VerhandlungenHoffnung für Atomabkommen mit Iran

Verhandlungen / Hoffnung für Atomabkommen mit Iran
Der EU-Koordinator für die Atomgespräche mit dem Iran, Enrique Mora (3.v.l., mit grüner Mappe), verlässt den Palais Coburg in Wien vermutlich um die US-Delegation aufzusuchen, die in einem Hotel Quartier bezogen hat Foto: Alex Halada/AFP

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Über Monate stockten die Atomverhandlungen mit Iran. Jetzt hat die EU einen Text für ein Abschlussdokument vorgelegt, der ein Kompromiss sein könnte. Es sei genug verhandelt, sagen die Europäer. Nun liegt es an Teheran, das zuletzt immer neue Bedingungen stellte.

Enrique Mora hat in den vergangenen Wochen und Monaten viele Kilometer machen müssen. Raus aus dem Palais Coburg in Wien, die Straße runter, rein ins Hotel, wo die US-Delegation sitzt – getrennt von den iranischen Unterhändlern. Mora ist der EU-Koordinator für die Gespräche zur Wiederbelebung des Atomabkommens mit Iran – oder wie der Vertrag im Diplomaten-Jargon heißt: Joint Comprehensive Plan of Action, kurz: JCPoA. 2018 waren die USA unter Präsident Donald Trump einseitig aus dem Abkommen ausgestiegen, das sein Vorgänger Barack Obama drei Jahre zuvor geschlossen hatte. Mehr noch: Trump überzog Iran mit neuen Sanktionen.

Das Regime in Teheran reagierte und fuhr seine Urananreicherung drastisch hoch. Erst reicherte das Land seinen Uranbestand schrittweise auf 60 Prozent an und damit deutlich über dem im Atomabkommen verabredeten Maximum von 3,67 Prozent. Zuletzt soll es Iran auf eine Anreicherung von knapp 90 Prozent geschafft haben, ein Wert, der für den Bau einer Atombombe reichen würde. Genau davor wollten die USA, China und Russland sowie die drei Europäer Frankreich, Großbritannien und Deutschland Teheran abhalten, als sie den Atomdeal mit Iran seinerzeit ausgehandelt hatten.

Was verhandelt werden kann, ist verhandelt worden

Josep Borrell, EU-Außenbeauftragter

Nach dem Wechsel im Weißen Haus von Trump zu Joe Biden keimte neue Hoffnung auf, der Atomdeal mit Iran könnte wiederbelebt werden. Unter Vermittlung von EU-Koordinator Mora starteten neue Verhandlungen. Bereits früh in diesem Jahr meldete der russische Unterhändler, Michail Uljanow, eine Schlüsselfigur der Gespräche: „Wir sind fünf Minuten von der Ziellinie entfernt.“ Der Entwurf eines Schlusspapiers umfasse 20 Seiten und sei fast fertig, versprühte Uljanow im Februar – noch vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine – Hoffnung. Doch dann verhakten sich die Unterhändler. Im Sommer sah es mehrfach danach aus, als würden die Gespräche scheitern und Iran seine Atompläne alleine weiterverfolgen. Dabei sollte das Abkommen doch vor allem eines: Die Mullahs vom Bau der Atombombe abhalten.

„Endgültiger Text“

Ein Konfliktpunkt der Verhandlungen: Die Regierungen in Washington und Teheran konnten sich nicht einigen, welche US-Sanktionen wieder aufgehoben werden, wenn Iran seine atomaren Ambitionen einschränkt. Teheran hatte zuletzt betont, es könne die Atombombe bauen, wolle dies aber nicht, sondern werde Uran nur für eigene Atomkraftwerke sowie für Wissenschaft und Industrie verwenden. Die Mullahs beharrten als eine Bedingung für einen Wiedereinstieg darauf, dass ihre paramilitärischen Revolutionsgarden von der US-Terrorliste gestrichen werden.

Nun hat die EU nach eigenen Angaben einen „endgültigen Text“, einen „sehr guten Kompromiss“ für ein Abschlussdokument vorgelegt, um das internationale Abkommen von 2015 wieder mit Leben zu füllen, wie EU-Außenbeauftragter Josep Borrell im Kurznachrichtendienst Twitter verkündete. „Was verhandelt werden kann, ist verhandelt worden“, so Borrell. Bei der EU heißt es, es gebe nun tatsächlich nichts mehr zu verhandeln. Anders gesprochen: Teheran muss aufhören, mit ständig neuen Forderungen eine Einigung zu blockieren. Ob damit tatsächlich ein Durchbruch gelingen kann, ist dennoch weiter offen. Die USA zeigten sich für einen schnellen Abschluss bereit. Iran wiederum verwies auf die Notwendigkeit weiterer interner Beratungen. Der iranische Sondergesandte für das Atomabkommen, Ali Bagheri-Kani, weigerte sich bis zuletzt, mit dem Sondergesandten der USA, Robert Malley, direkt zu sprechen. Der EU-Diplomat Mora musste zwischen beiden Seiten vermitteln – und dafür Kilometer machen.