Spielzeit 22/23Jazz, Politik und Feminismus: Die neue Spielzeit in Neimënster

Spielzeit 22/23 / Jazz, Politik und Feminismus: Die neue Spielzeit in Neimënster
Larisa Faber ist die neue „artiste en résidence“ in Neimënster Foto/(C): Jeanine Unsen

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die neue Spielzeit in Neimënster verspricht vor allem Jazz-Aficionados, Theaterbegeisterten und einem jungen Publikum ein ansprechendes Programm.

Etwas antiklimatisch war die Saisonvorstellung in Neimënster dann schon: Genau zu dem Zeitpunkt, zu dem die Leiterin Ainhoa Achutegui die Konferenz für beendet erklärt und zum Kaffee einlädt, taucht Larisa Faber auf, die Anne-Mareike Hess als nächste „artiste en résidence“ ablösen wird. Überrumpelt von der Frage, ob sie der Konferenz, an der sie nicht teilnehmen konnte, etwas hinzuzufügen möchte, meinte die Kulturschaffende bloß irritiert, lakonisch und humorvoll: „Kommt vorbei, es wird großartig“.

Anfang März (2023) werden, quasi als symbolisches Zeichen der Echos in den Werken der beiden Kulturschaffenden, „Dreamer“, der zweite Teil der mit „Warrior“ begonnenen Trilogie, in der Hess Klischees in der Wahrnehmung des weiblichen Körpers dekonstruiert, und Fabers „stark bollock naked“, in dem sie humorvoll, aber auch dezidiert kritisch die Mutterschaftsansprüche in der gesellschaftlichen Wahrnehmung der Frau offenlegt, quasi back to back aufgeführt.

Spannend klingen auch die weiteren Theaterprojekte, bei denen der Schwerpunkt auf Zugänglichkeit gelegt werden soll: Im Laufe von „Ersatz“ werden in der Form von Objekttheater die Irrungen und Wirrungen des digitalen Zeitalters in bester „Black-Mirror“-Manier aufs Korn genommen, bei „Tchaïka“ dient der intertextuelle Tschechow-Rahmen einem Marionettentheaterstück, in dem Fiktion und Wirklichkeit verschwimmen – und „Camarades“ ist ein Stück über Mai ’68, das die Intendantin von Neimënster so begeistert hat, dass sie uns partout nichts darüber verraten wollte.

Für die neue Spielzeit legt Neimënster abermals den Schwerpunkt auf die Jazzmusik, die mittlerweile auf fünf verschiedene Arten dekliniert wird: Pause, Forward, Loading, Shuffle und Reset heißen die verschiedenen Herangehensweisen an das Genre. Hinter „Pause“ verbirgt sich das damalige Apéro-Jazz, das nunmehr nur einmal im Monat in der (schön) restaurierten Brasserie stattfinden wird und nationale und internationale Größen programmiert. „Forward“ umfasst eine Vielzahl an Konzerten von Bands, die Scheuklappen, nun ja, scheuen und Jazz mit den Versatzstücken anderer Genres anreichern – neben den hierzulande bereits bekannten Klein sollte man sich hier vor allem die tollen „Bohren und der Club of Gore“ vormerken.

Im Rahmen der „Loading“-Residenz arbeitet Multiinstrumentalist und Tausendsassa Pol Belardi zurzeit in Neimënster an einem Genre-übergreifenden Projekt, in dem seine klassische Ausbildung, seine Liebe zum Jazz und seine Experimentierfreudigkeit in anderen Genres zur Geltung kommen soll.

Hauptanliegen des Showcase-Festivals „Shuffle“ am 25. und 26. November ist es, so Giovanni Trono von Kultur | lx, luxemburgischen Jazzmusiker*innen eine (inter)nationale Sichtbarkeit zu geben. Das 2012 unter dem etwas biederen Namen „Luxembourg Jazz Meeting“ gegründete Festival hat innerhalb der letzten Jahre zu über 50 Projekten geführt, eingeladen sind für die diesjährige Auflage ein ganzes Panel an Profis aus dem Milieu, vor denen Vertreter der hiesigen Szene nicht nur auftreten, sondern die sie auch im Rahmen von Aktivitäten wie Speed-Meetings kennenlernen können. Des Weiteren ist einen Austausch mit einem Showcase-Festival auf den Balearen vorgesehen. Über das von Pascal Schumacher kuratierte „Reset“-Festival wird man zu einem späteren Zeitpunkt mehr erfahren.

Damit die Abtei den Modernisierungsansprüchen gerecht werden kann, ohne dabei dem Publikum den Zugang zu spannenden Kulturereignissen zu verwehren, werden die Räumlichkeiten Stück für Stück renoviert: Die Arbeiten zur Umgestaltung der Brasserie und der Empfangshalle sind abgeschlossen, zurzeit sind u.a. die Künstlerresidenzen dran – damit die Kulturschaffenden endlich unter optimalen Bedingungen ihrer Kreativität nachgehen können.