EuropaKeine Einbahnstraße mehr: Brüssel will das Verfahren zum EU-Beitritt reformieren

Europa / Keine Einbahnstraße mehr: Brüssel will das Verfahren zum EU-Beitritt reformieren
Uneingelöstes Versprechen wegen Macrons Veto: Die Nordmazedonier müssen weiter warten, obwohl ihre Regierung in Skopje sehr viel sehr richtig gemacht hatte  Foto: Editpress-Archiv/Thomas Roser

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Brüssel will das Verfahren zum EU-Beitritt reformieren. Damit soll Albanien und Nordmazedonien der Weg nach Europa geebnet werden. Doch Paris hat weiter Vorbehalte.

Albanien und Nordmazedonien müssen weiter um die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen bangen. Die EU-Kommission in Brüssel versuchte zwar gestern, die Bedenken Frankreichs und anderer Mitgliedsstaaten mit einer Reform des Beitrittsverfahrens zu zerstreuen. Die Regierung in Paris gab jedoch noch kein grünes Licht.

Die Pläne der Kommission seien „ein positiver Schritt“, sagte Europastaatsministerin Amélie de Montchalin. Es gebe aber „keinen Automatismus“ für eine Zustimmung Frankreichs zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien. Vielmehr müssten zunächst alle 27 EU-Staaten der nun vorgelegten Reform zustimmen.

Zuckerbrot und Peitsche

Der Vorschlag sieht vor, dass Beitrittsgespräche künftig keine Einbahnstraße zur EU-Mitgliedschaft mehr sind. Vielmehr sollen die Kandidaten bei Verstößen gegen Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und andere EU-Prinzipien auch wieder zurückgestuft werden können. Gleich zu Beginn und am Ende soll zudem der Rechtsstaat überprüft werden.

Außerdem wird der gesamte, überaus bürokratische Verhandlungsprozess neu geordnet. So sollen die bislang 35 Verhandlungskapitel in sechs Themenbereiche aufgeteilt werden. Die Verhandlungen sollen jeweils zu den gesamten Bereichen aufgenommen werden. Bei Stillstand oder Rückschritten können auch EU-Fördermittel gekürzt werden.

Es gehe darum, die Verhandlungen glaubwürdiger und transparenter zu machen und die politische Kontrolle zu stärken, sagte der für die Erweiterung zuständige EU-Kommissar Olivér Várhelyi. Künftig sollten Reformfortschritte klarer herausgestellt und auch belohnt werden, sagte der Ungar, der Premierminister Viktor Orban nahesteht. „Der Zweck des heutigen Vorschlags ist, wieder eine glaubwürdige Perspektive für den westlichen Balkan zu etablieren“, fügte er hinzu.

Reaktion auf Macron

Mit ihrem Vorschlag reagiert die EU-Kommission auf Forderungen des französischen Staatschefs Emmanuel Macron. Das gesamte Verfahren müsse reformiert werden, bevor neue Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden können, so Macron. Im Oktober hatte er die Aufnahme von Gesprächen mit Albanien und Nordmazedonien blockiert.

Demgegenüber tritt die deutsche Kanzlerin Angela Merkel vehement für eine Einladung ein. Dass die Länder des Westbalkans an Europa herangeführt würden, sei nicht nur in deren eigenem Interesse, sondern auch im Interesse der EU, sagte Merkel bei einem Besuch des albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama in Berlin. Es gehe um geopolitische Erwägungen. Dahinter steht die Sorge, dass Russland, China oder die Türkei auf dem Balkan an Einfluss gewinnen könnten, wenn die EU nicht handelt. Allerdings zweifelt nicht nur Frankreich daran, dass die Balkanländer tatsächlich schon „beitriffsreif“ sind. Auch die Niederlande und Dänemark hatten Aufnahmeverhandlungen mit Albanien abgelehnt.

Ob der Vorstoß der EU-Kommission die Blockade lösen kann, dürfte sich frühestens am 25. Februar zeigen, wenn die Europaminister in Brüssel tagen. Mit einer Entscheidung wird aber erst beim Westbalkan-Gipfel im Mai in Zagreb gerechnet.