Ratgeber „Nackt im Netz“Intimes soll intim bleiben

Ratgeber „Nackt im Netz“ / Intimes soll intim bleiben
Neuer Ratgeber für Minderjährige und Erwachsene: Was tun, wenn intime Texte, Fotos und Videos aus dem Ruder laufen?  Foto: Editpress/Julien Garroy

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Der richtige Umgang mit den sozialen Plattformen will gelernt sein. Vor allem, wenn es darum geht, richtig einzuschätzen, welche Konsequenzen es haben kann, wenn man Intimes von sich preisgibt. „Nackt im Netz“ heißt ein neuer Ratgeber, der sich mit dieser Problematik beschäftigt. Er richtet sich vor allem an junge Leute, sollte aber von jedem mit Interesse gelesen werden. Vor allem von jenen, die das Netz nach wie vor als rechtsfreien Raum sehen.

Soziale Medien sind eine scheinbar verlockende Alternative zum richtigen Leben. Oft sind sie, wie gerade eben in diesen außergewöhnlichen Zeiten, aber auch die einzige Möglichkeit für Begegnung und sozialen Austausch im größeren Kreis. Das Netz als Sprungbrett in die Geselligkeit kann dabei mitunter leicht zur Falle werden. Nämlich dann, wenn das, was man von sich preisgibt, später gegen einen verwendet werden kann – mit ungeahnten Folgen.

DOWNLOAD Ein bei Bee Secure angegebener Link funktioniert derzeit nicht (Stand: Mittwoch, 8 Uhr). Die Broschüre kann aber auch von der Seite der Polizei als PDF heruntergeladen werden.

Gefahr droht zum Beispiel beim „Sexting“. Unter diesem Begriff, der sich aus den Wörtern „Sex“ und „Texting“ zusammensetzt, versteht man das Verschicken und den Austausch intimer Nachrichten beziehungsweise selbstproduzierter Fotos und Videos über die sozialen Plattformen.

Gründe für Sexting gibt es viele und diese Form der Kommunikation ist sicherlich nicht immer verwerflich. In manchen Fällen kann sie allerdings nicht nur gefährlich, sondern auch strafbar werden. Vor allem dann, wenn sie aus einem vermeintlich kleinen Kreis an die große Öffentlichkeit gelangt. 

Peinliche Erfahrung

Der Ratgeber „Nackt im Netz“ beschäftigt sich mit dieser Problematik. Gestern wurde er in den Räumlichkeiten der hauptstädtischen Polizei in Anwesenheit von unter anderem Justizministerin Sam Tanson und Bildungsminister Claude Meisch offiziell vorgestellt.

Die Broschüre bietet Informationen über die Rechtslage und Risiken und gibt Betroffenen praktische Tipps zum Umgang damit, wenn es zu problematischen Situationen kommt. Wenn zum Beispiel Nacktbilder ungewollt in Umlauf geraten, am Ende einer Beziehung oder vielleicht sogar als Mobbing oder Erpressung. Was für das Opfer mindestens peinlich bis schlimmstenfalls rufschädigend und gar existenzgefährdend sein kann, ist für den Täter eine Straftat. Die beginnt mit dem Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild. Erschwerende Umstände können hinzukommen. Ein Kavaliersdelikt ist es nicht.

Der Ratgeber erklärt in leicht verständlicher Form, wie man aktiv werden, Rat und Hilfe suchen oder Anzeige erstatten kann. Er macht deutlich, dass man nicht „Opfer“ bleiben muss oder wie man am besten gar nicht erst dazu wird. Dazu gehört auch die Information, dass man sich als Minderjähriger ebenfalls strafbar macht, wenn man sexualisierte Bilder oder Videos von sich verschickt. Darauf müssen die Verfasser des Ratgebers natürlich hinweisen.

Bei der Vorstellung der Broschüre ist aber auch betont worden, dass junge Menschen sich oft der weitreichenden Konsequenzen ihres Handelns nicht bewusst sind, sich unklug benehmen und Fehler machen. Dafür solle man etwas Verständnis haben, hieß es am Dienstag. Es gehe deshalb auch nicht darum, diese Fehler mit aller Härte zu bestrafen. Allerdings müsse dafür gesorgt werden, dass sie sich nicht wiederholen.

Eine pädagogische Herangehensweise ist demnach nötig, um jungen Menschen die Tragweite ihres Handelns vor Augen zu führen und ihnen zum Beispiel die Gefahren von Sexting zu erläutern.

Teufels Küche

Der Ratgeber „Nackt im Netz“ kann mit anderem pädagogischem Material Hilfe bieten. Zweifellos besteht Bedarf daran. Man sollte jedenfalls nicht davon ausgehen, dass Sexting, um bei diesem Beispiel zu bleiben, verschwinden wird. Umso wichtiger sind Sensibilisierung und Aufklärung, und das bereits in der Grundschule.

Im größeren Ganzen geht es um Medienerziehung, um Medienkompetenz. Was darf ein junger Mensch auf Snapchat, Instagram oder WhatsApp schreiben und zeigen, ohne in Teufels Küche zu geraten?

Da das alles doch noch ziemlich neu ist und auch Erwachsene sich dabei noch oft danebenbenehmen, sollte man Geduld mit den jungen Leuten haben.

Der Ratgeber „Nackt im Netz“ ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen der Polizei, der Initiative Bee Secure, Script („Service de coordination de la recherche et de l’innovation pédagogiques et technologiques“) sowie der Staatsanwaltschaft. Seit Dezember liegt er gratis an Schulen, Jugendhäusern, Polizeikommissariaten und Beratungsstellen aus.

monopol scholer
27. Januar 2021 - 16.02

Die im Artikel geforderte Aufklärung und Sensibilisierung sollte schon im Elternhaus beginnen. Was nicht ausschliesst, dass sie in den Schulen auf professionelle Art fortgesetzt werden sollte. Allzuviele Jugendliche und auch Erwachsene posten leichtfertig Fotos von sich im Netz, ohne sich der Gefahr, der sie sich damit aussetzen, bewusst zu sein. Dabei muss es sich nicht unbedingt um Nacktbilder oder Exhibitionismus handeln. Ein Mehr an Diskretion und Zurückhaltung wäre nicht schlecht, im Gegenteil. Das Netz ist ein Glashaus, dessen muss sich jeder bewusst sein.