JustizInzest soll in Luxemburg eine Straftat werden

Justiz / Inzest soll in Luxemburg eine Straftat werden
Sam Tanson, Justizministerin Foto: Editpress/Julien Garroy

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Wenige Inzest-Verurteilungen werden in Luxemburg verzeichnet. Doch das bedeutet nicht, dass es nicht viele dieser Fälle gibt. Inzest soll nun eine eigenständige Straftat werden, heißt es von Justizministerin Sam Tanson („déi gréng“) auf eine parlamentarische Frage des Abgeordneten Dan Biancalana (LSAP). Bislang war Inzest nur ein erschwerender Umstand eines Missbrauches.

Inzest soll in Luxemburg eine Straftat werden. Dies geht aus einer Antwort von Justizministerin Sam Tanson („déi gréng“) auf die parlamentarische Frage des Abgeordneten Dan Biancalana (LSAP) hervor. Die Luxemburger Gesetzgebung würde Inzest derzeit weder im „Code pénal“ noch durch eine „Loi spéciale“ als Delikt bestrafen, so Biancalana. Er werde nur als erschwerender Umstand bei einer Vergewaltigung oder bei sexuellem Missbrauch gewertet. 

Laut Tanson müsse die Gesetzgebung analysiert werden. Bei wie vielen Vergewaltigungen oder unzüchtigen Handlungen gegen 16- bis 18-Jährige auch Inzest vorliege, könne man derzeit nicht sagen. Das weil die Minderjährigkeit in diesen Fällen weder als konstitutives Element noch als erschwerender Umstand angesehen wird. Somit beziehen sich die aktuellen Zahlen der Inzest-Verurteilungen nur auf Minderjährige unter 16 Jahren. Laut Justizministerin sind 2015 fünf Personen verurteilt worden, 2016 waren es vier. 2017 gab es zwei Verurteilungen. 2018 und 2019 gab es jeweils eine Verurteilung und 2020 sei keiner für diese Straftat verurteilt worden.

Biancalana unterstreicht in seiner Frage, dass laut der „Association luxembourgeoise de pédiatrie sociale“ (Alupse), die Inzestopfer betreut, die Gerichtsverfahren und Ermittlungen langatmig seien und einen langen und sehr harten Weg für die Opfer darstellen würden. Bei den Resultaten der Gerichtsverfahren seien die Opfer enttäuscht. Tanson hält es für notwendig, einen eigenständigen Strafbestand zur Ahndung solcher Handlungen zu schaffen. Der Gesetzentwurf, an dem gearbeitet werde, sehe auch eine Verlängerung der Verjährungsfristen vor. Daneben müsse auch die Möglichkeit einer Verstärkung der Sensibilisierungs- und Präventionsmaßnahmen in Betracht gezogen werden, so die Ministerin.

Auslöser für Biancalanas Fragen waren Berichte in den sozialen Medien, wo, vor allem in Frankreich, viele Personen über ihre Erfahrungen mit Inzest und Missbrauch berichteten. Der Abgeordnete erwähnt den Hashtag #metooinceste, der auf die Problematik aufmerksam machen soll. Der Katalysator dieser Bewegung sei Camille Kouchners Werk „La familia grande“ gewesen, in dem sie erzählt, wie ihr Stiefvater – der französische Politologe Olivier Duhamel – ihren Zwillingsbruder missbraucht habe.