Retro 2020Jeder auf seine Weise: Im Sport gab es trotz Pandemie außergewöhnliche Momente

Retro 2020 / Jeder auf seine Weise: Im Sport gab es trotz Pandemie außergewöhnliche Momente
Leandro Barreiro hat sich in Deutschland einen Namen gemacht Foto: Editpress/Jeff Lahr

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Das Wort des Jahres ist laut einer landesweiten Umfrage das Ding mit der Krone. Eigentlich müsste es das Unwort 2020 sein. Aber darüber will ich eigentlich jetzt nicht reden, denn es gibt genügend Menschen und Sportler, die es verdienen, öfter in den Gesprächsrunden – wenn es denn noch welche gibt – erwähnt zu werden als dieses lästige Virus.

„Rot und Weiß sind unsere Farben, euer Leben ist nur grau“, diese Zeile aus der Mainzer Stadionhymne ist für Fußballprofi Leandro Barreiro vor dem Spiel zur Normalität geworden. Der 20-Jährige hat seit Januar 24 Bundesliga-Spiele für den FSV Mainz 05 bestritten. In Deutschland hat er sich einen Namen als Kilometerfresser gemacht – live gesehen hat das leider fast keiner. Geht seine Karriere in diesem Rhythmus weiter, ist der luxemburgische Bundesliga-Rekord von Jeff Strasser (194 Spiele) nur eine Frage der Zeit.

Messi, Ronaldo, zweites Kind und ein paar neue Luxuskarossen. Klingt nach der „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“-Kultwerbung der deutschen Sparkasse aus den 90er-Jahren. Es handelt sich dabei jedoch um das Leben von Gerson Rodrigues. Der Fußballnationalspieler hat rasante Monate hinter sich. Die Leistungen waren schwankend – weshalb er auch mal kritisiert wurde. Rodrigues hat jedoch innerhalb von vier Jahren den Sprung von der Ehrenpromotion in die Champions League geschafft. Und nur aus diesem Grund sollte der 25-Jährige den nötigen Respekt erhalten.

Familie statt Olympia: Vor der Verschiebung von Tokio 2020 hatten sich Schwimmer Raphäel Stacchiotti, Radfahrerin Christine Majerus, Kugelstoßer Bob Bertemes, Tischtennisspielerin Ni Xia Lian, Springreiter Nicolas Wagner und zwei noch nicht bekannte männliche Radfahrer für das Großevent qualifziert. Für Ni und Stacchiotti kam die Absage zum richtigen Moment. Der Schwimmer wurde in diesem Jahr Vater von Zwillingen und konnte sich in den vergangenen Monaten etwas intensiver um seinen Nachwuchs kümmern. 

Ni hatte sich bereits im Juni 2019 bei den European Games in Minsk das Ticket für die Olympischen Spiele gesichert. Damals hatte diese frühzeitige Qualifikation unglaubliche Freude in ihr ausgelöst. Erstens weil sie wieder bei den Besten dabei sein kann und zweitens, weil die Silbermedaille in Weißrussland es ihr erlaubt, endlich mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. 2020 musste sie nämlich nicht durch die Welt tingeln, um das Olympia-Ticket zu ergattern. Wenn die Spiele im Juli 2021 wie geplant über die Bühne gehen, ist Ni 58 Jahre alt. Ob die Powerfrau danach zurücktreten wird, steht noch in den Sternen.

Alles für den Dackel, alles für den Klub … oder so ähnlich. Verdient, dass über sie geredet wird, haben auch die vielen ehrenamtlichen Helfer und Vorstandsmitglieder, die in diesen schweren Zeiten versucht haben, ihren Verein im Überlebensmodus zu halten. Für Außenstehende ist es nämlich sehr schwer zu verstehen, welche verheerenden Ausmaße eine solch lange Zwangspause auf die Finanzen und das Innenleben eines Klubs haben. Viele Vereine hierzulande versuchen, sich professioneller aufzustellen – auch damit ihr Klub in der Zukunft weiter wachsen kann. Dazu gehören auch hauptberufliche Trainer und Spieler. Die fehlenden Einnahmequellen wurden ihnen in diesem Jahr fast zum Verhängnis. Gekämpft wurde trotzdem und dies sollte man diesen Menschen hoch anrechnen. Ob man eine Pro-Professionalisierungs-Politik gut findet oder nicht – diese ehrenamtlichen Mitglieder haben etwas für die Gesellschaft getan. Das kann nicht jeder von sich behaupten.

Und so hat jeder das Jahr 2020 auf seine ganz eigene Weise erlebt. Alle vereint aber vermutlich derselbe Wunsch: Das (Un)wort des Jahres soll 2021 etwas weniger oft Bestandteil einer Gesprächsrunde sein.