Tageblatt: Vor fünf Jahren gründeten Sie, Sandy Artuso und Enrica Pianaro, die ASBL „Laboratoire d’études queer, sur le genre et les féminismes“ (LEQGF). Wo stehen Sie heute?
Enrica Pianaro: Wir wurden offensichtlich gebraucht, denn: Wir erhielten in den vergangenen fünf Jahren viele Anfragen von Institutionen, unter anderem vom Museum Villa Vauban, vom Ministerium für Gleichstellung und Diversität (MEGA) oder auch von den Gleichstellungsbüros der Gemeinden. Uns freut besonders, dass niemand die Zusammenarbeit als „one shot“ verstand. Die Beteiligten waren alle gewillt, die eigene Struktur zu überdenken, Verantwortung zu ergreifen und sich selbst einzubringen – und genau das wollen wir mit unserer Arbeit erreichen.
Welche Meilensteine haben Sie erreicht?
Sandy Artuso: Das Projekt „Queer Possibilities – Queering the Museum“ in Zusammenarbeit mit der Villa Vauban war ein Höhepunkt. In der Regel sprechen uns Institutionen an, die sich ohnehin mit unseren Themen befassen; die Bitte des Museums stellte also ein Novum dar: Wir führten auf Nachfrage eine Bestandsaufnahme der internen Struktur und der Dauerausstellung durch; wirkten bei den Führungen „Queer Gaze“ mit und veröffentlichten unsere Ergebnisse in einer Broschüre. Das öffnete uns die Tür zu anderen Sektoren. Aufgrund dieses Projekts wurden wir im Juni zu den „assises culturelles“ zum Thema „Zugang zu Kultur“ eingeladen. Ein weiteres Herzensprojekt ist die Studie „Luxembourg LGBTIQ+ Panel“, die wir 2024 auf Eigeninitiative lancierten.
Über LEQGF
Die ASBL „Laboratoire d’études queer, sur le genre et les féminismes“ (LEQGF) wurde 2020 von Sandy Artuso (Philologin), Enrica Pianaro (Soziologin) und Josée Thill (Philosophin) gegründet. Das Ziel: Queer und Gender Studies in Luxemburg voranzutreiben. Das ehrenamtliche Team bearbeitet Anfragen von außen, organisiert Veranstaltungen sowie Weiterbildungen, forscht und publiziert seine Erkenntnisse in den frei zugänglichen Online-Publikationen „Cahiers QGF“. Weitere Informationen: leqgf.lu.
Was ist das?
E.P.: Wir organisierten 14 thematische Fokusgruppen, bei denen die LGBTIQ+-Communitys in Luxemburg zusammenfanden. Wir suchten nach Antworten, fernab der Statistiken: Wie geht es queeren Menschen im Großherzogtum wirklich? Wie schätzen sie ihre eigene Lebenssituation ein? Wie muss sich das Land verändern, damit LGBTIQ+-Personen sich wohlfühlen? Wir sind dabei, die Kernaussagen auf einzelnen Informationsblättern zusammenzufassen – die zu „Diskriminierung und Recht“ und zu „Hochschulbildung“ sind bereits online. Am Ende folgt ein analytischer Bericht; das Projekt endet Anfang 2026.
Und wie geht es LGBTIQ+-Menschen in Luxemburg?
S.A.: Luxemburg ist – entgegen häufigen Annahmen – kein Paradies für LGBTIQ+-Personen. Viele Diskussionsteilnehmende finden sich weder in der Mehrheitsgesellschaft noch in den LGBTIQ+-Communitys zurecht. Letzteres trifft vor allem auf jene zu, die in ländlichen Regionen wohnen: Dort mangelt es an Angeboten.

