Mobil-Lux-Kongress, Tag zweiHauptstadtbürgermeisterin Lydie Polfer: Viel Urbanismus, wenig Mobilität

Mobil-Lux-Kongress, Tag zwei / Hauptstadtbürgermeisterin Lydie Polfer: Viel Urbanismus, wenig Mobilität
Wenig Mobilität, viel Stadtentwicklung: Luxemburgs Bürgermeisterin Lydie Polfer sprach am Dienstag ein wenig um den heißen Brei herum Foto: Editpress/Alain Rischard

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Am zweiten und letzten Tag des ersten internationalen Mobilitätskongresses auf Kirchberg war die Bühne frei für Bürgermeisterin Lydie Polfer. Den politisch Verantwortlichen der Hauptstadt wird gerne nachgesagt, sie würden mit der Mobilität des 21. Jahrhunderts auf Kriegsfuß stehen. Was dann wahrscheinlich auch ein wenig stimmt, denn Polfer sprach zwar viel über die großen urbanistischen Projekte der Zukunft, aber wenig über Mobilität.     

Ein neues Mobilitätskonzept ist in Luxemburg-Stadt in Arbeit. Es soll vor den Wahlen fertig, allerdings erst danach vorgestellt werden, wie der Hauptstadtbürgermeister-Spitzenkandidat der Grünen, François Benoy, am Dienstag via soziale Medien kritisierte. Es scheint also noch zu früh, was vielleicht der Grund war, dass Lydie Polfer (DP) am zweiten Tag des Mobil-Lux-Kongresses auf Kirchberg recht wenig zur Mobilität in ihrer Stadt verriet.

Mehrmals bezeichnete sie die Tram, die zu zwei Dritteln vom Staat und zu einem Drittel von der Gemeinde finanziert wird, als Rückgrat der Stadt. Denn sie verbinde die wirtschaftlichen Zentren miteinander. Das sei nicht unwichtig, denn immerhin wohnen mittlerweile 132.778 Menschen in der Stadt, die zwei Prozent des Gesamtterritoriums des Großherzogtums ausmacht. Da die Hälfte der 52 km2 Gesamtfläche aber Natur ist, würden auf einem Prozent der Landesfläche 20 Prozent der Einwohner leben, rechnete Polfer vor. Hinzu kommen natürlich noch 40 Prozent der Arbeitsplätze, was in Zahlen 168.000 bedeutet. Und von denen werden rund 100.000 von Pendlern aus dem Grenzgebiet besetzt. „Die Herausforderung ist also, die Lebensqualität der Einwohner zu erhalten und gleichzeitig die Stadt für die Arbeitenden zugänglich zu lassen“, so Lydie Polfer.

35.000 bis 38.000 neue Einwohner

Zumal in den nächsten zehn bis 15 Jahren 35.000 bis 38.000 Einwohner hinzukommen sollten, wie aus der langen Präsentation der großen urbanistischen Projekte (Kuebebierg, Laangfur, Kennedy Sud, Nei Hollerech, Porte de Hollerich, Ban de Gasperich, Place de l’Etoile und Wunnquartier Stade) herauszuhören war. Und die bräuchten Mobilität, so Lydie Polfer. 60 Prozent der Wege werden in der Hauptstadt momentan durch den motorisierten Verkehr bestritten, lediglich 22 Prozent mit öffentlichen Verkehrsmitteln und 18 Prozent mit sanfter Mobilität. „Unsere Straßen sind auf einem Punkt angekommen, an dem kein motorisierter Verkehr mehr hinzukommen soll“, weiß die Bürgermeisterin und wiederholt demnach die Ziele, die im nationalen Mobilitätsplan 2035 definiert sind.

Nämlich trotz des zu erwartenden Wachstums der Mobilitätsnachfrage gerecht zu werden, ohne dass es zu einem Anstieg des motorisierten Individualverkehrs kommt. Den Modal-Split der Fortbewegungsmittel für 2035 formulierte die Bürgermeisterin im übrigen ambitionierter als die im PNM2035 für die Hauptstadt und ihren Speckgürtel festgesetzten Ziele: 45 Prozent motorisierter Verkehr,  29 Prozent öffentlicher Transport und 26 Prozent sanfte Mobilität. „Das ist unser Ziel, aber mit dem Zauberstab lässt es sich nicht erreichen“, so Polfer weiter. Es müsse weiter massiv in den öffentlichen Transport investiert und die sanfte Mobilität gefördert werden. Immerhin sei in der Stadt das meiste fußläufig zu erreichen. Sogar für das Fahrrad hatte Polfer zum Schluss noch einen Satz übrig. „Wir haben in den letzten Jahren viele Anstrengungen unternommen, um die Infrastruktur zu verbessern. Wir müssen das weitermachen, das wissen wir.“

In der Vergangenheit hatte es immer wieder Kritik vonseiten der Radaktivisten gegeben, die Lydie Polfer und ihrem Mobilitätsschöffen Patrick Goldschmidt (ebenfalls DP) allenfalls eine halbherzige Politik zur Förderung der Radmobilität bescheinigen.  

Gut gefüllt: der Plenarsaal des Konferenzzentrums auf Kirchberg während Lydie Polfers Beitrag
Gut gefüllt: der Plenarsaal des Konferenzzentrums auf Kirchberg während Lydie Polfers Beitrag Foto: Editpress/Alain Rischard