UmfrageIn der EU variieren die Ansichten zum Thema Menschenrechte teils gravierend

Umfrage / In der EU variieren die Ansichten zum Thema Menschenrechte teils gravierend
Auch in der Europäischen Union – wie hier in Paris – muss immer noch für die Einhaltung von Grundrechten demonstriert werden Foto: AFP/Abdulmonam Eassa

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In Luxemburg sind die Menschen mehrheitlich der Ansicht, dass es keine Verstöße gegen ihre Grundrechte gibt, politische Parteien die Wähler nicht einschüchtern und Bestechlichkeit von Staatsbeamten nicht akzeptabel ist. Dies wird jedoch nicht in allen EU-Staaten so gesehen, wie aus einer jüngst von der Europäischen Agentur für Grundrechte veröffentlichten Studie hervorgeht.

Welche Bedeutung haben Menschen- oder Grundrechte in der Europäischen Union und wie groß ist das Vertrauen in die Politik, die diese Rechte durchsetzen soll? Unter anderem diesen Fragen geht eine Umfrage der Europäischen Agentur für Grundrechte nach, deren erste Ergebnisse jüngst veröffentlicht wurden. Dass Menschenrechte wichtig sind, um eine fairere Gesellschaft zu schaffen, davon sind 88 Prozent der Befragten in der EU überzeugt. Allerdings meinen nur mehr 52 Prozent, dass alle gleichermaßen in den Genuss dieser Rechte kommen, und 33 Prozent gaben an, dass nur Kriminelle und Terroristen von diesen Rechten profitierten, obwohl sie es nicht verdienen würden.

Bei weitem nicht alle sind der Meinung, dass derzeit jeder in der EU in den Genuss grundlegender Menschenrechte kommt. Im EU-Durchschnitt stimmten dem nur 52 Prozent der Befragten zu, 30 Prozent waren gegenteiliger Ansicht, 18 Prozent konnten sich nicht entscheiden. In Luxemburg meinten immerhin 72 Prozent der Befragten, dass jeder in den Genuss von Menschenrechte kommt, hinter den Niederlanden und Schweden (jeweils 79 Prozent) und Dänemark (78 Prozent). Am anderen Ende der Skala meinen 67 Prozent der Befragten in Zypern, 57 Prozent in Kroatien und 55 Prozent in Spanien, dass dem nicht so ist. Die Autoren der Studie geben an, dass insbesondere Menschen mit geringerem Einkommen und niedrigem Bildungsstand nicht davon ausgehen, dass jeder im gleichen Maße von den Grundrechten profitiert.

Während im EU-Durchschnitt 48 Prozent der Befragten der Ansicht sind, dass es in anderen Ländern, aber nicht in ihrem Land, Probleme mit Menschenrechten gibt, waren in Luxemburg – und Dänemark – 67 Prozent der Befragten dieser Meinung. Die Luxemburger sind neben den Maltesern und Österreichern am wenigsten der Ansicht, dass hauptsächlich Kriminelle und Terroristen von den Menschenrechten profitieren. Diese Ansicht wird jedoch vor allem in der Slowakei (63 Prozent), in Bulgarien (61 Prozent) sowie in geringerem Maße in Litauen (48 Prozent), Kroatien (47 Prozent) und Rumänien (41 Prozent) geteilt.

