„Lycée des arts et métiers“Längst mehr als „nur“ Handwerkerschule

„Lycée des arts et métiers“ / Längst mehr als „nur“ Handwerkerschule
Die Handwerkerschule auf dem Limpertsberg Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Im März jährte sich der Geburtstag des „Lycée des arts et métiers“ (LAM) zum 125. Mal. Corona-bedingt mussten die Feierlichkeiten zwar verschoben werden, doch das Jubiläum wird dennoch gebührend gefeiert. Sich selbst schenkte die Schule eine Ausstellung, von der Post gab es eine Briefmarke. 

Der Minister für Wohnungsbau und innere Sicherheit, Henri Kox, erinnert sich mit wehmütiger Stimme an seine Zeit als Lehrer am „Arts et métiers“. Ab 1990 unterrichtete der Diplom-Ingenieur an der Limpertsberger Schule, bis er 2004 in die Chamber gewählt wurde. Vor allem bleibe ihm die Art und Weise, wie man dort unterrichtet, in Erinnerung. Als Lehrer hat er zusammen mit zwei Kollegen und 50 Schülern das Elektroauto  „Râ-le-sol“ gebaut, das mit Sonnenenergie fuhr. Obwohl einige Personen dem Projekt wahrscheinlich kritisch gegenübergestanden, habe man sie machen lassen, sagt Kox, der Präsident des Festkomitees ist. Und dies sei ein wichtiges Element der Schulphilosophie. Schülern werde die Möglichkeit gegeben, ihr Potenzial dort einzusetzen, wo sie wollen. Wissen vermitteln solle mehr sein als nur das, was in den Büchern steht. Es müsse auch angewandt werden, was im LAM der Fall ist. Genauso wichtig sei die Interdisziplinarität.

LAM-Direktor Fabrice Roth weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Frontalunterricht – das heißt, der Lehrer hält einen Vortrag und die Schüler hören brav zu – eh längst nicht mehr aktuell ist. Seit langem schon werden die Schüler des LAM dazu ermutigt, in Gruppenarbeiten ihre Kompetenzen zusammenzulegen.

„Lycée des arts et métiers“, „Lycée technique des arts et métiers“: Der Name der Schule änderte sich mehrmals im Laufe der Jahrzehnte, doch für Generationen war es einfach nur „d’Handwierkerschoul“. Diesen Namen will die Schule allerdings nicht zu sehr in die Vitrine stellen. Wegen der negativen Konnotation, sagt Roth. Man versuche heute weg von diesem Image zu kommen, das den Namen „Handwierkerschoul“ lange begleitete. Die Schule sei heute wesentlich mehr als „nur“ eine Schule, in der man ein Handwerk erlernen könne.

Was sie auch eigentlich nie war, denn von Anfang an wurden klassische Handwerksberufe in den Bereichen Bau und Mechanik neben Kunstberufen unterrichtet. Mittlerweile umfasst das Lehrangebot sowohl den klassischen wie auch den technischen Sekundarunterricht sowie Postsekundarstudien auf BTS-Ebene („Brevet de technicien supérieur“). Was die Berufsaussichten angehe, so seien die allerdings gerade für Handwerker noch immer gut, sagt Roth.

Die Briefmarke zum Jubiläum
Die Briefmarke zum Jubiläum LAM

Religion und Sprachen

Gegründet wurde die Schule offiziell am 14. März 1896 auf Initiative des damaligen Staatsministers Paul Eyschen, mit dem Ziel, Handwerkern neben technischen Kenntnissen auch eine allgemeine Ausbildung zu geben. Aus heutiger Sicht erscheint es sonderbar, dass das damalige Gesetz an erster Stelle die Religion erwähnt: „En dehors de certaines branches du programme des écoles primaires supérieures, telles que la religion et la morale, les langues allemande et française (…)“, heißt es u.a. im Gesetzestext.

Gratis war der Unterricht damals für die Schüler noch nicht, sie mussten einen Beitrag zahlen, der maximal auf 40 Franken pro Jahr festgelegt war. Im Gesetz ging damals von einer „Ecole d’artisans“ die Rede. 1958 wurde die Schule in „Ecole des arts et métiers“ umbenannt, wohl um auch die Kunstberufe hervorzuheben. Als 1979 im Rahmen der Berufsausbildung jede Sekundarschule zum Lyzeum wurde, wurde die Schule in „Lycée technique des arts et métiers“ umbenannt. 2015 fusionierte das „Lycée technique“ mit dem „Uelzecht-Lycée“ zum „Lycée des arts et métiers“. 

