Streit um WaffenlieferungenItaliens Regierung wankt – Koalition könnte am Ukraine-Krieg zerbrechen 

Streit um Waffenlieferungen / Italiens Regierung wankt – Koalition könnte am Ukraine-Krieg zerbrechen 
Premier Mario Draghi droht damit, sein Amt niederzulegen, sollte der Streit mit den Sternen nicht gelöst werden Foto: Roberto Monaldo/LaPresse via ZUM

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Seit Wochen streitet die Fünf-Sterne-Bewegung über Waffenlieferungen an die Ukraine. Jetzt bringt die Partei die Regierung in Gefahr.

Soll Italien der Ukraine weiter Waffen liefern, die Sanktionen gegen Russland einhalten oder an die Sicherheit der eigenen Wirtschaft denken und sich lieber ruhig verhalten? Darüber entbrannte bereits vor Wochen der Streit im politischen Rom. Der Chef der technischen „Regierung der nationalen Einheit“, Ex-EZB-Präsident Mario Draghi, spricht sich strikt für eine weitere Unterstützung Kiews aus, wie er dies auch beim gemeinsamen Besuch mit den politischen Spitzen Frankreichs, Deutschlands und Rumäniens ausgedrückt hatte. Die größte Mehrheitspartei im Parlament, die MoVimento 5 Stelle (Bewegung 5 Sterne), ist jedoch gegen weitere Waffenlieferungen und drängt auf den Verhandlungsweg.

Bereits vor einer Woche hatte sich eine erhebliche Gruppe von M5S-Parlamentariern unter Führung des Außenministers Luigi Di Maio von der Partei losgelöst und die eigene Parlamentsgruppe „Insieme per il futuro“ (IPF) gegründet. „Gemeinsam für die Zukunft“ will man an der Seite Draghis streiten, Di Maio spricht sich deutlich für eine weitere Unterstützung der ukrainischen Führung und ein enges Zusammengehen mit den europäischen Partnern aus.

Sterne fordern Zurückhaltung

Damit steht der Minister ziemlich isoliert seiner einstigen Partei gegenüber. Deren Chef Giuseppe Conte trifft sich am Montag mit Premier Draghi, um über ein weiteres Verbleiben der Sterne im Regierungsbündnis zu diskutieren. Bereits im Vorfeld hatte Conte dazu schon Bedingungen genannt: Die Waffenunterstützung für die Ukraine soll reduziert werden, für die arbeitende Bevölkerung soll endlich ein Grundeinkommen geregelt werden, und schließlich soll Rom dringend eine Müllverbrennungsanlage bekommen. Obwohl diese Themen nach außen überhaupt nichts miteinander zu tun haben, sind sie im Kern doch die Knackpunkte der aktuellen Koalition.

Conte wird Draghi unbequem, weswegen sich der frühere EZB-Chef auch direkt an den Sternegründer Beppe Grillo mit der Aufforderung gewandt hatte, seinen Vorgänger im Regierungsamt aus den Reihen der Partei zu entfernen. Dies ist allerdings ein ungehöriger Vorgang, noch nie hatte es bislang in der Geschichte der Republik ein Regierungschef gewagt, sich in die inneren Angelegenheiten einer Partei zu mischen.

Entsprechend scharf war das Echo seitens Conte. Nach Telefonaten vereinbarte der Parteichef ein Treffen am Montagmorgen mit Grillo, dann mit einem Nationalconvent der Sterne und schließlich ein Treffen mit dem Regierungschef.

Die Rechten lauern

Im Vorfeld traf sich Conte mit dem Chef der sozialdemokratischen Partito democratico (Pd), Enrico Letta, und Gesundheitsminister Roberto Speranza, der der linken Partei Articolo 1 vorsteht. In Sachen Grundeinkommen und Müllverbrennung signalisierten die Gesprächspartner Unterstützung, in Fragen der Ukraine hielt sich der Pd-Chef bedeckt.

So geht Conte mit einer etwas vagen Rückendeckung in die Gespräche mit dem Regierungschef. Der M5S-Vorsitzende deutete schon an, dass die Partei – sollte es zu keiner Einigung mit Draghi kommen – sich aus der Regierung zurückziehen werde.

Draghi seinerseits kündigte für diesen Fall an, sein Amt niederlegen zu wollen. Eine solche Entscheidung dürfte eine gewaltige Krise der italienischen Politik nach sich ziehen. Gemäß der letzten Parlamentswahlen stellt die Fünf-Sterne-Bewegung in beiden Kammern des Parlaments jeweils die größten Fraktionen. Bei eventuell anberaumten Neuwahlen dürfte sich das politische Bild des Landes jedoch gewaltig ändern: Allen vergangenen Wahlergebnissen zufolge verwandelt sich die einst erfolgreiche Protestpartei dann in Sternenstaub. Als lachende Sieger würden die rechten Parteien die politischen Geschicke im Land übernehmen. Bei den engen Beziehungen, die zum Beispiel Lega-Chef Matteo Salvini zu Wladimir Putin unterhielt (und weiterem Beifall für Moskau aus der rechten Ecke), dürfte ein Wahlsieg der Mitte-rechts-Parteien eine erhebliche Belastung nicht nur für die EU, sondern auch für die ohnehin angezweifelten Aktivitäten der NATO sein. Rom könnte sich zu einem kleinen Pulverfass in der gegenwärtig politisch unsicheren Lage in Europa entwickeln.

Jill
5. Juli 2022 - 21.38

Die Italiener werden es gelassen nehmen, halten die Regierungen im Durchschnitt doch sowieso nur 2 Jahre. Dann arbeiten die Parteien wieder zusammen und es entsteht eine neue Koalition und es geht weiter, irgendwie.