Einschüchterung durch politische Parteien

Die Einhaltung von grundlegenden Rechten ist eng mit der Entwicklung der Demokratie und den diese tragenden politischen Akteuren verbunden. Doch für manche Menschen bedarf es besonderer Rechte in einer Demokratie. So wurde beispielweise gefragt, wie wichtig der Schutz von Minderheiten in einer Demokratie sei. Im EU-Durchschnitt gaben 66 Prozent an, dass dies von großer Wichtigkeit sei, 29 Prozent meinten, das habe eine mittlere Wichtigkeit, für vier Prozent war das weniger wichtig. Dabei entsprachen die Angaben der Befragten in Luxemburg genau diesem Durchschnitt. Aufschlussreich sind die Angaben zur Frage, ob es sehr wichtig ist, dass Oppositionsparteien die Freiheit haben sollten, die Regierung zu kritisieren. Dem stimmten im EU-Durchschnitt nur 58 Prozent der 16- bis 29-Jährigen zu, aber 69 Prozent der über 65-Jährigen. In Luxemburg gestanden sogar nur 53 Prozent der jungen, aber immerhin 78 Prozent der älteren Befragten den Oppositionspartien zu, die Regierung zu kritisieren. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass junge Menschen traditionellen Formen der Politik weniger Aufmerksamkeit schenken. Lediglich in Italien und Portugal sind mehr junge als ältere Menschen der Ansicht, es sei wichtig, dass Oppositionsparteien die Freiheit haben, die Regierung zu kritisieren.

Sehr große Unterschiede zwischen den EU-Staaten wurden bei den Antworten auf die Aussage „Mainstream-Parteien und -Politiker kümmern sich nicht um Leute wie mich“ festgestellt: Im EU-Durchschnitt stimmten 60 Prozent der Befragten dem zu, 13 Prozent widersprachen, 25 Prozent stimmten weder zu noch widersprachen sie. Sehr große Zustimmung für diese Behauptung gab es in Kroatien (81 Prozent), Rumänien (80 Prozent) und Frankreich (70 Prozent). Am anderen Ende der Skala sind Schweden (28), Dänemark (30), Finnland (32) und Luxemburg (37) zu finden. In 17 EU-Staaten stimmt eine Mehrheit der Befragten der obigen Behauptung zu.

Im Allgemeinen hat nur eine Minderheit der EU-Bürger die Befürchtung, dass sie Opfer von Einschüchterungen durch politische Parteien während einer Wahlkampagne werden könnte. Lediglich 28 Prozent haben EU-weit große bis mittlere Befürchtungen, dass dies der Fall sein könnte. Bei 71 Prozent der Befragten sind diese Befürchtungen gering. Allein in Ungarn befürchtet eine Mehrheit von 51 Prozent solche Einschüchterungen durch politische Parteien. In Luxemburg hat eine Mehrheit von 76 Prozent kaum bis keine derartigen Befürchtungen.

In drei EU-Staaten ist Bestechlichkeit akzeptabel

Allerdings messen die EU-Bürger den Regierungsparteien einen großen Einfluss auf ihre beruflichen Aufstiegschancen zu. So meinen im EU-Durchschnitt 63 Prozent der Befragten, es sei wahrscheinlicher, eine Stelle zu erhalten oder befördert zu werden, wenn man einer Regierungspartei angehört. Am meisten sind diese Ansichten in Kroatien (92 Prozent), Griechenland (83 Prozent) und Malta (80 Prozent) verbreitet. Selbst in Luxemburg sind noch 54 Prozent der Befragten der Meinung, eine Parteizugehörigkeit würde die Chancen für eine Einstellung oder Beförderung verbessern. Nur in den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Deutschland, Irland und Finnland ist die Mehrheit der Befragten der Ansicht, dass eine Parteizugehörigkeit keinen Einfluss auf die berufliche Karriere hat. EU-weit meinen 33 Prozent, das mache keinen Unterschied.

Schließlich wurde gefragt, ob es akzeptabel sei, einem öffentlich Bediensteten einen Gefallen oder ein Geschenk zu machen, wenn man dringend etwas von ihm braucht. Im EU-Durchschnitt wurde das zu 64 Prozent abgelehnt. Nur in drei Ländern meinte eine Mehrheit, das könnte man manchmal oder immer wieder akzeptieren: in der Slowakei (63 Prozent), Tschechien (59 Prozent) und Kroatien (53 Prozent). In Luxemburg ist immerhin noch für 33 Prozent der Befragten Bestechlichkeit von Staatsbeamten hinnehmbar, 66 Prozent lehnen das ab.