Zu Besuch beim Jangli „Ich wollte Kinder nie belehren, nur unterhalten“

Zu Besuch beim Jangli  / „Ich wollte Kinder nie belehren, nur unterhalten“
„Ich wollte die Kinder nie belehren, nur unterhalten“, sagt der Luxemburger Produzent Jang Linster. Mit dem „Hanni Banni“ (links und rechts im Bild) schenkte er den Kleinen einen treuen Begleiter, der auf Luxemburgisch singt und Geschichten erzählt. Foto: Editpress/Julien Garroy

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Er habe nie aufgehört, ein Kind zu sein und sich Dinge für Kinder auszudenken, sagt Jang Linster. Vielleicht ist das der Schlüssel zum Erfolg des Luxemburgers, mit dessen Filmen und Musik Generationen von Kindern in Luxemburg aufgewachsen sind. Daisy Schengen zu Besuch beim umtriebigen Produzenten in seinem Studio in Frisingen.

Jang Linster ist eine Erscheinung. Nicht nur aufgrund seines Lebenswerks, das zum Kulturgut Luxemburgs gezählt werden darf, oder wegen seiner imposanten Statur. Neben dem Menschen ist die spannende Zeitreise, auf die er seine Zuhörer mitnimmt, wenn Linster detailreich und spannungsgeladen über sein Berufsleben erzählt, beeindruckend.

Linsters Rückblick beginnt „ganz früh“, im fernen 1970, als er Teil der „Challengers“ war. Die Bandmitglieder waren eng miteinander verbunden: „Wir haben bei uns in einem Saal geprobt“, erinnert sich Jang Linster. Zur damaligen Zeit betrieb Jang Linsters Vater eine Tankstelle mit Bistro, Kegelbahn und Tabakladen, wo die Kegelbahn als Proberaum diente.

Eher zufällig kam Linster vom Bandalltag zum Produzentenjob: „Ich studierte an der Uni in Aachen, als ein Bekannter, der älter war und Kinder hatte, mich fragte, ob wir als Band Lust hätten, eine Platte mit Kindermusik zu machen?“ Gesagt, getan – mit der Ausrüstung der „Challengers“ entstand die allerseits in Luxemburg bekannte „Grouss Kannerplack“. „Wir hatten damit großen Erfolg und ich bekam Freude daran.“

Später kaufte er seinem Freund die Produktion ab und legte damit den Grundstein seines Unternehmens und späteren Lebenswerks. Obwohl das anfangs gar nicht geplant war. Der Bruder der bisher einzigen Bocuse-d’Or-Gewinnerin und Sterneköchin aus Luxemburg, Léa Linster, erinnert sich: „Léa und ich gingen in die Schule, weil man Vater es wollte. Aber eigentlich ist niemand von uns Akademiker.“

„Kleesche mat der Mutz“

Als der Vater nicht mehr den Weg vorbestimmt, eröffnet Linster sein Tonstudio. „Sofort mit der richtigen Bandmaschine – 2 Zoll (ca. 5 cm), 24 Spuren“, erzählt er voller Stolz. Ab dann ging die Musikproduktion richtig los: Als zweite Platte wurden die „Lëtzebuerger Lidder“ aufgenommen, die wie die „Grouss Kannerplack“ bis heute verkauft werden, freut sich Jang Linster.

Später folgen Kindermusik-CDs, die „Fuesparty“ und auch die langjährige Zusammenarbeit mit Fausti nimmt ihren Lauf.

1984 heiratete Linster, wurde Vater von zwei Töchtern. Und wieder kam Jang Linster eher zufällig zu Animationsfilmen für die Kleinen. Wie eng Familie und Beruf bei ihm verbunden sind, zeigt diese Familiengeschichte zu einem seiner bekanntesten Projekte: Für seine Töchter hatte der Vater eine Videokassette gekauft. Damals lief bei ihm zu Hause der Film nur auf Deutsch, seine Frau übersetzte den beiden Mädchen simultan die Dialoge auf Luxemburgisch. Als sie eines Abends nicht zu Hause war und der Vater zusammen mit ihnen den Film schaute, erwarteten die Kinder die gewohnte Übersetzung.

