Corona-PandemieImpfdiplomatie im Pazifik – China versus Australien und USA

Corona-Pandemie / Impfdiplomatie im Pazifik – China versus Australien und USA
„Wir nehmen, was wir bekommen“: Fischerboot in Osttimor Foto: UN/Martine Perret

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Chinas Engagement im Pazifik wird im Westen seit Jahren argwöhnisch beobachtet. Auch während der Pandemie präsentiert sich die Volksrepublik als „Wohltäter“. Doch auch Australien und die USA umgarnen die strategisch wichtige Region mit ihrer Impfdiplomatie.

China muss selbst 1,4 Milliarden Menschen im eigenen Land impfen, Australiens Impfkampagne kommt nur stockend voran – bei gerade mal 25 Millionen Menschen. Trotzdem liefern sich beide Länder scheinbar gerade ein Impfstoff-Rennen, wenn es um die kleinen Inselstaaten im Pazifik geht.

China hat den Salomonen letzte Woche beispielsweise 50.000 Dosen seines Sinopharm-Impfstoffs zur Verfügung gestellt. Etwa zeitgleich sagte Australien dem pazifischen Inselstaat 60.000 Dosen seines lokal produzierten AstraZeneca-Vakzins zu. Laut regionalen Medienberichten soll China inzwischen weltweit 700 Millionen Dosen seiner Impfstoffe verkauft oder gespendet haben.

Doch ist das purer Altruismus, wie es der chinesische Präsident Xi Jinping einst auf der virtuellen Weltgesundheitsversammlung im Mai 2020 versprochen hat, oder doch eher Gutes tun mit Beigeschmack? „Nutzt China seine Covid-Impfstoffe, um global Macht auszuüben?“, fragte die britische Zeitung Guardian im März beispielsweise.

Freunde oder Strategie?

Für Südostasien, wohin bisher 60 Prozent der für das Ausland angedachten chinesischen Impfstoffe geliefert wurden, sei Letzteres der Fall, heißt es in einem Bericht des Lowy-Instituts in Sydney. „Zweifellos versucht Peking, in dieser Region eine Soft-Power-Strategie anzuwenden, um die Länder in Bezug auf territoriale Streitigkeiten wie die um das Südchinesische Meer milder zu stimmen“, schrieben die Experten des Thinktanks.

Auch die strategisch wichtige Region im Pazifik wird von China derzeit aktiv umworben. Die Impfstoffgeschenke an die Salomonen bezeichnete Li Ming, Chinas Botschafter auf den Salomonen, gegenüber dem australischen Sender ABC jedoch rein als ein Zeichen, dass China und die Salomonen „echte Freunde und vertrauenswürdige Partner“ seien. Nachdem Australien dem Inselstaat in der gleichen Woche sein lokal hergestelltes AstraZeneca-Vakzin angeboten hatte, deutete das australische Medium die Lieferungen dann jedoch trotzdem als ein Zeichen der „wachsenden diplomatischen Rivalität zwischen China und Australien in der Region“.

Und die Salomonen sind nur ein Beispiel für die zunehmende Impfdiplomatie in der Region: So hat Australien auch anderen Pazifikstaaten wie Papua-Neuguinea, Fidschi und Osttimor mehrere Zehntausend Dosen des AstraZeneca-Impfstoffs zur Verfügung gestellt. Papua-Neuguinea, das mit einem Corona-Ausbruch zu kämpfen hat, erhält zudem 200.000 Dosen Sinopharm aus China. Das Wettrennen um die Impfstofflieferung in die Pazifikregion ist dadurch begünstigt worden, dass sich viele Pazifikstaaten selbst den Kauf der Impfdosen gar nicht leisten können und deswegen dankbar nehmen, was sie bekommen. „Wenn es von der WHO genehmigt ist, und wenn es im Land ist, dann nehmen wir es und verteilen es“, bestätigte Pauline McNeil, die Gesundheitssekretärin der Salomonen.

Wenn wir Chinas Maßnahmen als Impfstoffdiplomatie bezeichnen wollen, dann sind Australien und die USA auch in der Impfstoffdiplomatie tätig

James Laurenceson, Direktor des Australia-China Relations Institute in Sydney

Auch die USA mischen bei der Impfkampagne im Pazifik kräftig mit. Palau, Mikronesien oder die Marshallinseln haben beispielsweise den Moderna-Impfstoff aus den USA erhalten. Und auch in Asien wollen Australien und die USA China nicht völlig das Feld überlassen. So wurde im Rahmen des virtuellen „Quad-Treffens“ zwischen den USA, Australien, Japan und Indien im März vereinbart, bis Ende 2022 bis zu einer Milliarde Impfdosen auf den Kontinent zu liefern.

Geopolitische Bedeutung

James Laurenceson, Direktor des Australia-China Relations Institute an der Technischen Universität in Sydney, sagte dem Guardian, dass man theoretisch alle drei Länder der Impfstoffdiplomatie beschuldigen könnte. „Ich denke, es ist ziemlich klar, dass Australien und die USA nicht das tun würden, was sie tun, wenn China nicht mit seiner Impfstoffdiplomatie begonnen hätte.“ Er sehe das Engagement aus Australien und den USA eindeutig als eine Reaktion. „Wenn wir Chinas Maßnahmen als Impfstoffdiplomatie bezeichnen wollen, dann sind Australien und die USA auch in der Impfstoffdiplomatie tätig.“

Dass China unter dem Verdacht steht, neben Südostasien vor allem die Pazifikregion in seinem Sinn beeinflussen zu wollen, hat aber auch damit zu tun, dass Peking in der Vergangenheit bereits finanzielle Anreize mit Bedingungen verbunden hat. Chinesische Investments und Hilfen haben die Salomonen und Kiribati 2019 beispielsweise dazu veranlasst, ihre diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abzubrechen, das China im Rahmen der „Ein-China-Politik“ nicht als eigenständigen Staat anerkennt. Zudem fürchten Experten, dass China die Inselstaaten auch aus geopolitischen Gründen hofiert. Nicht zuletzt sind sie auch „die Lebensader oder der Engpass zwischen Amerika, Australien und Neuseeland“, wie Jim Fanell, der frühere Geheimdienstchef der Pazifikflotte der US-Marine, einst in einem Interview sagte.