freitag. Die Wahrheit liege wohl irgendwo in der Mitte. „Ohne mich an eine Vorhersage wagen zu wollen: Letztlich werden wohl Elemente aus allen Szenarien eintreten.“  

Nachdem Unternehmen ihre Ideen bereits einbringen konnten, will das Wirtschaftsministerium nun die Vorstellungen von Luxemburgs Bürgern einholen und in seinen Szenarien mit berücksichtigen. Deshalb soll eine breit angelegte Öffentlichkeitskampagne auf die vom 2. Dezember bis 9. Januar laufende Umfrage aufmerksam machen. „Jeder, der mit der Luxemburger Wirtschaft in Kontakt kommt, soll an der Umfrage teilnehmen“, so Fayot. Das zähle unter anderem auch für Luxemburgs Grenzpendler. Im März sollen die Resultate der Umfrage vorgestellt werden.

Drei Szenarien

Szenario eins, genannt „Schlafwandeln im Angesicht der Transitionen“, käme der derzeitigen Realität am nächsten. Luxemburg würde demnach 1,1 Millionen Einwohner haben, das Wirtschaftswachstum bei zwei Prozent des jährlichen Bruttoinlandproduktes liegen. Der Klimawandel wäre verschlafen worden, die Erderwärmung würde bei über zwei Grad Celsius liegen. Das Sozialsystem Luxemburgs – inklusive Tripartite – würde weiterhin bestehen, wenn auch der Druck ungleich größer geworden wäre.

Szenario zwei wird mit dem Schlagwort „Bioregionaler Kreislauf“ umschrieben. Die Erderwärmung würde in dem Fall auf unter zwei Grad Celsius liegen, jedoch würden neben dem Bevölkerungswachstum auch Wirtschaft, Gehälter, Renten und Sozialversicherung stagnieren. Der Luxemburger Finanzplatz wäre „dunkelgrün“ und würde vor allem die Energietransition finanzieren.

Techno-digitaler Optimismus heißt das dritte Szenario. Luxemburg würde 1,2 Millionen Einwohner zählen und ein großes Wirtschaftswachstum aufweisen – das jedoch zulasten der Lebensqualität gehen würde: Standardisiertes Bauen müsste dem Druck auf dem Wohnungsmarkt nachkommen, freie Arbeitsplätze gäbe es nur sehr wenige. Auch den Klimawandel hätte man nicht bekämpfen können – stattdessen würde auf „geo-engineering“ gesetzt, um die Folgen abzufangen.

Grundpfeiler bleiben

„Keines dieser Szenarien ist erstrebenswert und ich hege auch keine Präferenzen“, sagte Wirtschaftsminister Franz Fayot. Es seien drei Extremfälle, innerhalb derer Luxemburgs Zukunft liegen könnte. Deshalb werde jetzt auch die Meinung von Luxemburgs Bevölkerung und Arbeitnehmern eingeholt. „Das gibt der Politik ein Instrument in die Hand, um Entscheidungen zu treffen, die Luxemburg dann in eine gewisse Richtung leiten sollen“, so Fayot. „Wir sind ja keine Planwirtschaft und können anhand unserer Strategien auf ein mögliches Ziel hinarbeiten, aber eben nicht garantieren.“ Eine Strategie, wie man auf die verschiedenen Entwicklungen antworten wolle, müsse aber sehr wohl ausgearbeitet werden.

Dass mit der Bürgerbefragung keine Revolution ausgelöst wird, wird spätestens dann klar, wenn das Wirtschaftsministerium und „Luxembourg Stratégie“ auf einige Grundpfeiler der Luxemburger Zukunft hinweisen. „Der Finanzplatz spielt in allen drei Szenarien eine Rolle“, sagte Fayot, der aber auf die verschiedenen Investitionsmöglichkeiten hinwies. Die Weichen, die jetzt gestellt würden, spielten auch in Zukunft eine Rolle. „Der Space-Sektor hat ja enorm Potenzial, das auch genutzt werden kann, um unsere Probleme auf der Erde zu lösen“, meinte der Wirtschaftsminister.


Wirtschaftsreise nach Südkorea

Das Thema Weltraum wird das Wirtschaftsministerium auch in den kommenden Tagen beschäftigen – und Südkorea. Dort begeben sich Franz Fayot und der Luxemburger Erbgroßherzog Guillaume zusammen mit einer Wirtschaftsdelegation hin, um unter anderem am Korea Space Forum teilzunehmen. Es ist der erste Besuch eines Luxemburger Wirtschaftsministers in Südkorea, seit Etienne Schneider das Land im Jahr 2019 besucht hat. Das Tageblatt begleitet die Wirtschaftsmission nach Südkorea und wird aus Seoul berichten.

„Koreaner“ im MNHM

Erbgroßherzog Guillaume und Premierminister Xavier Bettel (DP) haben kürzlich die Ausstellung „Koreaner“ im „Musée national d’histoire militaire“ (MNHM) in Diekirch besucht. Die Ausstellung ist den 85 luxemburgischen Freiwilligen gewidmet, die dem Aufruf der Vereinten Nationen folgten, um sich im Koreakrieg von 1950 bis 1953 zu engagieren.

Luxemburg und Südkorea haben 1962 erstmals diplomatische Beziehungen zueinander aufgenommen. Außenminister Jean Asselborn hatte in seiner Rede zur Luxemburger Europa- und Außenpolitik bekannt gegeben, dass Luxemburg eine Botschaft in Seoul aufbauen will, um die bilateralen Beziehungen weiter zu verstärken. Das Großherzogtum zählt laut Informationen des staatlichen Pressedienstes (SIP) 192 südkoreanische Staatsangehörige, die am 1. Januar 2022 in Luxemburg registriert sind. Die Zahl der in der Republik Korea lebenden Luxemburger sei weiterhin „begrenzt“.