Einstürzende AltbautenHeftiges Erdbeben in Kroatien verwüstet Zagreber Altstadt

Einstürzende Altbauten / Heftiges Erdbeben in Kroatien verwüstet Zagreber Altstadt
5,5 auf der Richterskala: „Nach dem Coronavirus hat uns das Beben gerade noch gefehlt“ Foto: AFP/Damir Sencar

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Die Erde lässt Südosteuropa nicht zur Ruhe kommen. Heftige Erdstöße haben am Sonntag in Kroatien große Teile der Zagreber Altstadt verwüstet und zahlreiche Menschen verletzt. Bereits im November hatte ein Erdbeben in Albanien 51 Menschenleben gefordert.

Zerstörte Fassaden, eingestürzte Dächer, mit Schutt überschüttete Autos und das schwer beschädigte Stadtwahrzeichen der Kathedrale: Fassungslos inspizierten die in Panik auf die Straße geeilten Zagreber am Sonntagmorgen die Verwüstungen, die das schwerste Erdbeben seit 140 Jahren im Zentrum der kroatischen Hauptstadt gefordert hatte. „Nach dem Coronavirus hat uns das Beben gerade noch gefehlt“, klagte der TV-Reporter des Webportals „index.hr“.

Die Ausläufer des Bebens mit der Stärke 5,5 auf der Richterskala, das die Zagreber um 6.24 Uhr aus der Sonntagsruhe oder dem Schlaf riss, waren nicht nur in ganz Slowenien, sondern auch in Österreich, Ungarn und der Slowakei zu verspüren. Die Medien vermeldeten 17 – zum Teil schwer – Verletzte. Berichte über ein erstes Todesopfer wurden am Sonntag von den Rettungsdiensten zwar zunächst dementiert, doch der Zustand eines lebensgefährlich verletzten 15-jährigen Mädchens als „sehr kritisch“ bezeichnet.

Das Zentrum des Bebens lag nur sieben Kilometer von Zagreb entfernt. Aus einer Höhe von mehr als 100 Metern stürzte die zehn Meter hohe Spitze des rechten Turms der Zagreber Kathedrale in die Tiefe: Bereits 1880 hatte ein gewaltiges Erdbeben den damaligen Glockturm und das Hauptschiff des Gotteshauses zum Einsturz gebracht. Im benachbarten Slowenien versicherten hingegen die Behörden am Sonntag, dass das in unmittelbarer Nähe zur Grenze gelegene Atomkraftwerk Krsk keinerlei Schäden erlitten habe.

Nachbeben verunsichern Einwohner 

Mehrere Nachbeben ließen viele besorgte Bewohner der Innenstadt den ganzen Sonntag im Freien verharren. In zahlreichen Straßenzügen war die Strom- und Wasserversorgung unterbrochen. Beschädigte Gasleitungen ließen die Feuerwehr unablässig zu Rettungseinsätzen ausrücken. Ein schwer beschädigtes Krankenhaus musste evakuiert werden. Zu Schaden kamen fast nur Gebäude älteren Baujahrs: Insgesamt wurden laut Angaben der Polizei 66 Häuser und neben der Kathedrale noch zwei weitere Kirchen in der Altstadt beschädigt. Neue Risse im Beton weist laut Dinamo Zagreb auch das derzeit wegen der Viruskrise ohnehin gesperrte Maksimir-Stadion auf.

Premier Andrej Plenkovic und Präsident Zoran Milanovic forderten am Sonntag die Bewohner auf, vorläufig nicht in ihre beschädigten Häuser zurückzukehren: Sie sollten aber nicht in Panik verfallen, Schutzmasken gegen das Coronavirus tragen – und den vorgeschriebenen Abstand zu anderen Erdbeben-Opfern halten.

Die rumorende Erde lässt Südosteuropa nicht zur Ruhe kommen: Vermehrte tektonische Aktivitäten auf dem Westbalkan werden von Seismologen schon seit einigen Monaten registriert. Im November erfordete ein schweres Erdbeben in Albanien mit der Stärke von 6,4 auf der Richterskala 51 Menschenleben und über 2.000 Verletzte: Laut Angaben des Roten Kreuzes wurden dabei mindestens 32.000 Menschen obdachlos.

Die Region war in den letzten Jahrzehnten mehrfach zum Opfer schwerer Erdbeben geworden. 1963 wurden bei einem Erdbeben der Stärke 6,1 im mazedonischen Skopje 1.070 Menschen getötet und über 3.000 Personen verletzt. Ein Beben der Stärke 6,4 erforderte 1969 im bosnischen Banja Luka über 1.000 Verletzte und 15 Menschenleben. 1979 kamen bei einem Erdbeben der Stärke 7,0 in Montenegro und im angrenzenden Albanien insgesamt 135 Menschen ums Leben: Das gewaltige Beben machte damals von Nordalbanien bis ins kroatische Süddalmatien über 100.000 Menschen obdachlos.