Laut und virtuos: „At The Drive-In“ in Luxemburg

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At The Drive-In sind am Montagabend mit Les Butcherettes und Death From Above im Schlepptau nach Luxemburg zurückgekehrt.

Laut und virtuos – so kann der Montagabend im Atelier kurz und knapp zusammengefasst werden. Wobei das den unterschiedlichen Darbietungen der drei Bands Les Butcherettes, Death From Above (auch als Death From Above 1979 bekannt) und At The Drive-In nur bedingt gerecht wird.

Les Butcherettes eröffneten den Abend in dem zu jenem Zeitpunkt noch spärlich gefüllten Atelier. Das mexikanische Trio bestehend aus Teri Gender Bender (Gesang, Geschrei, Gitarre, Keyboard), Riko Rodríguez-López (Bass, Keyboard), übrigens der jüngste Bruder von At The Drive-In-Gitarrist Omar Rodríguez-Lopez, und Alejandra Robles Luna (Schlagzeug) erzeugte Bassfrequenzen, die die Bauchdecke vibrieren ließen. Synthie-Noise? Garage-Punk? Schwer zu beschreiben, was da aus den Boxen drang. Es war jedenfalls sehr gut, wenn auch verrückt, und hatte viel Druck und Charme.

Die exaltierte Performance von Teri Gender Bender trug zum positiven Gesamteindruck bei. Sie machte Luft-Kung-Fu-Tritte, schrie ohne Mikrofon von der Bühne, schlug sich die Hände vor und ins Gesicht und stammelte Unverständliches ins Mikrofon. Sie ging auch in die Menge und trieb dort ihr ausdrucksstarkes Spiel weiter. Es ist nicht verwunderlich, dass Les Butcherettes ihre bisherigen Alben auf den Labels von Omar Rodríguez-López und Mike Patton (Faith no More, Mr. Bungle) veröffentlicht haben. Beide sind bekannt für ihren speziellen, um nicht zu sagen avantgardistischen Musikgeschmack.

Aus drei wurden zwei – Les Butcherettes gingen und das kanadische Duo Death From Above kam. Bassist und Keyboarder Jesse F. Keeler und Sebastien Grainger, der sang und dabei Schlagzeug spielte, hatten keine Mühe, zu zweit das Publikum zu unterhalten und zu begeistern. Der eine stand links; der andere saß rechts. Es lag an Keeler, die Bühne zu füllen, was ihm dank seiner Agilität gelang. Und das ohne viel von seinem Gesicht preiszugeben. Das versteckte er nämlich hinter einem Vollbart und seinen halblangen Haaren, die beim fast ständigen Kopfschütteln die restlichen kahlen Hautstellen bedeckten. Mit dem rasanten „The Physical World“ beendeten sie ihren 40-minütigen Set.

Menschgewordener Flummi

Bei At The Drive-In stand Vortänzer Cedric Bixler-Zavala im Mittelpunkt. Der Sänger mit der imposanten Afrofrisur hüpfte wie ein menschgewordener Flummi über die Bretter. Auf ihrer aktuellen Tournee stehen er und seine Mannen für gewöhnlich auf recht großen Bühnen. Doch auch auf der verhältnismäßig überschaubaren Bühne des Atelier fand er sich zurecht und ließ sich in seinem Bewegungsdrang nicht wirklich einschränken.

At The Drive-In gingen gleich in die Vollen und gönnten sich erst nach vier schmetternden Songs, namentlich „Arcarsenal“, „No Wolf Like the Present“, „Pattern Against User“ und „Hostage Stamps“, mit „189d“ von der 1999 veröffentlichten EP „Vaya“ eine erste Verschnaufpause. Aber sie unterbrachen den rhythmischen Dauerbeschuss nur für kurze Zeit, denn danach ging es weiter mit „Sleepwalk Capsules“ vom 2000er Album „Relationship of Command“ neben „The Shape of Punk to Come“ (1998) von Refused einer der Post-Hardcore-Meilensteine. Zudem spielten At The Drive-In zudem „Invalid Litter Dept.“, „Enfilade“, „Quarantined“ und „One Armed Scissor“, ihren wohl größten Hit. Mit letzterem beendeten sie den Abend im längst vollgepackten Atelier und unterstrichen abermals, dass sie 24 Jahre nach ihrer Gründung noch live überzeugen können – obwohl nicht alle Songs die Fans mitrissen.

Kai Florian Becker