Als ihr Vater aber nur nacherzählte und die Mädchen unzufrieden waren, kam ihm eine Idee. „Ich dachte mir, es wäre eine gute Idee, den Film auf Luxemburgisch zu machen. Da im Film nicht der ,Kleeschen‘ mit der Bischofsmitra spielte, sondern der Weihnachtsmann – wurde daraus ,De Kleesche mat der Mutz‘.“

Damit der Film realisiert werden konnte, musste Linster viel Geld in sein Projekt investieren. „Es gab ja keine Playbacks von den Liedern, ein, zwei Lieder schrieben wir selbst, auch alle Instrumente nahmen wir selbst auf.“

Ein weiteres Problem tat sich auf, da es sich um eine US-Produktion handelte. Sein Umfeld glaubte nicht daran, dass Linster aus dem kleinen Luxemburg die Rechte dafür bekäme. Doch davon ließ sich Jang Linster nicht entmutigen, rief nachts in Amerika an, die Firma zierte sich anfangs, weil sie glaubte, Linster wolle den Film für den deutschen Markt adaptieren. Als er sie überzeugte, dass die Produktion für Luxemburg sei, willigten sie ein. „Ich wollte das für die luxemburgischen Kinder machen, keine riesige Kommerzgeschichte.“

Und so kam „De Kleesche mat der Mutz“ zustande, d’„Tatta Dillendapp“ folgte, jedes Jahr erschien ein neuer Film. Bis vor wenigen Jahren gab es viele freie Produzenten, wo man Filme kaufen konnte, jetzt gehe das nicht mehr. Es gibt nur einige wenige, die den Markt beherrschen, bedauert Linster.

Kreativ auf die „altmodische“ Art

Auch mit fast 70 sprüht Jang Linster vor Ideen, sein Schaffensprozess beschreibt er allerdings als „altmodisch“. Gemeinsam mit dem Filmteam lasse er sich im Studio „einsperren.“ „Dort beginnen wir zu graben und zu schauen, wie wir gemeinsam herausfinden. Aber keinesfalls können wir einen Knopf drücken und dann ist das Problem gelöst.“

Kinder denken ähnlich, sagt er. „Sie wollen auch selbst die Lösung finden.“ Und genau das sei, was Linster antreibe, Kinderfilme, -geschichten und -musik zu machen: „Ich wollte die Kinder nie belehren, ich wollte sie immer unterhalten.“

Natürlich sei stets ein Lerneffekt in die Werke eingewebt, fügt er hinzu, aber seine primäre Intention sei dies nicht. „Um zu lernen, gehen die Kinder in die Schule. Ich möchte sie zum Lachen bringen.“

So punktgenau wie die Dialoge in seinen Werken, so knifflig sei manchmal der schöpferische Weg dorthin. „Kinder verstehen nicht alle Wortspiele, der Humor muss passen. Da habe ich Glück, ich bin auf gleicher Augenhöhe mit ihnen“, lacht Linster.

Die Chemie muss auch stimmen, wenn der Produzent mit Kinderdarstellern zusammenarbeitet. Meistens sind es Kinder aus der Nachbarschaft, die ihre Stimmen den Figuren leihen. Aktuell sprechen die Geschwister Lana und Liam aus Frisingen die Dialoge auf Luxemburgisch.

Um als Sprecher „arbeiten“ zu können, müssen sich Kinder konzentrieren und „ganz wichtig“, sagt Linster, „sie müssen Spaß an der Sache haben. Der Rest ist mein Job.“ Linster schreibt die Dialoge selbst, adaptiert sie und nimmt die Doublage auf. Wenn ein Satz nicht funktioniert – das Kind spricht auf seine Weise –, passt der Profi ihn dem Sprechfluss des Kindes an, um die Authentizität nicht zu stören.

Ob „D’frou Kou Josephine“ oder „De Braddelbësch“ – die Titel von Jang Linsters Werken haben eine besondere Eigenart. Um den treffenden zu finden, „muss ein Titel Luxemburgisch aussehen“. Daher setzt er Wiedererkennungselemente wie ein Trema (Umlautzeichen über Vokale, Anm. d. Red.) ein. „Dann wissen die Menschen, das ist ein Film für uns.“ 

Lana und Liam testen das „Jangli Kino“: Die Geschwister leihen vielen Animationsfiguren ihre Stimmen auf Luxemburgisch
Lana und Liam testen das „Jangli Kino“: Die Geschwister leihen vielen Animationsfiguren ihre Stimmen auf Luxemburgisch Foto: Christophe Sassel

