EditorialIn der EU werden mit gebremstem Eifer Grundwerte verteidigt

Editorial / In der EU werden mit gebremstem Eifer Grundwerte verteidigt
Das Europäische Parlament dürfte kommende Woche mittels einer Resolution eine Klage gegen die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof initiieren Foto: AP/Jean-François Badias

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Kommende Woche wird im Europäischen Parlament voraussichtlich eine Resolution verabschiedet, mit der die EP-Abgeordneten eine Klage gegen die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg einleiten werden. Die Parlamentarier hatten die Brüsseler Behörde ultimativ dazu aufgefordert, den seit 1. Januar rechtsverbindlich in Kraft gesetzten Rechtsstaatsmechanismus zum Schutz des EU-Budgets anzuwenden. Dieser erlaubt es der Kommission, am Ende eines Verfahrens Mitgliedstaaten EU-Gelder zu streichen, die gegen demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen. Die Frist der Volksvertreter ist am 1. Juni verstrichen, sie müssen nun handeln, wenn sie glaubwürdig bleiben wollen. Zwar dürfte es Monate dauern, bevor es am EuGH zu einem Urteilsspruch kommt. Doch schon so ist die Angelegenheit blamabel genug.

Zwar versucht die Kommission, sich mit dem Argument herauszureden, sie wolle noch Leitlinien ausarbeiten, um den Mechanismus juristisch wasserdicht anwenden zu können. Doch wird dies als Zeitschinderei zugunsten der potenziell ersten Adressaten eines derartigen Verfahrens gewertet. Die ungarische und polnische Regierung hatten den Beschluss über die Einsetzung des Rechtsstaatsmechanismus im vorigen Dezember so lange torpediert – indem sie den mehrjährigen EU-Haushalt blockierten –, bis sie die Möglichkeit erhielten, die Anwendung des Mechanismus um Jahre hinaus zu verzögern. Womit die Angelegenheit damals schon äußerst peinlich war.

Doch ausgerechnet die USA, die in den vergangenen Jahren in Sachen guter Regierungsführung und Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit geradezu den Bach runtergingen, geben jetzt den Europäern wieder Lektionen, was den Respekt solcher Grundprinzipen anbelangt, und belegen drei Bürger des EU-Mitglieds Bulgarien mit Sanktionen. Der Grund: Den drei Firmenchefs wird Korruption vorgeworfen. Mit ihrem Vorgehen wollten die USA etwas gegen die Unterminierung der demokratischen Institutionen und den Abbau des Rechtsstaats in Bulgarien tun, wie aus einer Mitteilung des US-Finanzministeriums hervorgeht. Eigentlich müssten in Brüssel und allen anderen EU-Hauptstädten die Alarmglocken schrillen. Strafmaßnahmen aus dem Ausland gegen einen EU-Mitgliedstaat? Als China vor einigen Wochen als Gegenmaßnahme zu EU-Sanktionen gegen Peiniger von Tausenden Uiguren im Nordwesten des Landes mehrere europäische Parlamentsabgeordnete mit Einreiseverboten belegte, war die Empörung groß. Im Falle Bulgariens aber wird geschwiegen. Vermutlich aus Scham darüber, dass die EU-Europäer selbst nicht in der Lage sind, ihren Laden sauber zu halten, sprich ihre Mitglieder dazu zu bringen, grundlegende Rechtsprinzipien einzuhalten.

Zuvorderst ist dafür die EU-Kommission zuständig. Wenn diese nicht tätig wird, wäre es geradezu die Pflicht der anderen Mitglieder der Union, die Hüterin der Verträge zum Handeln aufzufordern. Doch weder das eine noch das andere geschieht. Selbst die Mitgliedstaaten tun sich schwer damit, in ihren Gremien bereits laufende Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn und Polen voranzubringen. Zusammengefasst ist es alles andere als vertrauenerweckend, wenn die wesentlichen Akteure in der EU mit derart gebremstem Eifer gegen Rechtsstaatsverletzungen in einzelnen Mitgliedstaaten vorgehen. Schlimm genug, dass sich die EU überhaupt interne Sanktionsmechanismen geben muss, mit denen ihre Mitglieder wieder zur Einhaltung eigentlich selbstverständlicher Werte und Rechte bewegt werden sollen. Werden diese Mechanismen aber nicht oder nur halbherzig angewendet, sollte sich niemand über zunehmende Zweifel am guten Funktioneren der EU wundern.

Blücher
5. Juni 2021 - 13.28

Wieweit es sich in Europa mit den Grundwerten hält , man Lukaschenko abstraft und Erdogan mit EU Geldern füttert. Zweierlei Maßstäbe für Ländern wo Grundwerte zur Nebensache gehören und überflüssige Diskussion über Grundwerte , wo Scheinheiligkeit der Trumpf ist .