Sonntag2. November 2025

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Spanien weitet Rauchverbot ausKein Qualmen mehr auf Gastro-Terrassen, an Hotel-Pools und in Fußballstadien

Spanien weitet Rauchverbot aus / Kein Qualmen mehr auf Gastro-Terrassen, an Hotel-Pools und in Fußballstadien
Die Gastronomie befürchtet, dass ein totales Rauchverbot Gäste vertreiben könnte Foto: Tamara Rozas/Europa Press/dpa

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In Spanien soll Rauchen künftig auch draußen stärker eingeschränkt werden – von Terrassen bis zu Haltestellen. Die Regierung setzt auf mehr Schutz vor Passivrauch, Gesundheitsexperten applaudieren, Gastronomen befürchten Einbußen.

Spanien zieht die Daumenschrauben für Raucher deutlich an. Die Mitte-links-Regierung unter dem sozialdemokratischen Premier Pedro Sánchez hat ein neues Anti-Tabak-Gesetz auf den Weg gebracht, mit dem das Rauchen künftig an vielen Orten unter freiem Himmel verboten werden soll. Geplant ist unter anderem ein totales Rauchverbot auf gastronomischen Terrassen, an Außenpools von Hotels und Ferienanlagen, in Fußballstadien oder an Bus- und Bahnhaltestellen.

Gesundheitsministerin Mónica García sieht das Gesetz, das noch vom Parlament abgesegnet werden muss, als Meilenstein. „Jeder Raum, den wir dem Rauch abringen, ist ein Raum, den wir der Gesundheit und dem Leben zurückgeben“, sagt sie. „Es geht darum, das Recht der Bevölkerung zu schützen, nicht ungewollt dem Rauch ausgesetzt zu sein.“ Spanien werde mit der Reform zu den Vorreitern in Europa gehören.

Bereits seit 2005 gilt in Spanien ein striktes Rauchverbot für Arbeitsstätten, Verwaltungsbauten und für andere öffentlich zugängliche Gebäude sowie in öffentlichen Transportmitteln. 2010 wurde der blaue Dunst auch in Innenräumen der Gastronomie sowie in Bahn- und Flughäfen untersagt.

Die Liste wird länger

Nun soll die Liste der qualmfreien Orte noch sehr viel länger werden: Verboten wird das Rauchen auf Außenterrassen von Bars, Cafeterias und Restaurants, an Bus- und Bahnhaltepunkten unter freiem Himmel, in Außenbereichen von Schulen und Universitäten, in offenen Sportanlagen, öffentlichen Freibädern, in der Umgebung der Hotel-Außenbecken, auf Spielplätzen und bei öffentlichen Open-Air-Veranstaltungen wie etwa Konzerten.

Auch innerhalb eines 15-Meter-Radius um die Eingänge von öffentlichen Gebäuden, Museen, Bildungseinrichtungen, Bibliotheken, Gesundheitszentren, Sportstätten und Kinderfreizeitflächen darf nicht mehr gequalmt werden. Zudem wird Rauchen in Fahrzeugen untersagt, die als Arbeitsplatz genutzt werden – wie etwa in Bau- oder Transportfahrzeugen oder in Lkws. Zudem will die Regierung Minderjährigen das Rauchen in der Öffentlichkeit ganz verbieten.

Ein entscheidender Punkt ist, dass die neuen Regeln nicht nur für traditionelle Zigaretten gelten sollen. Auch E-Zigaretten und Tabakerhitzer werden gleichgestellt. Damit folgt Spanien den Empfehlungen der EU und internationalen Erfahrungen. Meinungsumfragen zufolge begrüßt die große Mehrheit der in Spanien lebenden Bevölkerung die geplante Verschärfung der Tabaknormen.

Breite Zustimmung aus Gesundheitssektor

Die Zahl der Raucher ist den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesunken. Nach neusten Studien qualmen noch etwa 15 bis 20 Prozent der spanischen Bevölkerung regelmäßig. Hintergrund der Reform ist die weiterhin hohe Zahl an Tabaktoten. Nach Angaben der Spanischen Gesellschaft für Epidemiologie gibt es in Spanien rund acht Millionen Raucher. Jedes Jahr sterben zwischen 50.000 und 60.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums.

Die Verschärfung des Anti-Tabak-Gesetzes stößt bei Ärzten und Gesundheitsorganisationen auf breite Zustimmung. „Das ist ein notwendiger Schritt, um die Bevölkerung vor den erwiesenen Gefahren des Passivrauchens zu schützen“, erklärt die spanische Krebsgesellschaft. „Alle Varianten des Tabaks und verwandter Produkte sind schädlich – es gibt keinen sicheren Schwellenwert.“

Einigen medizinischen Verbänden ist die Reform jedoch nicht ehrgeizig genug. Der spanische Forschungsverband für Lungenkrebs warnt: „Lungenkrebs ist eine der größten sozialen Geißeln Spaniens. 85 Prozent aller Fälle sind auf das Rauchen zurückzuführen.“ Kritisch sieht der Verband zudem, dass die Regierung darauf verzichtet hat, die Tabaksteuern zu erhöhen. „Wir beobachten einen besorgniserregenden Anstieg des Rauchens unter Jugendlichen, besonders bei jungen Frauen. Ein höherer Preis wäre hier entscheidend“, sagen die Krebsforscher.

Auch die Forderung nach neutralen Zigarettenpackungen wurde zunächst nicht in die Reform aufgenommen. Neutrale Verpackungen gelten als eine wirksame Maßnahme zur Tabakkontrolle. Warum? Die Verpackungen sind die letzte große Werbefläche der Tabakindustrie, um mit Logos, Farben und Designs um Kunden zu werben. Zudem treten auf neutralen Packungen Schockbilder und Gesundheitswarnungen stärker hervor. In Ländern, in denen diese eingeführt wurden, wie etwa in Australien, sank der Tabakkonsum spürbar.

Qualmfreie Strände

Kritik an der Ausweitung des Rauchverbotes kommt vor allem aus der Gastronomie, die mit finanziellen Einbußen rechnet. Ein totales Rauchverbot könne Gäste vertreiben, sagte ein Sprecher des spanischen Branchenverbandes. Die Regierung hält dagegen. „Auch die früheren Rauchverbote führten nicht zum Umsatzrückgang“, erklärte Gesundheitsministerin García. „Im Gegenteil, die Erfahrung hat gezeigt: Rauchfreie Lokale werden von den meisten Bürgerinnen und Bürgern geschätzt.“

Seit Jahren wird in Spanien zudem über ein generelles Rauchverbot an den Stränden diskutiert. Diese sind von dem geplanten staatlichen Anti-Tabak-Gesetz nicht betroffen, weil dort die Gemeinden für Gesundheitsschutz und Hygiene zuständig sind. Doch faktisch wird es auch dort für Raucher enger. Denn immer mehr Rathäuser erklären ihre Playas zu Nichtraucherzonen.

Inzwischen gibt es in Spanien bereits mehr als 800 Badebuchten, die als „Rauchfreie und gesunde Strände“ gekennzeichnet sind. Allein auf den balearischen Inseln mit Mallorca darf inzwischen an 53 Stränden nicht mehr gequalmt werden.

Dies dient übrigens nicht nur dem Schutz der nichtrauchenden Badegäste, sondern auch der Umwelt: In den Zigarettenfiltern lagern sich Giftstoffe wie Nikotin, Schwermetalle oder Teer ab. Gelangen sie ins Meer, können sie Fische und Vögel schädigen.