Kein Streaming aus Überzeugung

„Ich will und kann das nicht“, winkt Jang Linster die Frage ab. Das wäre finanziell und technisch nicht machbar. Mit dem „Jangli Kino“, dem neuesten Projekt aus dem Hause Linster, geht es vielmehr um die Kinder und ihre Selbstständigkeit. „Ich möchte, dass die Kinder ins ,Jangli Kino‘ ihren Film einlegen und ihren Freunden oder der Oma vorspielen. Das ist wichtiger und es macht sie stolzer, etwas zu zeigen, was sie selbst können, anstatt sich als Kind am Handy oder im Streamingdienst unter zigtausenden Filmen zurechtfinden zu müssen. Und man doch immer beim falschen Streamingdienst landet.“

Ein weiterer Grund, sich für einen DVD-Player und gegen Streaming zu entscheiden, war, dass viele Menschen zwar Filme auf DVD gerne schauen, aber keinen Player mehr hätten. Und weil er nur die „Rechte besitzt, um DVDs zu verkaufen“, aber kein Streaming anbieten kann, hat Jang Linster nach einer Lösung gesucht.

Das „Jangli Kino“ ist geboren

Und wieder war es ein Freund, der Linster auf die richtige Spur brachte. Das China-Büro eines Luxemburger Möbelhauses aus Capellen leistete „Freundschaftshilfe“ und half dem Projekt, das durch die Pandemie ausgebremst zu werden drohte, aus der Sackgasse.

So wurden die Tasten am DVD-Player nach Wunsch des Luxemburgers neu konfiguriert, die Schirmqualität verbessert, ein Netzteil fürs Auto und für die Steckdose wurden im Lieferumfang aufgenommen. Wenn das „Jangli Kino“ zu den Kindern nach Hause kommt, sorgen Popcorn und mehrere DVDs für ein richtiges Kinogefühl.

Bevor der Player in den Verkauf kam, hat Jang Linster die Idee in seinem Freundeskreis vorgestellt. Auch seine Enkelkinder Charlotte und Emil durften vorab den Player testen.

Das Gerät lässt sich einfach bedienen, wenn die (Jangli-)DVD eingelegt wird, startet der Film ohne Umwege. Der Bildschirm ist etwa 10 Zoll groß, die Klangqualität ist gut, das Gewicht erlaubt es, den Player auch ins Auto oder in den Flieger mitzunehmen. Nach Angaben von Jang Linster hält der Akku mindestens drei Stunden. Aufladegeräte für unterwegs sind im Lieferumfang enthalten.

Ganz praktisch ist die Memory-Funktion, wobei das Gerät die Wiedergabe dort startet, wo der Film beim letzten Mal angehalten wurde. Kopfhörer hat das „Jangli Kino“ nicht dabei, „weil es für die Kinder nicht gesund ist“, heißt es im Infoblatt zum Gerät. Beim Kauf von fünf DVDs oder CDs aus dem Jangli-Repertoire (das Gerät spielt auch CDs ab), bekommt man es „geschenkt“. „Jangli Kino“ hat auch einen USB-Anschluss und kann Daten von SD-Karten abspielen.

Laut Experten, wie dem französischen Psychiater und Psychoanalytiker Serge Tisseron („Mit Bildschirmen aufwachsen – Die Regel 3-6-9-12“, 2013, Anm. d. Red.), sollten Kinder und Jugendliche einen positiven Umgang mit Fernsehen und Internet erlernen, in dem sie schrittweise von den Erwachsenen daran herangeführt werden.

Auch Jang Linster, dessen Tochter Ärztin ist und ebenfalls auf einen richtigen Umgang mit Bildschirmen und Medien achtet, empfiehlt das „Jangli Kino“ für Kinder ab drei Jahren. Die Bildschirmzeit für junge Zuschauer (3-6 Jahre) sollte nicht länger als die Dauer eines Kinofilms betragen. Am besten gelingt die Unterhaltung im Beisein eines Erwachsenen, heißt es im Infoblatt zum „Jangli Kino“.

