EditorialLenert vs. Meisch: Weshalb die Regierung keine Corona-Strategie hat

Editorial / Lenert vs. Meisch: Weshalb die Regierung keine Corona-Strategie hat
Zwei Minister, eine Regierung – keine Strategie: Luxemburgs Pandemiebekämpfung lässt zu wünschen übrig Foto: Editpress/Julien Garroy

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Hat die Regierung eine Corona-Strategie? Anders gefragt: Hatte sie eigentlich je eine seit dem Lockdown? Krisenmanager zu belehren, wäre müßig. Allerdings werden die widersprüchlichen Zielsetzungen und die zum Teil sinnbefreiten Regeln immer deutlicher: Die Stärkung des Wirtschaftslebens, das Aufrechterhalten des Schulbetriebs und die Bekämpfung der Pandemie gleichen der Quadratur des Kreises. In Luxemburg hofft man nicht auf das Beste und ist auf das Schlechteste vorbereitet: Man ist schlecht vorbereitet und hoffnungslos überfordert. Der Premier warnt vor Leichtsinn, philosophiert über Sensibilisierung, lässt aber seine Minister die Risiken abwägen. Als unbeteiligter Beobachter, zu Gast in einer Regierung, ein Primus inter pares wider Willen.

An vorderster Front des Geschehens stehen stattdessen Paulette Lenert und Claude Meisch. Während die Gesundheitsministerin wie der neue „Santé“-Direktor wirkt, nimmt der Bildungs- und Forschungsminister es nicht so genau mit der Wissenschaft. Lenert schraubt die einst ambitionierten Ziele Woche für Woche zurück, Meisch tritt Tag für Tag nach. Aus der flachen Kurve ist inzwischen ein leicht resigniertes „de Virus net ausrotten, mee ausbremsen“ geworden. Die Gesundheitsministerin bleibt zumindest ihrer Linie treu: Die Kontrolle über das Infektionsgeschehen nicht verlieren. Und auch dem Bildungsminister kann man nicht vorwerfen, einen Zickzackkurs zu fahren: Er ignoriert stur, was ihm Forschung und Gesundheitsexperten nahelegen. Dass er sich demokratietheoretisch um das Wohl der Schüler sorgt – geschenkt. Wer will ihrem Anspruch auf Bildung im Weg stehen? Weniger idealistisch ist hingegen Meischs sekundäre Zielsetzung, die ihn seit Wochen auf Konfrontationskurs mit Lenert bringt: Hier der Kampf für Sensibilisierung, das Unterbrechen von Infektionsketten und das Nachvollziehen von Cluster-Bildungen, dort das liberale Laisser-faire, arbeitspolitische Cowboy-Methoden und ein unterschwelliger Aufstand gegen die „Santé“.

Das Resultat: Systemische Zusammenhänge werden ignoriert – jeder Minister kocht sein eigenes Süppchen. Die aktuelle Debatte über die Teilquarantäne ist der Höhepunkt dieser seit Wochen beobachtbaren Entwicklung. Sie offenbart grundlegende Probleme der Regierung bei der Pandemiebekämpfung: müde Kommunikationspolitik, den gefährlichen Tanz auf juristischem Glatteis und sinkende Akzeptanz der Corona-Maßnahmen. Und als wäre all dies nicht genug, dürfte die Debatte dazu führen, dass in vielen Wirtschaftszweigen die Forderung nach Lockerungen der Vorsichtsmaßnahmen lauter wird. Übelnehmen kann man es niemandem: Die Signalwirkung der widersprüchlichen Maßnahmen lässt kaum einen anderen Schluss zu. Wenn die Regierung jedoch nur noch die Isolation von Covid-19-Patienten ernst nimmt, die Quarantänevorschriften für Kontaktpersonen hingegen weiter verwässert, entwickeln sich Kriseninstrumente wie das Contact Tracing zur wirkungslosen Pflichtübung.

Anna B
27. September 2020 - 10.26

Thank you for this article, finally I start to understand what is happening here. As so far it made no sense. It’s a shame that the prime minister whose party after all got the most votes amongst the 3, seems to have no say. It’s as if people elected LSAP. It’s only a shame we are all guinea pigs.

MarcL
26. September 2020 - 11.45

Sou laang Better op den Intensivstatioune fräi sinn kann ee sech déi dooten Art a Weis vläicht leeschten. Wat d´Politik awer scheinbar net bekëmmert ass d´Schicksal vun de Menschen déi an déi Better musse geluet ginn.

Mia
25. September 2020 - 20.49

Wisou an d Schoul masken wann d Kanner kennen op spielplatz goen.. Wann bei verschiedenen Leit doheem Party maan (Jugendlech) an alles ouni Mask. Wou ass d Logik... Déi kleng kanner kréien schon Angscht gemaacht wann si d Mask net undoen... Alles geet ze weit../ geet einfach duer. / keng masken méi an d Schoulen.

max
25. September 2020 - 14.22

ganz gud geschriwwen, ech hat scho gemengt mir hätte keng Journaliste méi am Land, déi ee kritischen Blêck hätten max

Tom Haas
25. September 2020 - 12.04

Es handelt sich um ein Editorial. Das ist ein Meinungsbeitrag. Freundliche Grüße aus der Redaktion

Carlo
25. September 2020 - 11.08

Super Artikel genau den Nol op Kapp getraff

Arm
25. September 2020 - 10.52

@Jemp/ Si komplett mat Iech averstaan. An anscheinend hat kee Mënsch se gewielt soen hir Wieler. ;-)

Pascal
25. September 2020 - 10.12

Dieser Artikel ist aber mehr Meinung als Fakten. Ich hätte schon gerne vom Autor einige Beispiele gewusst wo Herr Meisch wissenschaftliche Ratschläge ignoriert. In der Schule wurden strenge Hygienekonzepte eingeführt und durchgesetzt. Als Vater sehe ich im Moment eher grosse Problem beim Schülertransport, Stichwort überfüllte Busse! Und für die unverständliche Teilquarantäne ist die Santé, also Frau Lehnert zuständig

Jemp
25. September 2020 - 9.36

Ausgerechnet der Bildungs- und Forschungsminister ignoriert stur, was die Wissenschaft ihm nahelegt. Der Bock ist der Gärtner. Der zweite Bock ist der Mobilitätsminister, der sich jegliche Mühe gibt, den Verkehr endgültig zusammenbrechen zu lassen. Und beide sind zum zweiten Mal am Werk, obschon der Wähler nach ihren ersten Missetaten deutlich ausgedrückt hat, dass beide nicht mehr erwünscht sind.

Berna
25. September 2020 - 9.20

Si genau äerer Meenung. Gutt beschriwwen!

Dany
25. September 2020 - 8.05

Wow ech sin iwwerrascht emol e kriteschen Bericht hei ze liesen. Nawell ob de Punkt bruecht. Genau wéinst der Inkohärenzen huelen vill Leit deen ganzen Tralala ëm deen Virus net méi eescht waat des Leit awer net zu Verschwörungstheoretikern mécht. Nee des Leit informéieren sech am Detail a sin intelligent. Leider geheien vill Matbierger des kritesch Mënschen all an een Dëppen. Schued. Waarden mer of waat nach kënnt. Ech sin zouversiichtlech dass et en normale Virus as ewéi all Aaneren an déi ganz Panik vir 't Kaatz as.