Der SPD-Chef ist angespannt zum Start dieses Parteitags. Dem Vernehmen nach hat er sich seit Tagen immer wieder an seine Rede gesetzt, viel Zeit darauf verwandt. Er weiß, dass Parteitage stets eine eigene Dynamik haben. Und dass es auf die eigenen Worte ankommt, ob man die Delegierten hinter sich versammelt – oder sie gegen sich aufbringt.
Die Kritik an Klingbeil ist längst da, bevor es losgeht. Die älteste Partei Deutschlands steckt in einer existenziellen Krise und Klingbeil wird aus den eigenen Reihen maßgeblich verantwortlich dafür gemacht. 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl sind eine Katastrophe.
Als Klingbeil dann das Wort ergreift, um für seine eigene Wiederwahl als Parteichef zu werben, erklärt er sein umstrittenes Vorgehen nach der Bundestagswahl – und übt sich in Selbstkritik. Er stelle sich „nicht aus Selbstzweck“ zur Wiederwahl, „sondern weil ich alles dafür tun will, dass unsere Partei wieder stark wird“, sagt er. „Ohne Frage selbstkritisch muss man sagen, wir hätten viel früher und konsequenter die Signale sehen sollen.“ Nach dem harten Wahlabend habe er zwei Alternativen gehabt: „Entweder ich höre auf oder ich gehe voll in die Verantwortung für die SPD.“ Er habe sich dann für das Weitermachen entschlossen, damit die Partei in den anstehenden Koalitionsverhandlungen mit der Union handlungsfähig bleibe, sagt Klingbeil. Denn etwas anderes hätte niemand der SPD verziehen. Deshalb habe er vorübergehend neben dem Parteivorsitz auch den Fraktionsvorsitz übernommen, „um auf Augenhöhe mit Friedrich Merz über eine Regierung verhandeln zu können“.
Kein Abweichen vom außenpolitischen Kurs
Wie erfolgreich er dabei war, weiß man auch bei den SPD-Linken: Die sozialdemokratische Handschrift im Koalitionsvertrag ist deutlich erkennbar, sieben Ministerien hat Klingbeil für die SPD rausgeschlagen. Wie rigoros er bei der Aufstellung des SPD-Regierungsteams vorgegangen ist und wie mit Co-Chefin Saskia Esken umgegangen wurde, hat hingegen bei vielen der 600 Delegierten für Kopfschütteln gesorgt, die an diesem Wochenende in Berlin zusammengekommen sind.
Wladimir Putin ist nicht Michael Gorbatschow
Klingbeil macht dann in seiner Rede aber auch sehr deutlich, was von ihm zu erwarten ist: nämlich kein Abweichen vom außenpolitischen Kurs gegenüber Russland. Damit erteilt er prominenten Parteilinken wie Rolf Mützenich oder Ralf Stegner eine klare Absage, die sich im umstrittenen „Manifest“ einen anderen Kurs mit mehr Diplomatie und keine Aufrüstungsspirale wünschen. „Mit mir wird es keinen anderen Weg in der Ukraine-Politik unserer Partei geben“, stellt Klingbeil klar. „Wladimir Putin ist nicht Michael Gorbatschow“, warnt er vor Illusionen.
In der Aussprache zum Leitantrag, die auch wegen einer Auseinandersetzung zum „Manifest“ mit Spannung erwartet wurde, gibt es dann nur vereinzelt Kritik an Klingbeil. Persönliche Angriffe gegen ihn wie vor einigen Wochen bei einem NRW-Landesparteitag gab es so gut wie keine.
Als nach der Aussprache aber die Wahl stattfindet und das Ergebnis feststeht, herrscht insbesondere bei der Parteispitze Entsetzen: Nur 64,9 Prozent haben für Klingbeil gestimmt, es ist eines der schlechtesten Ergebnisse der vergangenen Jahrzehnte. 2023 hatte er noch einen Wert von 85,6 Prozent bekommen. Klingbeil nimmt die Wahl an, spricht jedoch von einem harten Ergebnis – und sagt, er hätte sich in der Debatte entsprechende Beiträge von denen gewünscht, die mit Nein stimmten.
Pistorius will Klärung zur Wehrpflicht
Arbeitsministerin Bärbel Bas wird hingegen regelrecht gefeiert, sie tritt als neue Co-Parteichefin die Nachfolge der immer unbeliebter gewordenen Saskia Esken an. 95 Prozent der Delegierten stimmen am Abend für Bas. Die Duisburgerin und ehemalige Bundestagspräsidentin verkörpert mit ihrer Biografie eine echte SPD-Aufstiegsgeschichte: Hauptschulabschluss, Ausbildung bis hin zum Studium.
Bei ihrer Bewerbungsrede hatte Bas zuvor in den Saal gerufen, dass die Debatte um die „faulen Deutschen“ nicht nur völlig daneben sei, sie sei „ein Schlag ins Gesicht der 46 Millionen Erwerbstätigen in diesem Land“. Bas prangert in der Rede einen „Klassenkampf von oben“ an, bei dem die Menschen gegeneinander ausgespielt würden. Besonders viel Applaus bekommt sie, als sie über Andrea Nahles und Saskia Esken – die bisher einzigen beiden Parteichefinnen – spricht. Der Umgang mit ihnen sei „kein Glanzstück“ gewesen, so Bas.
Auch der 33-jährige Lübecker Tim Klüssendorf steht am Freitagabend zur Wahl, er soll vom Parteitag noch offiziell als SPD-Generalsekretär bestätigt werden.
An Tag zwei, an diesem Samstag, wird hingegen ein heftiger Schlagabtausch zur Wehrpflicht erwartet, die Verteidigungsminister Boris Pistorius in sein neues Wehrdienst-Gesetz als Option einbauen will. Die Jusos wollen das verhindern und haben sich bei diesem Parteitag daher auf Pistorius eingeschossen – und der Minister will beim Parteitag eine inhaltliche Klärung zur Wehrpflicht.
De Maart
Klingbeilchen Klingbeilchen klingelingeling
was möchtest du und wo wills du hin
Grosse selbskritik bei Klingbeil ist allerdings nicht ersichtlich.
Er gibt wohl zu ein schlechtes resultat bei der wahl erziehlt zu haben,will aber weitermachen wie vorher und lobt im grunde...wohl unabsichtlich...auch noch Putin indem er ihm attestiert kein Gorbi zu sein.
Ein Gorbi der die von ihm geleitete UdSSR unter dem applaus seiner feinde zerstoerte anstatt sie zu reformieren.