„Salut, Madeleine“: Der niedliche Hase „Hanni Banni“ kann luxemburgische Kinder- und Schlaflieder vorsingen, er wird auf Wunsch mit dem Namen des Kindes personalisiert. Darüber hinaus erzählt er wunderbare Geschichten auf Luxemburgisch und lässt im Dunklen seine Ohren in unterschiedlichen Farben leuchten.  
„Salut, Madeleine“: Der niedliche Hase „Hanni Banni“ kann luxemburgische Kinder- und Schlaflieder vorsingen, er wird auf Wunsch mit dem Namen des Kindes personalisiert. Darüber hinaus erzählt er wunderbare Geschichten auf Luxemburgisch und lässt im Dunklen seine Ohren in unterschiedlichen Farben leuchten.   Foto: Editpress/Julien Garroy

Ein lieber Hasenfreund

Kleinere Kinder (bis drei Jahre) haben den „Hanni Banni“. Der kleine Hase, der rosa oder blau trägt, kann mehr als 60 Lieder und Geschichten vorspielen. Ob „Metti Spaghetti“ oder Geschichten wie die der „Famill Wibbelmaus“ – das „Hanni Banni“ verfügt über ein vielfältiges Repertoire. Seine Öhrchen leuchten abends auf Knopfdruck, sodass die Kinder sich nicht ganz allein fühlen und weniger Angst im Dunkeln haben. Ein flauschiges Mäntelchen erlaubt es, den Hasen auch auf Reisen oder zur Oma mitzunehmen.

Damit sofort losgehört werden kann, wenn „Hanni Banni“ zu den Kindern kommt, werden alle Geräte (auch das „Jangli Kino“) im Vorfeld im Frisinger Studio aufgeladen. Passwörter, passende USB-Anschlüsse, Ladegeräte müssen nicht nachgekauft werden, sie sind im Lieferumfang enthalten, berichtet Linster. Sowohl beim „Hanni Banni“ als auch beim „Jangli Kino“ bestehe die Möglichkeit, eigene Musik auf die Geräte einzuspielen. Jang Linster und sein Team helfen gerne weiter, wenn man das Repertoire personalisieren möchte.

„In 42 Jahren haben wir unsere Preise nie erhöht“, sagt Jang Linster. „Früher kostete eine CD 780 Franken. Jetzt kostet sie 17 Euro. Sowohl beim ,Jangli Kino‘ als auch beim ,Hanni Banni‘ bleiben die Preise gleich. Die Kunden können wählen, ob sie die Geräte bei uns in Frisingen abholen oder wir sie für eine Pauschale von 6 Euro nach Hause versenden.“

Von wegen Ruhestand

Das Sprichwort „Wer rastet, der rostet“ gilt für den Tausendsassa aus Frisingen allemal. Sein neuestes Projekt ist eine Kinderband mit dem Namen „Eis Clique“. Deborah Schneider, „eine junge Frau, an die ich sehr glaube“ und die Schlaflieder auf dem „Hanni Banni“ singt, soll die Leitung übernehmen. Wer mitmacht, entscheidet sich nach einem Vorsingen. Ganz wichtig sei jedoch, dass das Projekt den Kindern Spaß mache, so Linster weiter.

Aktuell arbeitet Linster mit dem Luxemburger Schriftsteller Jemp Schuster zusammen. Schusters Bücher „Bluttsëffer“ an „Oureschlëffer“ wurden als Hörbuch aufgenommen, entstanden sind dabei 30 Stunden Material.

Aber auch hier hat Jang Linster eine pfiffige Lösung gefunden, um das Mammutprojekt in Kleinformat zu komprimieren. Die Technik, die es erlaubt, heißt „Near Field Communication“ (NFC). Sie ermöglicht die kontaktlose Übertragung von Daten, ähnlich wie beim bargeldlosen Bezahlen.

Auf einen Kartenspiel-großen Datenträger werden die Inhalte geladen. Hält man den Träger ans Handy, beginnt in wenigen Sekunden die Weitergabe. Vorbei das Schleppen von dicken Schmökern in den Urlaub, hiermit lässt sich die Zeit auf Reisen unterhaltsam aushalten.

Auf die Frage, ob es irgendwann vorbei sei mit der Arbeit, hat Jang Linster eine eindeutige Antwort. „Ich musste nie wirklich wie andere Menschen acht Stunden im Büro arbeiten. Muss ein Maler aufhören, wenn er ins Rentenalter kommt? Nein, er malt einfach weiter. So ist es auch bei mir.“

Seine kreative Arbeit mache ihm so viel Spaß, dass er überhaupt nicht ans Rentendasein denke, erzählt Jang Linster. Seine nächsten Projekte reichen von einer Kinderband bis zu neuartigen Hörbüchern.
Seine kreative Arbeit mache ihm so viel Spaß, dass er überhaupt nicht ans Rentendasein denke, erzählt Jang Linster. Seine nächsten Projekte reichen von einer Kinderband bis zu neuartigen Hörbüchern. Foto: Editpress/Julien Garroy