ArktisKonfrontation zwischen Russland und Westen auch im hohen Norden

Arktis / Konfrontation zwischen Russland und Westen auch im hohen Norden
Kulusuk im Südosten Grönlands: Die riesige Insel ragt im Norden weit in die Arktis hinein und ist daher von großer geostrategischer Bedeutung Foto: AFP/Jonathan Nackstrand

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In der Arktis wächst die Sorge um eine mögliche Konfrontation zwischen Russland und westlichen Staaten. Aus diesem Grund wird Grönland künftig mehr Gehör in der NATO finden. Mit Lida Skifte Lennert soll erstmals eine grönländische Diplomatin nach Brüssel entsandt werden.

Das geht auf eine Vereinbarung zwischen Dänemark und Grönland zurück. Die arktische Insel ist halbautonom, ihre Sicherheits- und Außenpolitik wird formal noch von der Regierung in Kopenhagen bestimmt. Grönland selbst ist nicht Mitglied der NATO, ist dort jedoch bislang durch Dänemark repräsentiert. Lennert, eine Juristin mit viel Auslandserfahrung, „wird der NATO mit ihrem Expertenwissen über die Bedingungen in der Arktis helfen“, so eine Pressemitteilung aus Grönland.

Die USA entdecken die Arktis als sicherheitsrelevante Region wieder. Ende Januar übten die USA und Kanada im Norden Grönlands, Kanadas und Alaska erstmals mit neuen F-35 Kampfjets die Abwehr einer Invasion bei arktischen Bedingungen. Dies geschah jedoch im Rahmen von NORAD, einem Verteidigungsbündnis der Luftstreitkräfte der USA und Kanada. Die NATO ist in der Arktis bislang nicht mit militärischen Manövern präsent, ein für den Kreml sehr entscheidender Punkt. Russland ist mit atomgetriebenen Eisbrechern, Kriegsschiffen und U-Booten in der Region stark vertreten.

Von Bedeutung ist für die USA die US-Basis „Thule“, errichtet in Zeiten des Kalten Kriegs und die einzige Basis der USA mit einem Tiefseehafen. Um die Basis im Nordwesten Grönlands trotz des Klimawandels funktionsfähig zu halten, wollen die USA umgerechnet 3,6 Milliarden Euro investieren, da der Grund mittlerweile gelegentlich auftaut und so Risse in den Gebäuden sowie auf den Start- und Landebahnen entstehen. Zudem sollen letztere erweitert werden, damit die USA mit Langstreckenbombern operieren können. Den Mammutauftrag streicht das grönländische Unternehmen „Inuksuk“ ein, ein Signal, dass die USA ihren Einfluss auf die Insel verstärken wollen.

Seit 2021 sind die USA mit einem Konsulat in der Hauptstadt Nuuk vertreten. Dabei geht es den Amerikanern um die Sicherung von Bodenschätzen, die durch die wärmeren Winter leichter abzubauen sind. Doch mit dem wachsenden Einfluss der Amerikaner schwindet der der Dänen. Hinzu kommt: Eine Unabhängigkeit von Dänemark ist auch das Ziel des sozialdemokratischen Premierministers Mute Bourup Egede in Nuuk. Allerdings müssten dann seine rund 56.000 Einwohner auf umgerechnet 500 Millionen Euro jährliche Unterstützung aus Kopenhagen verzichten.

Interesse auch an den Färöer-Inseln

„Dänemark hat im Gegensatz zu den USA, Russland, China und auch Großbritannien kein strategisches Interesse in der Arktis“, so Karsten Hönge, Mitglied im Grönland-Ausschuss des dänischen Parlaments gegenüber dem Tageblatt. Somit werde sich Grönland sowie die Färöer-Inseln langsam von der Krone lösen. Der Politiker der oppositionellen grün-linken Partei „SF“ glaubt jedoch, dass die fünf bis zehn Personen in Grönland, die sich beruflich mit Außenpolitik befassen, wenig Chancen haben, ihre Interessen gegenüber den Profis in den USA durchzusetzen.

Auch die südlich von Island gelegenen Färöer-Inseln erscheinen den USA von strategischer Bedeutung, um den Nordatlantik gegen das Herannahen von russischen U-Booten zu schützen. Die US-Marine steuerte deshalb die Häfen des Insel-Landes im vergangenen Jahr mehrfach an. Anfang Februar hat die Regierung in der Hauptstadt Torshavn angekündigt, im Jahr 2024 eine diplomatische Vertretung in den USA zu eröffnen. Obwohl Kopenhagen formal weiterhin für die Verteidigung und Außenpolitik der „Schafsinseln“ zuständig wäre.

Dänemark selbst gilt als einer der engsten Partner der USA, wobei die regierenden Sozialdemokraten unter Mette Frederiksen noch proatlantischer agieren, als der kleinere bürgerliche Koalitionspartner „Venstre“. Demnächst stehen Verhandlungen um das Militärbudget in Kopenhagen an, Frederiksen verlangt hohe Ausgaben, drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung schließt sie nicht aus. Wohl auch, um gegenüber den USA weiterhin ernst genommen zu werden.