Reaktionen aus LuxemburgKeine größeren Folgen für den Bankenplatz befürchtet

Reaktionen aus Luxemburg / Keine größeren Folgen für den Bankenplatz befürchtet
Beim Luxemburger Bankenverband bricht wegen der Bank-Übernahme in der Schweiz keine Panik aus  Foto: Editpress/Alain Rischard

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Die Folgen des Notverkaufs von Credit Suisse an die UBS werden auch am Finanzplatz Luxemburg zu spüren sein. Beide Finanzinstitute sind hierzulande mit eigenen Einheiten vertreten und beschäftigen mehrere hundert Mitarbeiter. Sorgen um den hiesigen Bankenplatz machen sich ABBL und Finanzministerium deswegen jedoch nicht.

Die beiden Schweizer Großbanken sind bereits seit Jahren am Finanzplatz Luxemburg vertreten, jeweils mit zwei unterschiedlichen Einheiten. Eine im Bereich des Bank-Geschäfts und eine im Sektor der Investmentfonds. Bei UBS zählt der Bank-Bereich etwas mehr als 440 Mitarbeiter und der Bereich der Investmentfonds rund 150. Bei Credit Suisse sind es etwas mehr als 300 im Bankbereich und rund 90 im Geschäft mit den Investmentfonds.

Tageblatt-Anfragen, wie es mit den Mitarbeitern nun weitergehen wird, haben die beiden betroffenen Finanzinstitute unbeantwortet gelassen. Schlussendlich sei es aber so, dass diese Frage noch nicht geklärt ist, antwortet seinerseits der Luxemburger Bankenverband ABBL. „Nach der Übernahme von Credit Suisse durch UBS werden die Managements der beiden Banken nun analysieren, welche Synergien innerhalb der Belegschaft entwickelt werden können“, so die ABBL. „Erst danach werden eventuelle Entscheidungen über die Beibehaltung oder den Ausbau lokaler Kompetenzzentren und über die Personalpolitik getroffen.“

Dabei gebe es jedoch noch mehrere Elemente zu betonen, so der Sprecher der Bankenvereinigung. So sehe beispielsweise der sektorielle Kollektivvertrag der Banken vor, dass im Rahmen von Verkäufen, Zusammenschlüssen oder Übernahmen die Arbeitnehmer während zwei Jahren vor den Folgen des Wandels geschützt sind. Alle Arbeitsverträge, die auf Basis des Kollektivvertrags abgeschlossen worden sind, bestehen ohne Änderung, auch mit dem neuen Arbeitgeber, weiter fort. Es werden keine neuen Verträge abgeschlossen und die alten werden auch nicht zu Ungunsten der Arbeitnehmer verändert. In den ersten zwei Jahren nach der Änderung der Besitzverhältnisse darf zudem keine Kündigung aufgrund von Reorganisation oder Rationalisierung erfolgen, es sei denn, die Personaldelegation stimmt dem zu.

Schutz durch den Kollektivvertrag

Weiter erinnert er daran, dass auf dem Bankenmarkt in Luxemburg seit Jahren eine Konzentrationswelle im Gange ist, dies jedoch weder dem Geschäftsvolumen der Banken noch der Zahl der Mitarbeiter geschadet habe. Beispielsweise ist das von den Privatbanken verwaltete Vermögen, trotz weniger Banken, zuletzt auf ein neues Rekordhoch gestiegen. „Weniger Banken bedeutet also nicht automatisch auch weniger Geschäft.“

Zudem habe die nationale Wirtschaft aktuell mit einem deutlichen Mangel an Fachkräften zu kämpfen, erinnert der Sprecher weiter. „Das darf man nicht vergessen. Es ist eine sehr angespannte Situation. Am Markt wird händeringend nach Talenten gesucht.“ Auch im gesamten Finanzsektor.

Um die Folgen der am Sonntag angekündigten Übernahme für den Bankenplatz macht sich die ABBL ebenfalls keine Sorgen. Bei der Schweizer Credit Suisse, wie auch bei der zuvor in Schwierigkeiten geratenen kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB), habe es sich vor allem um spezifische, hausgemachte Probleme gehandelt, erklärt der Verband.

