IS-PropagandaHohe Haftstrafen gegen mutmaßliche in Luxemburg lebende IS-Anhänger gefordert

IS-Propaganda / Hohe Haftstrafen gegen mutmaßliche in Luxemburg lebende IS-Anhänger gefordert
Strafbare Sympathie oder gar aktives Mitläufertum für den Islamischen Staat – darüber muss das Bezirksgericht Luxemburg befinden Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Ab wann ist es strafbar, wenn sich Personen mit dem Islamischen Staat befassen? Am 16. Dezember fällt das Urteil in dieser Frage. Beschuldigt ist ein in Luxemburg lebendes muslimisches Ehepaar. Aktive Mitglieder einer terroristischen Vereinigung seien die beiden gewesen, sagt der Staatsanwalt und fordert hohe Haftstrafen. Leichtgläubig, aber unschuldig nennt die Verteidigung das Benehmen der Angeklagten und pocht auf Freispruch.

Bezirksgericht Luxemburg am Dienstagmorgen. Ein kleines Kind weint in den weitläufigen Gängen des Tribunals. Ein hochgewachsener Mann schiebt einen anderen Mann, der im Rollstuhl sitzt, in Richtung Toilette. Es handelt sich um Vater und Sohn. Geschoben wird der Sohn. Die Frau des Sohnes trägt ein weites Wollkleid, einen dunkelroten Schal um den Kopf und Mundschutz. Nur ihre Augen sind zu erkennen. Sie wirken groß und neugierig. Die Frau mit Schal und der Mann im Rollstuhl sind die Eltern des kleinen Kindes. Sie nennen sich Muslime. Er ist K., sie ist A. und beide sitzen auf der Anklagebank.

Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (IS), Terrorpropaganda für den IS, Rekrutierung neuer Mitläufer sowie Aufruf zu Hass wird ihnen vorgeworfen. Es ist der vierte und letzte Tag in einem Prozess, der so vor einem Gericht in Luxemburg noch nicht stattgefunden hat. Grund dafür ist die recht neue Anti-Terror-Gesetzgebung.

Unklares Bild

Aber sitzen da auf der Anklagebank wirklich Terroristen? Oder sind die vermeintlichen „Gotteskrieger“ in Wahrheit „nur“ sehr leichtgläubige junge Leute, die im Internet falsch abgebogen sind? Nach vier Prozesstagen ist das Bild immer noch nicht klar. Zumindest nicht für die Prozessbeobachter. 

Die Staatsanwaltschaft hingegen scheint sich ihrer Sache sicher. Viereinhalb Jahre Haft fordert sie für den angeklagten jungen Mann respektive zweieinhalb Jahre für die junge Frau. Nein, man müsse nicht ausdrücklich zu Attentaten aufrufen, um sich der Propaganda und der Zustimmung für die Ideologie des Islamischen Staates schuldig zu machen, sagt der Vertreter der Anklage. Durch ihr Werben für den IS in den sozialen Netzwerken hätten sie dessen Taten, darunter das Attentat auf die Redaktion von Charlie Hebdo oder die Ermordung von Samuel Paty, gutgeheißen und in Kauf genommen, dass auch in Zukunft jemand im Namen dieser Ideologie tötet. 

Eine harte Strafe, sagt der Verteidiger des jungen Ehepaars. Blauäugig seien sie vielleicht gewesen, aber keine Terroristen. Mit Verweis auf den schwierigen Lebensweg der beiden Beschuldigten pocht er auf mildernde Umstände und vertraut auf die abwägende Sicht der Richter.

Reue

Die Angeklagten haben am letzten Prozesstag das letzte Wort. Sie würden heute bereuen, getan zu haben, was sie getan haben. Damals, vor über drei Jahren, hätten sie sich vielleicht falsch benommen bei ihrer Suche nach dem „wahren“ Islam. Sie seien sich aber keines strafbaren Vergehens bewusst gewesen. Vor allem hätten sie niemandem schaden oder Propaganda für den Islamischen Staat machen wollen. Sie hätten sich mit dem Islam und verschiedenen seiner radikaleren Strömungen auseinandersetzen und so die Wahrheit finden wollen. 

Die beiden wirken verzweifelt. Auch deshalb, weil aus ihrer Sicht nur jene Elemente vor Gericht beachtet wurden, die, aus dem Kontext gerissen, ein Bild ergeben, das der Wirklichkeit nicht entspräche. Würde man das bei der Hausdurchsuchung sichergestellte Material vollumfänglich auswerten, würden sich „Missverständnisse“ rasch aufklären. Sie seien keine Diener des Islamischen Staates und würden Fehler auf sich nehmen. Ein normales Ehepaar seien sie gewesen, kann man ihre Aussagen verstehen. Eine normale Familie möchten sie auch bleiben. 

Das Urteil wird am 16. Dezember gesprochen.

TARAM
10. November 2021 - 10.16

Wirklich estaunlich. All diejenigen, die sich dazu berufen haben , ins Kriegsgebiet zu gehen, behaupten an keiner Greueltat teilgenommen zu haben, bzw. solch eine gesehen zu haben. Und diejenigen die in Europa geblieben sind, und die "nur" IS Hasspropaganda weitervermittelt haben, behaupten, sie seien nur auf der Suche nach dem wahren Islam gewesen. Wer ist denn schlussendlich verantwortlich für all die Greueltaten des IS Terrorismus? Niemand? Es erinnert mich an all den Beteiligten der KZ Vernichtungslagern während des 2ten Weltkriegs, da wollte auch niemand etwas mitbekommen haben. Verantwortlich sind immer die anderen.