Relevant (5): BriefträgerLeere Straßen, mehr Pakete: Wie die Pandemie den Alltag des Postboten beeinflusst hat

Relevant (5): Briefträger / Leere Straßen, mehr Pakete: Wie die Pandemie den Alltag des Postboten beeinflusst hat
Roland Keller ist Briefträger in Kayl Foto: Editpress/Cédric Feyereisen

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Sich durch Auszeiten oder Heimarbeit vor einer Corona-Infektion schützen, das geht nicht in jedem Beruf. Wir haben uns in der Serie „Relevant“ mit einigen „Helden des Alltags“ unterhalten, die immer auf Posten sein müssen – oft, ohne dass das der Öffentlichkeit richtig bewusst ist. Dieser Serienteil dreht sich um den Briefträger Roland Keller. Der 43-Jährige bringt den Menschen seit über zehn Jahren Briefe und Pakete nach Hause – momentan arbeitet er in Kayl. Im Tageblatt-Gespräch redet er über den Teil der Arbeit, den niemand sieht, eine Einladung zum Nachbarfest und wie die Pandemie seinen Beruf beeinflusst hat.

Tageblatt: Wie fängt der Tag eines Briefträgers an?

Roland Keller: Mein Tag fängt morgens um 6 Uhr an. Die Briefe stehen fertig in Kisten bereit und wir müssen diese dann für unsere Tour im Verteilersystem auf einzelne Fächer aufteilen. Danach beladen wir das Fahrzeug und verteilen die Briefe, Pakete und eingeschriebenen Briefe in unserem Bereich. Die Runde ist dann gegen 13.30 Uhr fertig. Anschließend erledige ich meine Büroarbeit und habe dann Feierabend.

Was ist das Beste am Beruf?

Ich arbeite an der frischen Luft, mit Kunden und eigenständig. Wenn viele Briefe verteilt werden müssen, muss man sich gut einteilen können, damit der Arbeitstag nicht länger dauert als nötig. Das macht den Beruf so interessant. Und dann nicht zu vergessen: das, was die Menschen zurückgeben. Die Kunden bedanken sich manchmal und sagen: „Ich bin froh, dass du unser Briefträger bist. Danke, dass du mir das rechtzeitig mitgebracht hast.“ Das sind Sachen, die vergisst man nicht. Manchmal bekommt man auch Schokolade oder einen Kaffee. Ich wurde sogar schon einmal auf ein Nachbarfest eingeladen.

Das heißt, als Briefträger hat man wirklich noch eine Verbindung zu den Menschen?

Definitiv. Ich bin sowieso sehr gesprächig und gehe gerne auf Menschen zu. Dann baut man auch eine Beziehung zu den Bewohnern auf. Man sieht diese Menschen ziemlich oft – dann baut man automatisch eine gute Beziehung zu ihnen auf.

Und was ist das Schwierigste am Briefträgerdasein?

Bei Unwetter draußen unterwegs sein, ist nicht unbedingt angenehm.

Der Tag von Roland Keller fängt um 6 Uhr morgens im Sortierzentrum in Bettemburg an
Der Tag von Roland Keller fängt um 6 Uhr morgens im Sortierzentrum in Bettemburg an Foto: Editpress/Cédric Feyereisen

Wie hat die Pandemie Ihren Arbeitsalltag beeinflusst?

Am Anfang war es von Vorteil, dass alle Menschen zu Hause waren – dadurch konnte jeder sein Paket auch wirklich entgegennehmen. Auf den Straßen war weniger los, das ist natürlich auch einfacher und angenehmer. Gleichzeitig wusste niemand so wirklich, was auf uns zukommt. Man musste auch die Distanzregeln einhalten. Mittlerweile ist das Meiste allerdings wieder so, wie es vor der Pandemie war. Nur dass die Menschen auch weiterhin sehr viele Pakete online bestellen – und ein großer Onlinehändler sticht natürlich hier stark hervor. Neben den Briefträgern, die ausschließlich kleinere Pakete liefern, haben somit auch die Paketzusteller mehr Arbeit. Die Menschen gehen mittlerweile weniger in Geschäfte einkaufen und haben sich daran gewöhnt, mehr online zu bestellen.

Das heißt, der Umgang mit den Menschen hat sich wieder normalisiert?

Ich habe schon das Gefühl, dass die Menschen noch immer mehr auf Distanz bleiben – das hat sich noch nicht eingependelt. Sie fragen uns dann, ob es nicht möglich ist, die Pakete und Briefe vor der Türschwelle abzulegen, ohne sie direkt entgegenzunehmen.

Wie hat es sich angefühlt, komplett alleine durch die Straßen zu fahren?

Am Anfang war es wirklich wie in den Western-Filmen – es hat nur noch ein Steppenläufer gefehlt. Es war schon etwas gespenstisch. Nach ein paar Tagen habe ich mich daran gewöhnt. Man kommt definitiv besser voran ohne Stau und ohne Baustelle. Das war ein Vorteil. Natürlich war der Lockdown im Allgemeinen nicht besser, aber zu dem Zeitpunkt zu arbeiten war schon in Ordnung.

Relevant – die Serie

Das Coronavirus hatte Auswirkungen auf fast jeden Beruf in unserer Gesellschaft. Einige dieser Jobs standen weniger im Fokus der Öffentlichkeit. Und trotzdem waren auch sie auf eine gewisse Weise „relevant“. Was macht diese Berufe aus – und die Menschen, die sie ausüben? Für unsere Serie „Relevant“ haben wir uns mit ihnen unterhalten.

Das heißt, Sie liefern auch Pakete aus?

Ja, kleine Pakete – bis etwa DIN-A3-Format – sind Teil unserer alltäglichen Arbeit.

Haben Sie das Gefühl, dass die Menschen Ihre Arbeit jetzt mehr zu schätzen wissen?

Am Anfang haben die Menschen wirklich Dankbarkeit gezeigt, aber mittlerweile hat sich das wieder normalisiert. Das ist wie beim Pflegepersonal: Am Anfang applaudierten die Menschen und jetzt ist das wieder wie vorher. 

Was wissen die Menschen nicht über Ihren Job?

Wir haben auch Vorbereitungsarbeit. Die Menschen glauben, dass um 6 Uhr alles fertig vorbereitet auf uns Briefträger wartet, wir dann ausfahren und um 14 Uhr fertig sind. Niemand sieht die Vorbereitungsarbeit, bei der Briefe, Werbung und Pakete erst einmal für die Runde aufgeteilt werden. Das sieht man erst, wenn man hier arbeitet.

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Gaston de la Piquouse
18. Oktober 2021 - 14.14

Waat ass iwregens mat eisen Coronahelden e.a. den Infirmieen an Infirmiären geschitt ,déi sech aus guddem Grond nët impfen gelooss hun, eng gudd Froo , oder ?