Kosovo: Wachsender Druck zur Rücknahme der Strafzölle gegen Serbien

Kosovo: Wachsender Druck zur Rücknahme der Strafzölle gegen Serbien

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Probleme hat Kosovo eigentlich genug. Nun wird der angeschlagene Staatsneuling auch noch durch einen eskalierenden Führungsstreit zwischen Premier Haradinaj und Präsident Thaçi erschüttert: Der wachsende internationale Druck zur Rücknahme der Strafzölle gegen Serbien wird für die brüchige Regierungskoalition in Pristina zunehmend zur Belastung.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser, Belgrad/Pristina

Abends hü und morgens hott. Der Standpunkt seiner Regierung in Sachen der 100-prozentigen Zölle auf serbische Importwaren habe sich „nicht geändert“, versicherte Kosovos Premier Ramush Haradinaj am Dienstagabend. Erst wenn Serbien Kosovos Unabhängigkeit anerkenne, sei an deren Aufhebung zu denken: „Die Zölle bleiben in Kraft.“
Am Mittwochmorgen schlug sein Kabinettschef Avni Arifi merklich versöhnlichere Töne an: Pristina könnte deren „zeitliche Aussetzung“ für die Zeit beschließen, in der Serbien und Kosovo „intensiv“ über ein Nachbarschaftsabkommen verhandelten.

Ein Ende des Eiertanzes und der widersprüchlichen Verlautbarungen in Kosovo ist nicht in Sicht. Es sind der eskalierende Führungs- und Richtungsstreit zwischen Regierungs- und AKR-Chef Haradinaj und Präsident Hashim Thaçi sowie der wachsende internationale Druck, die im Dezember einführten Importzölle wieder aufzuheben, die für die brüchige Vierparteienkoalition in Pristina zunehmend zur Belastung werden.

Festgefahrener Dialog

Nicht nur die EU, sondern vor allem auch die USA versuchen, Pristina dazu zu bewegen, die umstrittenen Strafzölle wieder zu kassieren: Denn ohne deren Aufhebung ist an eine Wiederbelebung des festgefahrenen Dialogs zwischen Belgrad und Pristina oder gar an das Zustandekommen eines Nachbarschaftsabkommens unter EU-Vermittlung kaum zu denken.
Mit seinem offenen Plädoyer für einen Gebietsaustausch mit Serbien wirkt der vom Westen protegierte Solist Thaçi in Kosovo zwar noch immer isoliert. Dessen Warnung an Haradinaj, dass er mit dem Festhalten an den umstrittenen Importsteuern gegen den Rat der USA Kosovos enge Beziehungen zur populären Schutzmacht gefährde, scheint nun aber auch in den Reihen der labilen Regierungskoalition vermehrt Widerhall zu finden. Egal, was Haradinaj beschließt: Neuer Koalitionsärger scheint garantiert. Er könne sich nicht vorstellen, dass der Premier gegen die Interessen der USA agieren könnte, ließ Außenminister Beghet Pacolli (AKR) vergangene Woche verlauten.

Die größte Regierungspartei PDK hatte sich zwar lange gebrüstet, dass die Importzölle auf ihren Vorschlag eingeführt worden seien. Nun scheint sie aber auf US-Druck von dem kompromisslosen Haradinaj zunehmend abzurücken.

Thaçi plane „ethnische Säuberung“

Umgekehrt hat die kleine Nisma-Partei ihren Koalitionsausstritt angedroht, falls die Regierung die Importzölle gegen Serbien fallen lassen sollte.

Während Analysten in Pristina warnen, dass der Streit zwischen dem Präsident und Premier die internationale Position des Landes schwäche, hat der umtriebige Thaçi seine Pläne für einen von der Regierung und Opposition bisher strikt abgelehnten Gebietsabtausch mit Serbien erstmals näher erläutert.

Im Tausch für Serbiens überwiegend albanisch besiedeltes Presevo-Tal will er nur einen Teil des überwiegend serbisch besiedelten Nordkosovo an Belgrad abtreten.

Die geteilte Stadt Mitrovica sowie die Trepca-Mine und das Trinkwasserreservoir Gazivode sollten hingegen bei Kosovo verbleiben. Seine Ankündigung, dass die Wiedervereinigung von Mitrovica ein „unaufhaltbarer Prozess“ sei, hat in Belgrad und im serbischen Norden der geteilten Stadt empörte Reaktionen ausgelöst.

Thaçi plane die „ethnische Säuberung“ der Stadt, so Goran Rakic, der Bürgermeister in Nordmitrovica.