Erster Standort der Schule war in einer Artilleriekaserne im Stadtzentrum, „um Piquet“. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zog die Schule in ein ehemaliges Gebäude des Jesuitenordens auf dem Limpertsberg um. Colette Mart, zuständige Schulschöffin der Gemeinde Luxemburg, bezeichnet die Schule als wichtigen Teil des Limpertsberger Viertels, in dem sie selbst seit 40 Jahren wohnt. Die dortigen Schulen verliehen dem Viertel einen besonderen Charakter, so hätten sich z.B. die zahlreichen Imbisse im Viertel auf die spezielle Kundschaft eingerichtet. Die Gemeinde Luxemburg ist u.a. mit ihren Kunsteinrichtungen und mehreren ihrer Abteilungen Partner des LMA. Schüler erhalten dort nicht nur einen Einblick in die Arbeitswelt, sondern können auch Kunst für sich entdecken.

Heute ist das LAM auf drei Standorte in der Hauptstadt verteilt: Limpertsberg, Dommeldingen und im Stadtzentrum, in der rue de la Congrégation.

Geburtstagsaktivitäten

Um das 125-jährige Bestehen gebührend zu feiern, wollte man nicht eine einfache Ausstellung, in der die Höhepunkte der LAM-Geschichte gezeigt werden, sagt Direktor Fabrice Roth. Jeder Schüler und Lehrer sollte seinen Beitrag dazu leisten können. Der Geburtstag werde so gefeiert, wie es der Tradition des Hauses entspreche, indem die Schüler aktiv an den Vorbereitungen und den Geburtstagsaktionen beteiligt werden. Der Künstler Edmond Oliveira wurde beauftragt, eine Ausstellung zu schaffen, die die gesamte Schulgemeinschaft repräsentiert. Die Schüler wurden gefragt, warum sie das LAM besuchen. Ihre Antworten werden in grafischer oder akustischer Weise unter dem Titel „Think ahead“ im Tramsschapp ausgestellt. Eine zweite, ebenfalls von Schülern gestaltete Ausstellung, wird in Kürze im Tunnel beim Aufzug Grund eröffnet werden; bei dieser steht das menschliche Leben im Mittelpunkt.

Pünktlich zur Ausstellung haben Schüler der Klasse der 4GSN zusammen mit dem „Service Parcs“ der Gemeinde Luxemburg  eine Blumenwiese nahe dem Limpertsberger Geäude angelegt. Schließlich hat am 11. Mai 2021 die Post zu Ehren des LMA eine Briefmarke in einer Auflage von 100.000 Stück herausgegeben. Das Bild der Marke ist das Ergebnis eines Wettbewerbs unter BTS-Studenten, der von dem angehenden Grafiker Charel Lepage gewonnen wurde.

Eine traditionelle „séance académique“ zum Jubiläum wird es auch geben, allerdings wurde diese aufs nächste Jahr verschoben.

Die Ausstellung 

Die Ausstellung „Think ahead“, die heute im Beisein des Großherzogs offiziell eröffnet wird, ist bis zum 20. Juni 2021 im Tramsschapp (49, rue Ermesinde) zu sehen. Mo.-Fr., 9.00-12.00, 13.00-17.00 Uhr, Sa. & So. 14.00-17.00 Uhr. Obligatorische Anmeldung über die Website: www.artsetmetiers.lu/events

Teil der Ausstellung im Tramsschapp
Teil der Ausstellung im Tramsschapp Foto: LMA
Zweigstelle des LAM in der rue de la Congrégation
Zweigstelle des LAM in der rue de la Congrégation Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante
2015 wurde das „Uelzecht-Lycée“ in Dommeldingen Teil des „Lycée des arts et métiers“
2015 wurde das „Uelzecht-Lycée“ in Dommeldingen Teil des „Lycée des arts et métiers“ Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

trotinette josy
8. Juni 2021 - 0.04

Das waren noch Zeiten, in den 1970er Jahren, als ein ehemaliger Militäroffizier dementsprechend als Direktor die Schule leitete und die Handwerkerschule fest in den Händen der AFP ( Action Familiale et Populaire ) unter derem Präsidenten Nicolas Estgen war.

titi
4. Juni 2021 - 19.05

Die Handwerkerschule hat eine ruhmreiche Vergangenheit. Sie war mit Abstand die beste und anspruchsvollste ihrer Art hierzulande, mit einem hohen Niveau nicht nur in den technischen Fächern sondern auch was die Sprachen und die Allgemeinbildung betrifft. Eine altehrwürdige Lehranstalt , die namhafte Handwerker, Industrielle und Künstler hervorgebracht hat.

titi
4. Juni 2021 - 18.58

Die Handwerkerschule hat eine ruhmreiche Vergangenheit. Sie war mit Abstand die beste und anspruchsvollste ihrer Art hierzulande, mit einem hohen Niveau nicht nur in den technischen Fächern sondern auch was die Sprachen und die Allgemeinbildung betrifft.