So ähnlich sieht es auch Yuriko Backes. „Ich begrüße es, dass die Schweizer Behörden schnell und entschlossen gehandelt haben, um eine Lösung zwischen zwei privaten Akteuren zu finden“, so Luxemburgs Finanzministerin gegenüber dem Tageblatt. Diese Entscheidung sei für die Aufrechterhaltung der Finanzstabilität von entscheidender Bedeutung. Des Weiteren „verfolgen wir die Situation weiterhin genau und stehen in Kontakt mit unseren ausländischen Kollegen. Der luxemburgische Bankensektor ist solide und verfügt über ein hohes Maß an Kapital und liquiden Vermögenswerten.“

Strengere Regeln seit 2008

Die US-Bank SVB ist nicht einmal in Luxemburg vertreten, so die ABBL weiter. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist uns nichts über ein Engagement bekannt, das luxemburgische Banken bei diesem Finanzinstitut oder bei ihren Kunden hätten.“

Zudem gelten sowohl für die USA als auch in der Schweiz leicht andere Regeln als in Europa, was Bankenaufsicht und -kontrolle betrifft, sagt der Verband. Das, was nun in den USA und in der Schweiz passiert ist, dürfte in Europa nicht passieren können. Nach der Finanzkrise von 2008 seien Regeln und Überwachung deutlich verschärft worden.

Dass die Kurse der betroffenen Finanzinstitute an den Börsen heftig eingebrochen sind, verwundert die ABBL nicht. Das sei vor allem auf „Daytrader und kleinere Anleger“ zurückzuführen. „Sie fühlen sich an die Finanzkrise von 2008 erinnert und verkaufen.“ Die großen Händler hingegen schienen eher ruhig geblieben zu sein. Am Ende des Montags hatten die Aktien von Credit Suisse weitere 56 Prozent von ihrem Wert verloren, die UBS-Papiere hatten jedoch bereits wieder 1,5 Prozent zugelegt.

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EU-Bankenbehörden halten europäische Geldhäuser für stabil 

Die EZB-Bankenaufsicht, die EU-Behörde zur Abwicklung maroder Institute SRB sowie die EU-Bankenbehörde EBA sehen nach der Rettungsaktion für die Schweizer Großbank Credit Suisse den europäischen Bankensektor weiterhin als stabil an. Die drei europäischen Institutionen begrüßten das Vorgehen der Schweizer Behörden vom Sonntag zur Sicherung der Finanzstabilität, wie sie am Montag gemeinsam mitteilten. „Der europäische Bankensektor ist widerstandsfähig und besitzt eine solide Kapital- und Liquiditätsausstattung“, erklärten sie. 

Es gebe nach den Abwicklungsvorschriften eine bestimmte Reihenfolge, in der Aktionäre und Kreditgeber einer Bank in Schwierigkeiten Verluste zu tragen hätten, teilten die drei Institutionen mit. Danach müssten Aktionäre zuerst die Verluste schultern. Erst danach würden eigenkapitalähnliche Anleihen (AT-1) herangezogen. Dieser Ansatz sei in vergangenen Fällen angewandt worden und werde auch in Zukunft das Handeln der EZB-Bankenaufsicht und der EU-Abwicklungsbehörde SRB in Krisenfällen bestimmen. 

Im Zuge der Rettungsaktion für die Credit Suisse verlieren AT-1-Anleiheinvestoren ihren Einsatz. Insgesamt werden dabei Papiere im Nominalwert von rund 16 Milliarden Franken auf null abgeschrieben. Die AT-1-Bonds waren nach der Finanzkrise 2007/08 erfunden worden. Solche Anleihen sollen in einer Krise als Puffer dienen und verhindern, dass Geldhäuser schnell in die Knie gehen. (Reuters)


„Eine Schande für die Schweiz“

Die Reaktionen auf die am Wochenende angekündigte Übernahme der schwer angeschlagenen Credit Suisse durch die Rivalin UBS fallen überwiegend negativ aus. Begriffe wie „Skandal“ und „Versagen“ dominieren die Berichterstattung, Politiker warnen vor den Gefahren, die von dem neuen Branchenriesen ausgehen. Kommentatoren fürchten um Tausende Stellen und die Reputation des Schweizer Finanzplatzes. „Ein Zombie ist weg, doch ein Monster entsteht“, titelte etwa die als wirtschaftsfreundlich geltende Neue Zürcher Zeitung. „Diese Übernahme ist ein historischer Skandal“, schrieb der Tages-Anzeiger

„Die neue UBS ist ein weiteres massives Risiko“, sagte Roger Nordmann, Fraktionsführer der Sozialdemokraten im Parlament. Sie sei schlicht zu groß für die Schweiz. Der Parlamentarier der zweitgrößten politischen Partei sprach von einem riesigen Skandal und einem völligen Versagen der Aufsichtsbehörden. „Was geschehen ist, ist schrecklich für die Glaubwürdigkeit der Schweiz.“ Nach Angaben der Schweizer Notenbank halten UBS und Credit Suisse zusammen Vermögenswerte von bis zu 140 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Alpenrepublik. 