E.P.: Dasselbe gilt für queere Frauen! Junge LGBTIQ+-Menschen erwähnten außerdem, dass sie sich im Alltag mehr „role models“ wünschen. Sie sind unsicher, wie sie sich im öffentlichen Raum bewegen sollen. Dürfen sie auf der Straße Händchen halten? Wie sollen sie sich kleiden? Es findet schon fast eine Autozensur unter ihnen statt, weil sie kaum nahbare Vorbilder haben. Offen homosexuelle oder queere Persönlichkeiten aus der Luxemburger Politik und Kultur spielen in ihrem Alltag keine Rolle oder sind ihnen kein Begriff.
Ist das Unwohlsein auf die Petition zurückzuführen, die 2024 ein Verbot von LGBT-Inhalten an Luxemburgs Schulen forderte?
E.P.: Die Debatte wurde in den Fokusgruppen erwähnt, markiert aber nicht die „kopernikanische Wende“. Die Situation queerer Menschen war auch zuvor problematisch. Solche Angriffe sind nicht neu, sondern Ausdruck einer tief verwurzelten Heteronormativität (Vorstellung, dass Heterosexualität und stereotype Geschlechterrollen die einzig richtige Lebensweise sind; d.Red.), die für Betroffene immer spürbar ist.
2018 strich Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban Gender Studies von der Liste zugelassener Masterstudiengänge und Doktorstudien; ähnliche Entwicklungen beobachten wir unter US-Präsident Donald Trump. Welches Standing haben Gender und Queer Studies in Luxemburg?
E.P.: Der LEQGF wurde gegründet, weil es Luxemburg an entsprechenden Studiengängen und etablierten Forschungseinheiten fehlt. Zwar bestehen einzelne Projekte – wie die Forschungen der Historikerin Sonja Kmec – und engagierte Personen, aber die Verankerung der Forschungsfelder an der Universität Luxemburg bleibt aus.
Gender Studies leicht erklärt
Gender Studies bezeichnen eine Wissenschaft, die sich mit der Bedeutung von Geschlecht für Politik, Kultur und Gesellschaft befasst. Die Geschlechterforschung ist ein interdisziplinäres Fachgebiet, das die Geschlechterverhältnisse eingehend untersucht. Das Ziel ist, grundlegende Kenntnisse über Privilegien und Diskriminierung ausgehend vom Geschlecht zu ermitteln. (Quelle: fes.de)
S.A.: Wenn an der Universität Projekte laufen, in denen LGBTIQA+-Personen mitgedacht werden, ist das für mich lediglich ein Mindestmaß an demokratischer Arbeit und weit entfernt von dem, was in anderen Ländern geboten wird.
Woran liegt das?
E.P.: Es gibt eine strukturelle Queerfeindlichkeit an den Universitäten und bei den Geldgebenden, die solche Projekte oft als Nischenthema abtun oder ihnen gesellschaftliche Relevanz absprechen.
Was halten Sie dem entgegen?
E.P.: Für mich sind Queer und Gender Studies mehr als Theorie: Sie sind aus sozialen Bewegungen entstanden und zielen darauf ab, gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen. Forschung sollte nicht im Elfenbeinturm der Universität stattfinden, sondern einen kritischen Blick auf gesellschaftliche Strukturen ermöglichen und konkrete Verbesserungen mit sich bringen. Unsere Herangehensweise ist deswegen vielfältig: Neben den Recherchen und Auftragsarbeiten gehen wir gezielt auf die Menschen zu und geben ihnen Werkzeuge an die Hand – zum Beispiel, um queerfeindliche oder Anti-Gender-Narrativen zu erkennen und darauf zu reagieren.
Wie versuchen Sie, ein breites Publikum zu erreichen?
E.P.: Im Oktober veranstalten wir beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem „CID Fraen an Gender“ einen Workshop für Erwachsene über Kinder- und Jugendliteratur zu LGBTIQA+-Themen – ein polarisierendes Thema, wie wir alle wissen. Die Idee: Wie können wir mittels Literatur altersgerecht mit Kindern über diese Sujets sprechen? Das betrifft nicht nur Forschende, sondern alle, die mit jungen Menschen in Kontakt stehen.

Verraten Sie uns Ihre Zukunftspläne?
E.P.: Wir verstehen unsere Arbeit als Ergänzung zu den Aktivitäten anderer Organisationen wie „CID Fraen an Gender“ oder LGBTIQA+-Interessenvertretungen. Wir wollen durch unsere Expertise Institutionen und Organisationen weiterhin beraten, queer-feministische Ansätze zu integrieren – etwa indem das MEGA nicht-binäre Menschen in seinen Datenerhebungen berücksichtigt oder indem weitere Museen ihre Angebote kritisch hinterfragen. Auch wollen wir die historische Forschung zu Gender, Queerness und Feminismen in Luxemburg wieder aufnehmen, die wegen anderer Projekte „on hold“ war.
Ein Wunsch, bevor Sie die Geburtstagskerzen ausblasen?
E.P.: Die langfristige Sicherung der ASBL LEQGF: Wir arbeiten derzeit ehrenamtlich und stoßen dabei an unsere Grenzen, weil die Nachfrage kontinuierlich steigt.
S.A.: Für nachhaltige Projekte und qualitative Forschung benötigen wir eine verlässliche Finanzierung. Ohne strukturelle Mittel wird es schwer, mehr als punktuelle Veranstaltungen oder Beratungen anzubieten.
De Maart

Et gett een dem Gefill net lass, als ob desst juste en Scam wier. Mir maachen eng Studiengrupp op 3-4 Unien op, mir "ennersichen" Problemer dei mer selwer kreieren, bei deenen d Resultat schon virun der Studie feststeht. Et gëtt ëmmer e Problem et sinn ëmmer dei Anner d Schold, et ass ëmmer alles Ongerecht, well wier dem net esou, wier dest "Studengebitt" jo net mei "relevant". Dann scheckt een seng "Studie" un eng aner Uni fir den Peerreview, dess ass natierlech och deel vum Scam an seet "JO GANZ RELEVANT". D'Uni freet sech natierlech och, vill Anschreiwungen an vill Geld, vun Leit dei kenn Studiengang an enger seriöer Wëssenschaft keinten packen. An domat demonteieren mir den Status vun seriöen Studien, firwaat d'Politik se ëmmer méi oft einfach kann ignoreieren. Wann mir wirklech d Recherch vun der Kribsfurschung z.B. ob den nämlechten Stellenwert ewei eng "Gender-Etude" demonteieren, hun mir als Gesellschaft versoot.
Da hab ich doch per KI gelesen, dass es bis zu 60 Geschlechter gibt: Androgyner Mensch, Androgyn, Bigender, Weiblich, Frau zu Mann, Gender variabel, Genderqueer, Intersexuell (oder auch inter*), Männlich, Mann zu Frau, Weder-noch, Geschlechtslos, Nicht-binär, Weitere, Pangender, Trans, Transweiblich, Transmännlich, Transmann, Transmensch etc.
Da stelle ich mir doch die berechtigte Frage... was wäre wenn es das ganze normale Paar aus Mann und Frau nicht geben würde? Dann würden logischerweise die restlichen 58 Arten doch garnicht existieren... oder?