Letzte Steinkohle-Zeche: In Bottrop machen die Kumpel Schicht im Schacht

Letzte Steinkohle-Zeche: In Bottrop machen die Kumpel Schicht im Schacht

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Von Umweltschützern wurde der Tag herbeigesehnt. Bergleute dagegen überkam Wehmut. Eine sehr schmutzige und gefährliche Arbeit, sagen die einen. Die Arbeit stand für Kumpel-Geist und ein solidarisches Gemeinwesen, entgegnen stolz die anderen. Schon diese unterschiedlichen Wahrnehmungen zeigen, dass es um mehr als nur ein Kapitel deutscher Industriegeschichte geht. Gestern wurde in Bottrop das letzte Stück Steinkohle gefördert und dem Bundespräsidenten überreicht.

Von Stefan Vetter, Berlin

Nicht nur das deutsche Wirtschaftswunder gründet auf Kohle und Stahl, auch die Europäische Union. Am Anfang der europäischen Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg stand die Montanunion. Sie sollte allen Mitgliedstaaten Zugang zu den damals wichtigsten Wirtschaftsgütern bieten, ohne dafür Zölle zu zahlen.

Es war ein wirksamer Beitrag zum Frieden. Schon bald kratzten allerdings Öl und billige Importkohle am Nimbus des fossilen Energieträgers daheim. So hat auch der Niedergang der deutschen Steinkohle schon vor rund sechs Jahrzehnten eingesetzt.

Und als der Bundestag dem Grubengold im Jahr 2007 nach langem Tauziehen nur noch eine Schonfrist bis Ende 2018 zugestand, war das Motiv nicht etwa ökologischer Natur. Vielmehr ging es um die Subventionen.

Mehr als eine Milliarde Euro waren zuletzt Jahr für Jahr notwendig, um im „Pott“ den längst nicht mehr international wettbewerbsfähigen Rohstoff aus der Erde zu holen. Geld, das für eine frühzeitige Flankierung des unvermeidlichen gewordenen Strukturwandels wohl besser aufgehoben gewesen wäre. Nur saß hier pikanterweise sogar der heutige Bundespräsident im Bremserhaus: Als Kanzlerkandidat der SPD hatte Frank-Walter Steinmeier im Jahr 2009 noch den Ausstieg vom Steinkohle-Ausstieg gefordert.

Kumpels als treue SPD-Wähler

Aus politischem Kalkül: Schließlich zählten die Kumpel damals noch zur treuen Wählerschaft der Partei. So bekommt der Begriff Strukturwandel auch für die Genossen noch einmal eine neue Bedeutung.

Die Lausitz und das mitteldeutsche Braunkohlerevier sind damit natürlich ebenfalls konfrontiert. Dort zeichnen sich die gleichen Probleme ab wie im Ruhrgebiet. Gut bezahlte Jobs werden zum Auslaufmodell. Und allein mit der Ansiedlung von Bundesbehörden lässt sich der Strukturwandel nicht bewältigen.

Überhaupt ist diese Herausforderung nicht nur auf einzelne Regionen in Deutschland beschränkt. Sie gilt praktisch flächendeckend, wenn man an die Digitalisierung denkt. Gerade erst wurde bekannt, dass Volkswagen im Zuge seiner Elektromobil-Offensive mit dem Verlust von mehreren Tausend Arbeitsplätzen kalkuliert. Und dabei wird es nicht bleiben.

Denn der Verbrennungsmotor ist ein vergleichsweise komplexes System, das auch vielen Zulieferern ein auskömmliches Dasein beschert. Auch dort wird man den Strukturwandel also zu spüren bekommen. Und hier geht es um einen zentralen Pfeiler der deutschen Exportwirtschaft. Der Abschied von der Steinkohle gestern in Bottrop war dafür gewissermaßen nur ein Vorgeschmack.

Jacques Zeyen
23. Dezember 2018 - 15.10

Ich glaube eher,dass das AKW wieder in Mode kommt wenn einst die Lichter ausgehen,weil die Räder nicht winden und die Tage trüb sind.Jedenfalls solange bis die Kernfusion salonreif ist.

Grober J-P.
22. Dezember 2018 - 21.56

Schicht im Schacht und leider keine Alternativen. Wie sagte Kollege Horst aus Essen, ich habe was gegen Atom, kann ich nicht greifen, die Kohle kann ich anfassen und hat mir bisher mein Brot gegeben, in 20 Jahren werden wir mit bloßen Händen wieder nach Kohle graben, wenn den Scheichs mal das Öl ausgegangen ist. Ich glaube er behält Recht.