FR.A.RT (18)Karolina Pernar, 1978, Burglinster

FR.A.RT (18) / Karolina Pernar, 1978, Burglinster
 Foto: Anouk Flesch

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Karolina Pernar (karolinapernar.com) wuchs in Kroatien auf. Sie zog nach Perugia, wo sie erst die italienische Sprache und dann Schmuckdesign lernte. Bei der Arbeit in einem Schmuckladen merkte sie, ihr fehle es an Möglichkeiten, ihre Kreativität zu realisieren und schrieb sich für Bildhauerei an der Akademie für bildende Künste ein. In diesem Kontext lernte sie die Metallarbeit kennen. Sie war vier Jahre lang die Assistentin eines Künstlers in Rom, bevor sie nach Kroatien zurückzog. Seit fünf Jahren lebt sie mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Luxemburg. Sie arbeitet vor allem im Holz, welches sie mit anderen Medien verbindet. Ihr Atelier befindet sich in den „Annexes du Château“ in Burglinster.

Tageblatt: Beschreiben Sie sich in drei Wörtern.

Karolina Pernar: Neugierig, leidenschaftlich und unheilbar positiv. Beim Betrachten meiner Werke denken die Leute oft, ich sei eine geduldige Person, aber ich nehme mich nicht als solche wahr.

Zu welcher Tageszeit sind Sie am kreativsten?

Sehr früh morgens oder spätabends. Wichtiger als die Tageszeit ist, dass ich alleine bin. Dann kann ich mich fokussieren.

 Foto: Anouk Flesch

Welchen Teil des Kunstschaffens gefällt Ihnen am wenigsten?

Mir gefällt der kommerzielle Teil nicht. Ich würde mir lieber keine Sorgen darüber machen müssen, ob meine Kunst gefällt und sich verkaufen lässt oder nicht.

Worum geht es in Ihren Werken?

Ich spiele mit Perspektiven und Reflexionen -egal von wo man meine Werke betrachtet, sieht man immer nur einen Teil des Ganzen. Wir leben, um verschiedene Perspektiven einzunehmen, um zu lernen. Mit meinen Werken will ich den Raum erweitern und den Betrachtenden so die Möglichkeit geben, ihn auf eine komplett neue Art zu erleben. Die Räume, in denen wir uns befinden, formen unsere Denkart und beeinflussen uns. In jedem meiner Werke stelle ich auch die Unendlichkeit dar – in Form von Spiegel, Kreisen oder Spiralen ohne Anfang oder Ende.

 Foto: Anouk Flesch

Was mich zuletzt sehr interessiert hat, ist die Idee der liminalen Identität. Sie beschreibt den Zustand, sich zwischen zwei oder mehreren Kulturen zu befinden und sich keiner vollständig zugehörig zu fühlen. Ich bin in Kroatien aufgewachsen, verbrachte aber viele Jahre in Italien und jetzt bin ich hier – wo gehöre ich hin? Das Gleiche gilt für meine Kinder – hier sind sie aus Kroatien, in Kroatien sind sie aus Luxemburg. Es ist die Mischung verschiedener Kulturen, die unsere Identität mitbestimmt. Diesen Zustand will ich in meinem Werk recherchieren und beschreiben. Der kreative Prozess hilft mir zu verstehen, wer ich bin und wie ich die Welt um mich herum wahrnehme.

Warum Holz?

Holz ist freundlich, warm und vergebend – das passt besser zu meinem Charakter als Metall. Es erlaubt mir, den ganzen Prozess selbst zu machen, sogar bei großen Werken. Für große Metallwerke habe ich immer Hilfe von außen benötigt. Ich bin lieber unabhängig. Ich mag es auch, Holz mit anderen Medien zu kombinieren, wie zum Beispiel Videoprojektionen.

Wie erfahren Sie die Kunstszene als Frau?

Ich kann mich an nichts Konkretes erinnern. Aber die Kunstwelt ist eine Männerwelt. Meiner Erfahrung nach muss man sich als Künstlerin doppelt beweisen, Männer haben es leichter.

Mit welchem/welcher Künstler*in würden Sie gerne einmal zusammenarbeiten?

Mit Ólafur Elíasson. Er arbeitet mit natürlichen Elementen wie Nebel oder Eis und verändert die Raumperspektive der Betrachtenden komplett. Er sagte einmal: „Wenn du die Welt verändern willst, musst du verändern, wie die Menschen die Welt sehen.“

 Foto: Anouk Flesch

Was ist Ihre Lieblingskulturinstitution in Luxemburg?

Das Museum Dräi Eechelen, weil man dort sehen kann, wie die Stadt sich mit der Zeit verändert hat. Ich liebe die Museen hier in Luxemburg, weil sie das Alte so gut mit dem Neuen verbinden. Ich mag auch die Kulturfabrik, wo ich im Herbst in Residenz sein werde.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Ich will mit meiner Familie auf ein Boot ziehen, um die Welt segeln und neue Orte entdecken. Während der Pandemie haben wir entschieden, dass wir unser Leben so führen wollen. Denn wir Menschen planen unser Leben, als würden wir alle 80 Jahre alt werden – aber wer weiß?

Welche luxemburgische Künstlerin empfehlen Sie?

Alexandra Uppman, die auch hier in den „Annexes du Château de Bourglinster“ ihr Atelier hat und deren Arbeit sehr feinfühlig ist.

 Foto: Anouk Flesch

FR.A.RT

Frauen sind in der Kunstwelt nach wie vor unterrepräsentiert. Um dem entgegenzuwirken, stellt die FR.A.RT-Porträtserie Künstlerinnen vor, die eine Verbindung zu Luxemburg haben. Jedes Porträt besteht aus einem Interview und Fotos. Das Projekt schließt diverse visuelle Kunstgenres sowie etablierte Künstlerinnen und Newcomerinnen ein.