/ Kaserne, Schule, Busbahnhof – Die bewegte Geschichte des „Aldringer“

Viele erinnern sich an den Busbahnhof am Aldringen-Platz, einige noch an die „Aldringen-Schule“, welche sich bis 1974 am gleichen Ort befand. Doch die Geschichte führt viel weiter zurück.
Von Robert L. Philippart
Der Autor
Robert L. Philippart ist promovierter Historiker. Über 180 seiner Veröffentlichungen beschäftigen sich mit der Bau- und Entwicklungsgeschichte der Städte Esch und Luxemburg. Philippart ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Louvain und entwickelt spezifische Stadttouren zur Geschichte in Zusammenarbeit mit dem „Musée Dräi Eechelen“. Zwischen 1993 und 2015 war er Direktor des ONT. Anschließend wirkte er zwei Jahre als „directeur-ambassadeur touristique“ bei Luxembourg for Tourism. Seit Dezember 2017 ist Robert L. Philippart Unesco-Site-Manager im Kulturministerium.
Die Erweiterung der Stadt und ihre Begrenzung durch den Bau einer neuen Stadtmauer erfolgten im 14. Jahrhundert. Die dritte Ringmauer bestimmte nun den Raum der Oberstadt bis zur Schleifung der Festungsanlagen infolge des Londoner Vertrags von 1867. Als Mauerhöhe waren am Standort Royal Hamilius damals 8-10 m üblich. Davor lag der Stadtgraben (heute Boulevard Royal), mit einer Breite von 10-13 m und einer Tiefe bis zu 10 m in den Felsen gehauen. Infolge der Entwicklung der Artillerie wurden die Wehranlagen verschiedentlich verstärkt. Im Jahre 1615 war mit dem Ausbau der Front der Ebene begonnen worden. Die Bauarbeiten am Bastion Camus (Höhe Royal Hamilius) wurden kurz nach 1615 begonnen, konnten aber erst nach 1648 beendet werden.
Am Piquet wurden unter spanischer Herrschaft die „Artilleriekasernen“ errichtet, die bis zu 670 Mann aufnehmen konnten. Dazu gehörte ein Küchengebäude zur Seite der heutigen rue de la Poste. Nach Einnahme der Stadt Luxemburg durch die Franzosen 1684 wurde das Kavalier Camus hinzugefügt, das den Platz des ehemaligen Busbahnhofs einnahm. Es handelte sich dabei um einen sehr beengten Raum, unter dem eine bombensichere eingedeckte Kasematte von drei Stockwerken lag. Sie diente teils als Proviantlager, teils als Zeughausschmiede. Das Wagenhaus Camus, das 1873 abgetragen wurde, wird heute von der Aldringen-Straße eingenommen.

Foto: ANL/Charles Brandebourg
Die Aldringen-Schule
Durch das Gesetz vom 21. Mai 1868 wird die Stadt Luxemburg Eigentümerin des Labors und Wagenhauses Camus. Der Abtritt des ehemaligen Festungsareals gehörte zu den Entschädigungen der Stadt Luxemburg für den Verlust der Garnison. Jedoch konnte die Stadt nicht frei über das Grundstück verfügen und musste eine öffentliche Funktion dafür bereitstellen.
Die ebenfalls an die Stadt abgetretenen Neutorkasernen waren an die gleiche Verfügung gebunden. Hier entstand das Stadtbad, am Kavalier Camus, die Primärschule „Aldringen“. Beide öffentlichen Dienstleistungen werteten die benachbarten Grundstücke auf, welche der Staat als rechtmäßiger Eigentumsnachfolger des Festungsareals an Privatunternehmer verkaufte. Die 1881 eingeführte Schulpflicht führte zudem dazu, dass die Aldringen-Schule der Ausbildung der Kinder aus den neuen Vierteln dienen sollte. Studienreisen des Stadtarchitekten Antoine Luja und Vertreter der Generaldirektion der öffentlichen Bauten ins Ausland erlaubten, Erfahrungen zum Bau dieses Projektes zu gewinnen. Dabei knüpften die Projektmanager mit Félix Narjoux einen wertvollen Kontakt. Dieser französische Architekt hatte für Viollet-le-Duc gearbeitet und sich große Achtung mit der Veröffentlichung von besonders zwei Werken zum Schulbau gemacht, die auch in Luxemburg Beachtung fanden: „Les écoles publiques en France et en Angleterre: construction et installation; documents officiels; services extérieurs; services intérieurs; salles d’asile; mobilier scolaire; services annexes“ (1877); „Les écoles publiques, construction et installation en Belgique et en Hollande“ (1878).
