Im Kampf gegen Abgaswolken wird Madrid zum Sperrgebiet

Im Kampf gegen Abgaswolken wird Madrid zum Sperrgebiet

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Eine doppelte rote Linie markiert das fünf Quadratkilometer große Sperrgebiet. Kameras wachen an allen Zufahrtsstraßen darüber, dass niemand unerlaubt in die rote Zone fährt. Und wer es trotzdem tut, muss künftig mit einer empfindlichen Geldbuße von 90 Euro rechnen.

Von unserem Korrespondenten Ralph Schulze, Madrid

Von Ende November an bleibt Madrids City gesperrt für die meisten älteren Diesel- und Benzinfahrzeuge. Nur für die Autos der Anwohner und für abgasfreie Pkws gelten Ausnahmen. Mit diesem Fahrverbot will Madrid die hohe Luftverschmutzung bekämpfen. Nirgendwo in Spanien ist die Atemluft so schlecht wie in der Hauptstadt – vor allem wegen des Autoverkehrs.

Schon seit Jahren überschreitet die Millionenstadt die verbindlichen Schadstoff-Grenzwerte der Europäischen Union. Darunter leiden nicht nur die 3,2 Millionen Einwohner, sondern auch die rund neun Millionen Touristen, die jedes Jahr kommen. Madrid ist eine der meistbesuchten Städte Europas.

Weniger Lärm, bequemer zu Fuß

„Das Leben im Zentrum wird besser als jemals zuvor sein“, verspricht Madrids linksalternative Bürgermeisterin Manuela Carmena. „Es wird weniger Lärm geben, weniger Verkehr, und man wird sich bequemer zu Fuß bewegen können.“ Für die vielen Touristen, welche die Altstadt, den Königspalast, die Kathedrale oder die Museumsmeile sehen wollen, dürfte der City-Besuch somit angenehmer werden.

Ein anschauliches Beispiel dafür, wie in Madrid der Autoverkehr zurückgedrängt wird, ist die Gran Vía, die berühmteste Prachtstraße der Hauptstadt. Jahrzehntelang wälzten sich die Blechlawinen über sechs Spuren durch diese prominente Straßenschlucht, an der einige der schönsten Gebäude der Stadt liegen. Fußgänger mussten sich bisher über einen schmalen Bürgersteig drängeln, was nicht durchweg ein Vergnügen war.

Nach einem Jahr Umbauzeit wurde gerade die neue Gran Vía eröffnet, welche quer durch die City führt. Ein breiter Fußgängerboulevard mit Sitzbänken und Bäumen lädt nun zum Verweilen ein. Für den Individualverkehr blieb eine Fahrspur in jede Richtung, auf der nur noch Tempo 30 erlaubt ist. Eine weitere Spur wurde für Busse und Taxis reserviert. Auch für Radfahrer ist nun ein eigener Weg markiert.

„Madrid atmet“, steht auf blauen Bannern, die an Laternenpfählen flattern und mit denen das Rathaus für den Umbau der Stadt wirbt. Eine ökologische Transformation, mit der die weithin sichtbare gelb-braune Abgaswolke bekämpft werden soll, die wie eine Käseglocke über der Stadt hängt und von den Menschen „Boina“ (Baskenmütze) genannt wird.

Vom 30. November an dürfen deshalb nur noch City-Residenten unbeschränkt mit ihren Autos ins Zentrum fahren. Für alle anderen Besitzer von Autos mit Verbrennungsmotoren gelten Restriktionen: Alte Dieselfahrzeuge, die vor 2006 zugelassen wurden, werden ganz aus der City verbannt. Das Gleiche gilt für Benziner, die mehr als 18 Jahre auf dem Buckel haben. Diese beiden Gruppen umfassen rund 40 Prozent aller Pkws im Großraum Madrid.

Kameras überprüfen den Verkehr

Aber auch für jüngere Diesel- und Benzinfahrzeuge gibt es Beschränkungen: Sie dürfen nur in die City, um auf direktem Wege zu einem Parkhaus zu fahren – was ebenfalls mit Kameras überprüft wird. Am Straßenrand dürfen sie nicht mehr parken, dort dürfen nur noch Anwohnerfahrzeuge und abgasfreie Wagen stehen.

Doch nicht alle sind mit dem Öko-Kurs Madrids einverstanden. Die konservative Opposition reichte eine Gerichtsklage gegen das Fahrverbot ein: „Die neuen Regeln sind ein Angriff auf die Bewegungsfreiheit der Bürger“, wettert Isabel Díaz Ayuso, Sprecherin der Volkspartei. „Sie wollen uns vorschreiben, wie wir uns in unserer Stadt bewegen müssen.“

Madrids 74-jährige Bürgermeisterin Manuela Carmena, die als unabhängige und ökologisch orientierte Kandidatin 2015 das Rathaus eroberte, verweist derweil darauf, dass Madrid dem Beispiel anderer Hauptstädte wie London, Paris, Rom, Brüssel oder Berlin folge. Dort seien ähnliche Beschränkungen in Kraft oder in Vorbereitung. Das Chaos werde daher auch in Madrid nicht ausbrechen. Carmena: „Das Leben im Stadtzentrum wird weitergehen.“

Werner Burkhardt
2. Dezember 2018 - 19.35

Hervorragende Berichterstattung über die Luftreinhalte- und Parkmanagementmaßnahmen in anderen Großstädten wie Madrid! Hier sollten auch betroffene Stadtverwaltungen von deutschen Großstädte, wie Stuttgart, ab Januar 2019, bei Ausrufung des Feinstaubalarms und Fahrverbote für Dieselfahrzeug mit Stufe 4 und darunter, mehr technische Überwachungsunterstützung für die sporadisch kontrollierenden Streifenpolizisten erhalten. www.nachhaltigkeitsguide.de