Die liberale FDP begrüßte angesichts der dramatischen Entwicklung und der möglichen unabsehbaren Folgen zwar die Übernahme der Credit Suisse, sprach aber von einem schwarzen Tag für das Land. „Was mit der CS passiert ist, ist eine Schande für die Schweiz“, hieß es bei der drittstärksten politischen Kraft. Die größte Partei, die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP), machte fatale Management-Entscheidungen und eine aggressive Auslandstrategie der Credit Suisse für das Scheitern der Bank verantwortlich. „Diese ist offensichtlich gescheitert und gefährdet nun die ganze Bank und Tausende Arbeitsplätze.“ 

Emotional dürfte der Zusammenschluss von UBS und Credit Suisse bei den Schweizern aber wohl keine allzu tiefen Spuren hinterlasse, schätzt Meinungsforscher Michael Hermann vom Institut Sotomo. „Wir sind heute an einem völlig anderen Ort als wir noch 2008 waren, als die UBS gerettet wurde, oder auch vorher in der Zeit des Swissair-Groundings.“ Das Selbstbild der Schweiz als Bankenland sei inzwischen weniger ausgeprägt, andere Branchen wie etwa die Versicherungen oder Technologieunternehmen hätten an Bedeutung gewonnen. Zudem sei das Image der Credit Suisse durch die zahlreichen Sandale der vergangenen Jahre bereits ramponiert gewesen. „Der Trennungsschmerz ist da weniger groß“, erklärte der Meinungsforscher. „Das wäre vor 15 Jahren viel größer gewesen.“ (Reuters) 


Der neue Bankenriese

Die UBS gehört zu den weltweit größten Vermögensverwaltern für reiche Privatpersonen. Zusammen mit Credit Suisse gilt sie mit einem Anlagevermögen von 3,4 Billionen Dollar hinter der amerikanischen Morgan Stanley als globale Nummer zwei in dem Geschäft. Daneben betreibt sie wie die Credit Suisse im Heimmarkt ein großes Privat- und Firmenkundengeschäft.  

Die UBS ist selbst ein Fusionsprodukt. 1998 schlossen sich der Schweizerische Bankverein (SBV) und die Schweizerische Bankgesellschaft (SBG) zur UBS zusammen. Die Wurzeln des Instituts reichen bis in das Jahr 1862 zurück. Seit damals wurden mehr als 370 Privatbanken, Sparkassen, Vermögensverwalter, Broker und Geschäftsbanken integriert.  

In der Finanzkrise 2008 musste das Institut von der Schweizerischen Nationalbank und der Regierung des Landes gerettet werden. Danach dampfte sie das riskante Investmentbanking ein und richtete sich vor allem auf das Geschäft mit Millionären und Milliardären aus. Negativ-Schlagzeilen machte die Bank aber auch mit Rechtsfällen wegen Beihilfe zu Steuerhinterziehung, wie etwa in Frankreich und den USA. 

Zusammen werden UBS und Credit Suisse in der Schweiz, vor Raiffeisen, die klare Nummer eins mit Kundeneinlagen von 333 Milliarden Franken und einem Kreditvolumen von 307 Milliarden Franken. Im Asset Management für Profikunden wie Pensionskassen steigt die fusionierte Bank mit Anlagevermögen von 1,5 Billionen Dollar zu den führenden Häusern Europas auf. Das vierte Geschäftsfeld ist das Investmentbanking mit Handel und der Beratung von Firmen etwa bei Unternehmenszusammenschlüssen. Das Handelsgeschäft der Credit Suisse, das dem Institut Milliardenverluste einbrockte, wird abgewickelt. 

Dank der Größenvorteile dürfte die UBS die Kosten senken und das Angebot ausbauen können. Im Wachstumsmarkt Asien schließen sich die Nummer eins UBS und die Nummer zwei im Geschäft mit Reichen und Superreichen zusammen. Vor allem in Südostasien verstärkt sich die UBS dank des Zukaufs. Im zweiten Wachstumsmarkt USA nimmt die Schlagkraft der UBS im Geschäft mit Ultrareichen zu. Ab 2027 dürfte sich der Deal positiv auf den Gewinn je Aktie auswirken. 2022 fuhr die UBS einen Gewinn von 7,6 Milliarden Dollar ein und schaffte damit das beste Ergebnis seit 16 Jahren. Credit Suisse erlitt dagegen einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken.

Zusammen kommen UBS und Credit Suisse gegenwärtig auf rund120.000 Mitarbeiter. Einem Insider zufolge dürften aber mindestens 10.000 Jobs abgebaut werden, vor allem bei der Credit Suisse. Die kombinierte Bilanzsumme von 1,7 Billionen Dollar ist laut Analysten von Citi mehr als das Doppelte des Bruttoinlandsprodukts der Schweiz.  (Reuters)