Die Aldingen-Schule sollte Modellcharakter für sämtliche Schulen des Landes erhalten. Dabei soll es sich um eine Zentralschule für Knaben und Mädchen handeln, was die symmetrische Bauart des Schulgebäudes erklärt. Dies war eine fortschrittliche Entscheidung, denn man pflegte damals Mädchen und Jungen in unterschiedlichen Gebäuden zu unterrichten. Die Hauptfassade war zur Stadtseite bzw. zur rue Aldringen hin gerichtet. Zur Seite des Boulevard Royal gab es einen Vorgarten, der exklusiv dem Lehrpersonal vorbehalten war. Mädchen und Knaben verfügten über getrennte Schulhöfe, das Schulgebäude erhielt somit einen zentralen Platz auf dem ihm vorbehaltenen Gelände.
Das vom Stadtarchitekten Antoine Luja entworfene Schulgebäude entsprach den modernsten Hygienevorschriften des „Collège médical“. Stadtbürgermeister Emmanuel Servais verlangte, dass sich der Bau harmonisch in das neue Villen- und Bürgerviertel an den Boulevards Royal und Prince Henri einfügte.
Centre Emile Hamilius
Der Anschluss des Boulevard Royal an den Bahnhof mit der Eröffnung der Adolf-Brücke 1903 hatte eine wellenartige Bewegung der Umwandlung der Villen am Boulevard Royal zu Gesellschaftssitzen nach sich gezogen. Ein absoluter Höhepunkt dieser Entwicklung zeichnete sich 1970 mit dem Schwund von Kindern im Einschulungsalter ab. 1974 wurde die Aldringen-Schule niedergerissen, um dem Centre Hamilius Platz zu machen. Dabei entstand die erste öffentliche Tiefgarage Luxemburgs. Das Anlegen der Fußgängerzone war bereits in Planung. Dass hier ein Busbahnhof gebaut wurde, wundert kaum. Seit der Einführung der elektrischen Trambahn 1908 war der Platz vor dem Postgebäude ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für Tram, Kutschen und Landbusse. Die rasche Entwicklung von Arbeitsplätzen am Boulevard Royal verlangte eine angepasste Infrastruktur, um die Arbeitnehmer rasch ins Businessviertel zu befördern.
Um die Sicht vom Boulevard Royal auf das monumentale Postgebäude freizugeben – es war bisher durch die Aldringen-Schule verdeckt –, wurde die Fläche des Busbahnhofes nicht überbaut. Ein 33,36 m hohes Turmgebäude schloss die Sicht auf den neu geschaffenen Busbahnhof. Eine unterirdische Fußgängerpassage mit Geschäftslokalen verband den Boulevard Royal mit der rue de la Poste und der avenue Monterey. Mehrere Verwaltungsabteilungen und die Stadtbibliothek öffneten im Centre Hamilius.
Mit Sichtbeton und einem stahlverkleideten Sonnenschutz verliehen die Architekten René Schmit, André Haagen und Jean Ewert dem Gebäude ein resolut modernes Aussehen, welches die Dynamik der aufstrebenden Stadt widerspiegeln sollte. Die auf den Betonbau aufgesetzte Stahlstruktur unterstrich die vertikalen Linien und ließ das Gebäude in die Höhe streben. 2014 wurde mit dem Abriss des Komplexes Centre Emile Hamilius begonnen.
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So schön wie in den 1960er Jahren wird der Aldringer mit dem gut sichtbaren schmucken Postgebäude nie wieder sein. Tempi passati! Genau wie die Prachtstrasse der Hauptstadt, der Boulevard Royal, mit seinen Villen und prachtvollen Gebäuden die zweckmässigen, unpersönlichen, seelenlosen Bauten , sprich Bankhäusern, weichen mussten. Aber damit muss man sich wohl oder übel abfinden, denn Geld regiert die Welt.
genau esou ass ët, all bloed haus op den dierfer gët denkmalschutz awer déi gebeier déi ët wirklech wert sin déi rappen se ôf, dofir fannen ech dass ons stadt komplett verschampléiert ass mat dénen bloeden onschéinen neien gebeier, an zumôls de bd Royal
Der bvd Royal ist die am meisten verhunzte Strasse der Stadt. Kriminell, was die Politik da geschehen liess. Und genau dort liegt der Keim der Verkehrsmisere, die Konzentration des Verkehrs auf die Innenstadt.
Das Debakel begann mit dem Abriss der „Aldringer“ Schule. Danach ging es unter der blauen Bürgerschaft konsequent mit der „Staadt“ bergab. Weiter so !